"Voneinander lernen und profitieren"

Wir wollen europaweit der führende Anbieter von On-Demand-Transporten werden - sowohl für den einzelnen Endverbraucher, der unsere Services benötigt, als auch für den multi-nationalen Konzern", gibt Philippe Higelin, CEO der Redspher-Gruppe im luxemburgischen Contern, die Marschrichtung vor (siehe Kasten Seite 18). Agiler agieren mit neuen Start-ups Seit 2005 führt Higelin die Geschicke des Unternehmens, das damals noch Flash Europe hieß und sich als Familienbetrieb ausschließlich auf das Geschäftsfeld Direktfahrten fokussierte. Damals lag der Umsatz bei 25 Millionen Euro. 2018 waren es 258 Millionen Euro Umsatz, und in diesem Jahr peilt Higelin mit insgesamt 700 Mitarbeitern gar 300 Millionen Euro Umsatz an. Gewachsen ist das Unternehmen in den vergangenen Jahren vor allem durch seine geschickte Übernahme-Politik - nicht zuletzt dank des Investmentfonds Eurazeo, der sich im Jahr 2015 an Flash Europe beteiligt hat. So zählen zur Unternehmensgruppe inzwischen Direktkurier-Größen wie Roberts Express sowie seit 2017 EF Express und Schwerdtfeger Transporte. Das Unternehmen investiert aber nicht nur in etablierte Betriebe. Beliebtes Übernahmeziel für Higelin sind auch und gerade Start-ups. Beispiel dafür ist Upela, das sich auf internationales Freight Management spezialisiert hat und das von Redspher im Jahr 2017 übernommen wurde. "Es gibt aktuell sehr viele innovative Start-ups, gerade in der Logistikbranche", schwärmt Higelin. Zum einen Start-ups, die von Konzernen gegründet und später ausgegliedert wurden, um noch agiler agieren zu können. Zum anderen Start-ups, die von Studenten und Jung-Unternehmen mit einer Geschäftsidee gegründet wurden. "Gemeinsam" haben diese Start-ups vor allem eines: Sie brauchen Geld - egal für Produktentwicklung, Marketing oder auch neue Mitarbeiter. "Denn Wachstum ist teuer.", weiß Higelin. Allerdings würden diese fallweise ihr Wachstumspotenzial überschätzen und zu hohe Verkaufspreise ansetzen, räumt er kritisch ein. Gleichwohl sei es für Start-ups immer interessant, ist der CEO überzeugt, von einem etablierten Unternehmen gekauft zu werden. "Sie erhalten so die notwendige finanzielle Unterstützung, um sich weiterentwickeln zu können." Andererseits biete der Kauf von Start-ups auch etablierten Transport- und Logistikfirmen viele Vorteile. "Wir können dank dieser Start-ups zum Beispiel die Digitalisierung in unserem Unternehmen schneller vorantreiben, aber auch neue Geschäftsmodelle und Lösungen entwickeln", führt der CEO aus. Kombination Tradition und Moderne Abgesehen davon entwickelte das Unternehmen seit 2017 über sieben eigene Startups mit unterschiedlichsten Lösungen rund um das Geschäftsfeld "Sondertransporte". Einige Betriebe stehen im direkten Zusammenhang mit der Transportdienstleistung; andere ermöglichen eine optimierte oder kostengünstige Abwicklung des Transports. Zu nennen ist hier der Anbieter Easy2Go, das sich auf Sameday-Lieferungen im B2B-und B2C-Bereich fokussiert, derzeit nur in Frankreich. Eine Ausweitung des Last-Mile- und Retailservice auf Deutschland ist indes für 2019 geplant. Hinzu kommen Easy4Pro, ein Anbieter für Adhoc-Transportmanagement-Software im B2B-Bereich, das Online-Trainingscenter Genius-Academy, die App Easy2Trace zur Überwachung von Fahrzeugen und Sendungen sowie Yoctu, ein Anbieter von IT-Tools. Wie viel Euro die Firmengruppe bislang insgesamt in Start-up-Lösungen investiert hat, sagt Higelin nicht. Das sei aber nicht so viel, etwa einige wenige Millionen Euro im Jahr. Ausschlaggebend für ein Invest sei für ihn auf jeden Fall zweierlei: Erstens, das Start-up müsse eine innovative Lösung oder Technologie entwickelt haben, die