Volle Traktion voraus

Dem skandinavischen Gegenwind auf den Baustellen begegnet man in München bis zu den gründlich gelifteten Autos zur IAA 2016 mit Detailverbesserungen, von denen aktuell vor allem die Fahrmischer profitieren. Davon brachte MAN gleich zwei nach Langenaltheim: Eine gewichtsoptimierte Version, die dank neuer HY-Achsen und Stetters Ultra-Eco-Trommel bis zu acht Kubik Beton in einer Neuner-Trommel fahren kann, ohne aufwendige Leichtbauverrenkungen machen zu müssen wie Daimler beim Arocs Mischer. Das neue Hypoidachsaggregat sorgt auch für mehr Bodenfreiheit und MAN kann den Mischer damit als N3G-Offroadfahrzeug zulassen. Womit man sich auch den Unterfahrschutz vorn und damit weiteres Gewicht sparen kann. Womit das Gewicht des Vorgängers von 9360 Kilo noch näher an die Neun-Tonnenmarke rückt. Aber überhaupt Daimler: Der Hydraulic Auxiliary Drive hat ordentlich Wind gemacht im MAN-Lager, wo man mit über 11.000 verkauften Hydro-Drive-Modellen doch Vorreiter des hydraulischen Radnabenantriebes war. Der bleibt getriebeseitig abgetrieben, erhielt mit Euro 6 aber eine geänderte Verrohrung, die laut Pressesprecher Alwin Berti nun keinerlei Torsion mehr abkönnen muss. Verbaut war die bei mehreren Fahrzeugen, darunter einem 38-Tonnen-Mischer mit Nachlauflenkachse für Luxemburg, der vor allem durch seine Wendigkeit punkten soll. Die Leitungen werden jetzt in einem Strang nach vorn geführt und nur an einer Stelle zur Achse übergeben. Damit gibt es nur eine Übergangsstelle zum achsfesten Leitungsteil. Entsprechend erfolgt die Biegung des Leitungsbündels nur noch in einer Richtung und die mechanische Beanspruchung der Übergangsstelle zum achsfesten Leitungsteil sinkt. Das erhöht die Dichtigkeit, da auf den Schlauch keine Torsionskräfte mehr einwirken und die Lenkbewegung die Leitungen nur noch in eine Richtung biegt. Die Leitungsverlegung an der Vorderachse hat man jetzt komplett achsfest ausgeführt, sodass die Leitungen keine Relativbewegungen zwischen Achse und Rahmen mehr ausgleichen müssen. Das Leitungspaket folgt jetzt nur noch den Federbewegungen der Achse. Treu bleibt man der getriebeseitigen Anbindung, da die Hochdruckpumpe am Motornebenabtrieb einen gewissen Platz hinter der Kabine benötigt, was laut Berti wieder den Einsatz eines schwungradseitigen Nebenabtriebs einschränkt respektive die freie Baulänge hinter der Kabine reduziert. Hydrodrive mit TipMatic? Zur Bauma! Den Dauerkritikpunkt, dass Hydrodrive nur mit der Handschaltung kombinierbar ist, stellt MAN zur Bauma ab: Dann kombinieren die Münchner ihren hydraulischen Radnabenantrieb auch mit der Tip-Matic, geliefert wird dann ab der IAA im modifizierten Auto. Eine Nachbesserung könnte auch die Kletterbremse vertragen: Per Taster hält sie den eingesteuerten Bremsdruck aufrecht und benötigt beim Anfahren weniger Luft als die Feststellbremse. Schade nur, dass sie bei fünf Versuchen in zwei Autos nie funktioniert hat, was die Begleiter mit Problemen des ABS-Regelmoduls begründeten. Insofern war sie zumindest in Langenaltheim verzichtbar. Besser arbeiteten die Lenk- und die Fertigerbremse: Die erste verringert durch gezieltes Einbremsen der kurveninneren Hinterräder den Wendekreis merklich (übrigens einmal mehr beim gewichtsoptimierten Mischer). Die Fertigerbremse sorgt dagegen für gleichbleibenden Bremsdruck vor dem Fertiger, der den MAN dann so kontinuierlich vor sich herschieben kann. Auch im Schwerlastsegment legten die Bayern nach: Dabei stellt der TGX 41.640 8x4/4 BLS mit XXL-Kabine den "MAN-Schwerlastkönig", der serienmäßig mit dem neuen Intarder III kommt. Mit der elektronisch geregelten Turbo-EVB (Exhaust Valve Brake) bietet er Dauerbremsleistungen von bis zu 900 Kilowatt. In der Schwerlastvariante mit Wandler-Schaltkupplung und Overdrive-Getriebe schultert er so Zuggesamtgewichte von bis zu 250 Tonnen. Die Wandler-Schaltkupplung (WSK) ist für die Schwerlastzugmaschinen TGX 41.640 8x4/4 BBS/BLS verfügbar. Auch der TGX 41.560 8x4/4 BLS/BBS ist für Zuggesamtgewichte bis 250 Tonnen mit WSK erhältlich. Sie dient zum Anfahren und Rangieren und wird bei gleichmäßiger Fahrt automatisch überbrückt. Das System ermöglicht wie bei Daimler nahezu verschleißfreies, ruckfreies Anfahren und zentimetergenaues Rangieren auch unter hohen Gewichten. Ebenfalls im Fränkischen am Start waren Modelle des Trios TGX 26.520 6x2/4 BLS, TGX 33.560 6x4 BLS und TGX 37.560 8x4 BLS mit dem TipMatic TX-Getriebe, ZF- intern Traxon genannt und Nachfolger der AS-Tronic: Im Traktionsverkehr zieht der D38 mit Overdrive-Getrieben bis zu 70 Tonnen. Eine spezielle Schwerlast-Software der TipMatic TX ermöglicht Zuggesamtgewichte bis zu 120 Tonnen ohne Einsatz einer Wandler-Schaltkupplung. Erwartungsgemäß schlug sich der auf etwa 50 Tonnen ausgeladene Vorführer auf der Testrunde wacker, wenngleich man sich gerade im Schwerverkehr das Doppelkupplungsmodul wünschte, um ohne Zugkraftunterbrechung zu schalten. Denn die Schaltpausen fallen auch bei der TipMatic TX immer noch merklich aus und stärker ins Gewicht als auf unseren ersten Fahrten auf der MAN-Einfahrbahn. Fein: Die sogenannte Idle-Speed-Driving-Funktion der TipMatic TX erleichtert das Rangieren und Fahren mit minimalen Geschwindigkeiten und/oder hoher Last. Dann rollt der Löwe mit Leerlaufdrehzahl und geschlossener Kupplung weiter, solange der Fahrer nicht bremst. Am Ende des Tages stand fest: Gerade für den Bau hat MAN viele gute Ideen, von denen manche noch etwas Feinschliff vertragen und auch erhalten werden: Denn 2016 ist Bauma und IAA-Jahr! Mehr finden Sie im Dossier Lkw über 7,5 Tonnen www.verkehrsrundschau.de/dossiers