Viel Lärm um nichts?

Die Erwartungen an die neuen Mautsätze bei den Fuhrparkbetreibern waren hoch, rechneten die Betroffenen aufgrund des neuen Wegekostengutachtens doch mit deutlichen Entlastungen in allen Kategorien der Maut für schwere Nutzfahrzeuge. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt selbst schürte die Hoffnungen, sprach er doch von Einnahmeausfällen von weit über zwei Milliarden Euro für die laufende Legislaturperiode. Jetzt wurde die Katze aus dem Sack gelassen und das Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht. Gemessen an den Erwartungen ist das Ergebnis in der Tat eher enttäuschend. Auf den Punkt gebracht enthält der Gesetzentwurf lediglich eine Mautspreizung zugunsten von Euro- 6-LKW gegenüber Euro 5 von rund zwei Cent. Euro-5-LKW profitieren trotz ihres hohen Umweltstandards im Prinzip nicht von den niedrigeren Wegekosten. Alle anderen Mautveränderungen sind in ihrer praktischen Bedeutung vernachlässigbar. Es gibt auch positive Aspekte Ein Ergebnis, das eigentlich schon früher hätte realisiert werden können. Es entspricht dem Mautkompromiss zwischen Ex-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und den betroffenen Verbänden, der aber unter Hinweis auf das Wegekostengutachten nicht umgesetzt wurde. Aber lassen wir die Kirche im Dorf. Senken wir die Erwartungen und schauen auf die positiven Elemente. Der Druck auf den Bundesverkehrsminister, Einnahmenausfälle angesichts der riesigen Aufgaben zum Erhalt unserer Infrastruktur zu minimieren, ist einfach zu hoch. Auch machen zu große Schwankungen in den Mautsätzen im Hinblick auf Berechenbarkeit und Nachhaltigkeit in den Geschäftsbeziehungen wenig Sinn. Die beiden Hauptforderungen der betroffenen Verbände sind durch den Gesetzentwurf erfüllt. Endlich wird eine eigene Mautklasse für besonders umweltfreundliche Euro-6-LKW eingeführt, der die Unternehmen für ihr frühzeitiges Umweltengagement belohnt. Zudem ist die Strukturveränderung so angelegt, dass Euro-5-LKW, die mit zu den umweltfreundlichsten Fahrzeugen gehören und mit denen derzeit über 60 Prozent der Mautkilometer erbracht werden, nicht entwertet werden. Zum anderen hat Dobrindt seine ursprünglichen Ankündigungen einer Mautdifferenzierung zwischen Bundesautobahnen und Bundesstraßen zurückgenommen, es bleibt bei einem einheitlichen Mautsatz. Dies ist positiv für die Standortentscheidungen der Unternehmen in zentrumsferneren Regionen. Auch ist die neue Systematik eines Wegekosten- und eines Umweltkostenanteils an den Mautsätzen im Sinne der Klarheit durchaus sinnvoll, selbst wenn man die Rechtmäßigkeit der Anlastung externer Kosten bei nur einem Teil der Verursacher aus Gleichheitsgründen im Grundsatz infrage stellen muss. Planungssicherheit ist geschaffen Die Wirtschaft kann also insgesamt mit dem Gesetzentwurf zufrieden sein. Insbesondere deshalb, weil dadurch zunächst eine gewisse Planungssicherheit und Berechenbarkeit für die anstehenden Preisverhandlungen sowohl bei Transportdienstleistern als auch bei der verladenden Wirtschaft für das kommende Jahr geschaffen ist. Wie lange diese Planungssicherheit hält, ist allerdings ungewiss, stehen für Mitte und den Herbst nächsten Jahres doch weitere Änderungen im Mautsystem an. Hier gilt weiterhin die Forderung der Wirtschaft, die Ausweitung auf weitere 1000 Kilometer Bundesstraßen und die Ausdehnung der Bemautung auf LKW ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen auf einen Termin zusammenzulegen. Immerhin verlautete inzwischen aus Kreisen des Ministeriums, dass beide Mautvorhaben zwar mit unterschiedlichem Inkrafttreten, aber zumindest in einem Gesetz geregelt werden sollen. Aber auch hier sollten die Eckwerte zu verschiedenen offenen Punkten möglichst bald auf den Tisch gelegt werden. Gibt es zum Beispiel eine weitere Achsklasse bei der Bemautung und hat die Absenkung auf 7,5 Tonnen auch nochmals Auswirkungen auf die Höhe der jetzigen beziehungsweise zum 1. Januar 2015 geplanten Mautsätze? Aber auch eine andere Antwort steht noch aus und ist wichtig für die Branche. Nachdem Dobrindt seine PKW-Maut- beziehungsweise Infrastrukturabgaben-Pläne veröffentlicht hat, muss man nach den Konsequenzen für den Gewichtsbereich der Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen fragen. Kann man ernsthaft davon ausgehen, dass die Politik die kleineren LKW bei der Bemautung ab 2016 ungeschoren lässt? Und last but not least: Wie schaut das zukünftige Mautsystem aus und wer betreibt es? Es bleibt also spannend an der Mautfront. Eine späte Maut-Entscheidung Grundsätzlich geht der vorgelegte Gesetzentwurf zur neuen Mautstruktur und Mauthöhe in Ordnung. Es stellt sich nur die Frage, ob dieses Ergebnis nicht auch bereits viel früher hätte erzielt werden können und nicht erst zwei Jahre nach dem ursprünglichen Versprechen des damaligen Bundesverkehrsministers.