die On-Demand-Delivery in welcher Form auch immer vereinfachen. Zweitens dürfe es kein Geld verbrennen. "Natürlich macht der eine oder andere in der Anfangszeit Verluste", sagt Higelin. Es müsse aber gewinnorientiert arbeiten. Denn er wolle mit keinem Start-up Geld verlieren, betont er. "Da sind wir ganz Mittelständler." Mittlerweile tragen die Start-ups bei Redspher zu 20 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Ein Erfolg: Denn nicht immer gelingt die Zusammenarbeit von traditionellen Unternehmen mit Start-ups. Studien zufolge sollen 90 Prozent aller M&A-Transaktionen scheitern. Grund sind meist die Unterschiede in den jeweiligen Firmenkulturen. Während Start-ups zum Beispiel stets auf der Suche nach neuen Möglichkeiten sind und schnell agieren, stecken etablierte Unternehmen oft in ihren tradierten Prozessen und Geschäftsmodellen fest. Und wie ist es Higelin gelungen, die unterschiedlichen Kulturen so zu kombinieren, dass beide Seiten voneinander lernen und profitieren konnten? "Geholfen hat uns, dass wir mit Redspher eine gemeinsame Plattform geschaffen haben, unter der wir alle unsere Aktivitäten gebündelt haben", meint Higelin. Sprich: Die einzelnen Unternehmen der Gruppe agieren nach wie vor operativ unabhängig, sind aber unter einem starken Dach vereint. "So sind sie unabhängig voneinander - jedes Unternehmen behält sein Kerngeschäft und seine eigene Identität", erläutert der CEO seinen strategischen Ansatz. Gleichzeitig seien die Betriebe in einer gemeinsamen Strategie vereint. Mit dem Vorteil, dass die Start-ups ihre Reaktionsgeschwindigkeit und Innovationsfähigkeit behalten und mit strukturierten Prozessen unterstützt werden. Und Flash Europe International und Schwerdtfeger Transport würden von der kontinuierlichen Digitalisierung profitieren und könnten so ihren Kunden modulare Lösungen bieten. Mitarbeiter als Aktionäre beteiligt Weitere Herausforderung war laut Higelin zudem, "dass sich die einzelnen Start-ups und Unternehmen fallweise bei den Kundengruppen überlappen. Das liegt einfach daran, dass wir alle Lösungen rund um Sondertransporte erarbeiten." Es bringe aber nichts, wenn nun alle auf "das ist mein Bereich, das ist dein Bereich" pochen, unterstreicht er. "Wir sitzen doch alle in einem Boot. Entscheidend ist letztlich der Erfolg unserer gesamten Unternehmensgruppe." Die Mitarbeiter der einzelnen Betriebe sind als Aktionäre an der Redspher-Gruppe beteiligt. Bleibt schlussendlich nur eine Frage: Wie geht es nach dem Ausstieg des Investmentfonds Eurazeo, der voraussichtlich im Jahr 2020 anstehen könnte, mit der Redspher Gruppe weiter? Da gibt sich Higelin sehr gelassen. "Wir wachsen im Schnitt jedes Jahr beim Umsatz um 20 Prozent. Dieses Tempo werden wir beibehalten. Und je größer wir werden, desto interessanter werden wir auch für andere Logistikunternehmen." Mehr zum Thema im Dossier Logistik-Start-ups www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie Die neuen Logistik- Start-upsWohin geht die Reise der digitalen Anbieter?- Revolution, Disruption oder Evolution? (VR 10)- Innovativ mit eigenen Start-ups: Flash Europe (VR 11)- Logistik-Start-ups kaufen und verkaufen (VR 13) Daten + Fakten Die Redspher GruppeDie Redspher Gruppe (vormals Flash Europe) mit Sitz in Contern/Luxemburg ist europaweit einer der größten Sonderfahrten-Anbieter. 2015 beteiligte sich Investmentfonds Eurazeo an der Firma. Flash Europe übernahm die Direktkurier-Spezialisten Roberts Express, Schwerdtfeger, EF Express sowie die Start-ups Upela, Easy2Go, Easy-4Pro, GeniusAcademy, Easy2Trace und Yoctu. 2018 erwirtschaftete Redspher rund 300 Millionen Euro Umsatz. eh

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