Rund vier Milliarden Euro hat die neue Bahnstrecke zwischen Wendlingen und Ulm gekostet. Viel Geld, das eigentlich investiert wurde, weil man bei der Bahn neben dem üblichen Personenzugverkehr mit regem Güterzugverkehr gerechnet habe, berichtet der SWR. „Während der Planungs- und Bauphase ging das Bundesverkehrsministerium davon aus, dass täglich 16 Güterzüge die Strecke nutzen würden“, schreibt die „Bild“-Zeitung. Tatsache ist: Seit der Eröffnung der Strecke im Januar 2024 fuhr auf dieser Strecke genau ein Güterzug – ein einziges Mal, wie die Deutsche Bahn auf Nachfrage der VerkehrsRundschau bestätigt: „Bislang gab es im Januar 2024 eine Fahrt eines Güterzugs“, so der Sprecher.
Auf der alten Strecke waren 60 Güterzüge unterwegs
Der circa 60 Kilometer lange Abschnitt zwischen Wendlingen (Kreis Esslingen) und Ulm ist Teil des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. „Die Finanzierungsvereinbarung von 2009 konnte damals nur deshalb unterzeichnet werden, weil Güterzüge mit einer Taktung von 17 pro Tag die Neubaustrecke wirtschaftlich gemacht hätten“, rechnet der SWR vor. Ziel der neuen Strecke sei es gewesen, die „alte“ Strecke über die Geislinger Steige zu entlasten. Die wird Medienberichten zufolge jedoch weiter vom Güterverkehr genutzt. Dort fahren weiterhin 60 bis 65 Güterzüge pro Tag, während auf der neuen Milliarden-Strecke in Sachen Güterverkehr nichts los ist. Abgesehen von der einmaligen Fahrt eines Güterzuges. Das Fazit der „BILD“-Zeitung: „Vier Milliarden Euro für 20 Minuten Zeitersparnis im ICE: Das klingt nach einem schlechten Geschäft. Von einem Scheitern des Projekts möchte dennoch keiner der Verantwortlichen sprechen. Noch nicht.“
Die Strecke ist offenbar zu steil für schwer beladene Güterzüge
Warum nutzt kein Güterzug die neue, kürzere Strecke? Der Grund liegt offenbar in der Steigung der Strecke begründet. Ein Sprecher der Deutschen Bahn bestätigt der VerkehrsRundschau gegenüber diesen Verdacht: „Die Strecke kann von Güterzügen mit bis zu 1.000 Tonnen Gewicht befahren werden.“ Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kommentiert das gegenüber der VekehrsRundschau: „Das Ergebnis heute überrascht mich deshalb nicht. Diese leichten Güterzüge gibt es nicht und wird es wahrscheinlich auch nicht geben.“ Bis heute gibt es sie nicht, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn bestätigt: „Weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) haben bisher keine Leistungen bestellt.“
"Die Strecke wurde schöngeredet"
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gegenüber der VekehrsRundschau: „Ich habe miterlebt, wie die Strecke im Bundestag schön gerechnet wurde. Auf die damals von der Bahn angekündigten schnellen Expressgüterzüge warten wir immer noch. „Zum Glück“ für die Fahrgäste bliebe der Vorteile für den Nahverkehr: Mit 200 Stundenkilometern böte man den schnellsten Nahverkehr der Republik. „Der Nutzen der Strecke wird sich künftig über die Fahrgastzahlen ergeben“, so Hermann.
Zeitersparnis für den ICE
Immerhin: Der ICE spart durch die neue Strecke zwischen München und Stuttgart 20 Minuten Fahrzeit. Weiter heißt es in dem Bericht der „Bild“-Zeitung, dass ein endgültiges Fazit erst möglich sei, wenn der neue Stuttgarter Bahnhof UND die Neubaustrecke vollständig in Betrieb seien. Dass dann aber wirklich mehr Güterzüge führen, ist keineswegs sicher. Denn auch die alte Strecke böte ausreichende Kapazitäten.