Die Hängepartie ist vorüber

Das LKW-Mautsystem wird umgebaut. Das geht aus dem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes hervor, der am 2. Juli den wichtigen Branchenverbänden zur Stellungnahme zugesandt wurde und der der VerkehrsRundschau vorliegt. Die gute Nachricht: Die nach Schadstoffausstoß gestaffelten LKW-Mautsätze werden überwiegend sinken und Fahrzeuge mit der Schadstoffnorm Euro 6 erhalten eine eigene Mautkategorie. Einberechnet werden künftig im Einklang mit EU-Recht aber auch Kosten für Luftverschmutzung durch LKW. In einem zweiten Schritt sollen dann auch noch Lärmkosten in die Mautgebühren einberechnet werden. Auf unterschiedliche Mautsätze für Autobahnen und Bundesstraßen hat Alexander Dobrindt (CSU) verzichtet, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht. "Im Einvernehmen mit der EU-Kommission werden wir die Trennung von Mautsätzen auf Autobahnen und Bundesstraßen aufheben. Wir wollen einen gemittelten, durchschnittlichen Mautsatz einführen", begründete der Bundesverkehrsminister die Änderungen. Im Wegekostengutachten, das den angepassten Mautsätzen zugrunde liegt, wurden auf Bundesstraßen und Bundesautobahnen unterschiedliche Mautsätze vorgeschlagen. Demnach soll die Maut für Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 künftig 12,5 Cent je Kilometer (bis drei Achsen) und 13,1 Cent (ab vier Achsen) betragen. Euro-5-LKW zahlen künftig 14,6 beziehungsweise 15,2 Eurocent je Kilometer. Damit beträgt die Mautspreizung zwischen Euro 6 und Euro 5 rund zwei Cent. Im Vergleich zu den derzeit geltenden Mautsätzen bleiben die Kosten für Euro 5 nahezu gleich, Euro-6-LKW zahlen künftig 1,6 beziehungsweise 2,4 Cent weniger als heute (siehe Tabelle). Alte LKW profitieren besonders stark Am meisten profitieren werden von den neuen Mautsätzen Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 2, Euro 1 sowie LKW, die keiner Schadstoffklasse angehören. Im Ergebnis sollen die LKW mit den höchsten Emissionen um bis zu 30 Prozent weniger Maut zahlen als heute. Diese ungewöhnlich starke Absenkung hängt unter anderem damit zusammen, dass laut EU-Vorgaben die Mautsätze der teuersten Klasse maximal doppelt so hoch sein dürfen wie die Sätze der günstigsten Kategorie. Die Gesetzesvorlage sieht auch eine neue Berechnungsart der LKW-Maut vor. Auf Basis der in einem Gutachten ermittelten Wegekosten benennt das zweite Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes einen Basismautsatz von 0,125 Euro für Fahrzeuge mit bis zu drei Achsen und 0,131 Euro für LKW mit vier und mehr Achsen. Auf diesen Mautteilsatz für die Infrastruktur werden dann noch einmal umweltbezogene Kosten addiert. Im nun vorliegenden Entwurf sind dies Mautsätze für die verursachten Luftverschmutzungskosten je Kilometer. Diese sind gestaffelt nach Schadstoffklassen in die Kategorien A (Euro 6) bis F (Euro 1 und keine Schadstoffklasse). Neue Berechnungsweise für die Maut In einem zweiten Schritt soll noch ein Umweltaufschlag für die verursachten Lärmkosten hinzukommen. "Zunächst sollen nur die Kosten der Luftverschmutzung angelastet werden, weil die technischen Voraussetzungen für eine Anlastung der Lärmbelastungskosten nur mit einem größeren zeitlichen Vorlauf geschaffen werden können", heißt es in der Begründung. Die neuen Mautsätze werden frühestens zum 1. Januar 2015 in Kraft treten und gelten dann für LKW ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 12 Tonnen. Zum 1. Oktober 2015 soll die Maut dann auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht ausgeweitet werden, was noch mal zu einer weiteren Veränderung der Mautsätze führen könnte. Außerdem hatte der Bundesverkehrsminister im Frühjahr angekündigt, dass ab 1. Juli 2015 weitere 1000 Kilometer Bundesstraßen bemautet werden sollen. 1,1 Milliarden Mindereinnahmen Aufgrund der neuen, niedrigeren Mautsätze verliert der Bund im Zeitraum 2015 bis 2017 nach eigenen Berechnungen rund 1,1 Milliarden Euro. Ursache hierfür seien die gegenüber dem letzten Wegekostengutachten von 2007 deutlich gesunkenen Zinskosten in dem Anfang des Jahres veröffentlichten neuen Wegekostengutachten. "Der hieraus dem Bund bei der Finanzierung der Straßenverkehrsinfrastruktur entstehende Vorteil muss an die Nutzer weitergegeben werden", heißt es in der Gesetzesbegründung. Die im Jahr 2014 zu viel erhaltenen Einnahmen aus der Maut seien bereits mindernd bei der Bemessung der Mautsätze für die Jahre 2015 bis 2017 berücksichtigt worden. Die Einnahmeausfälle infolge der gesenkten Mautsätze sollen nach Vorstellung des Bundesverkehrsministers durch die Ausweitung der LKW-Maut auf weitere Bundesstraßen und die Einbeziehung von LKW ab 7,5 Tonnen zwar abgemildert werden. In der Vorlage des Gesetzentwurfs zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes ist aber von einer Finanzierungslücke nach Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen von "rund 400 Millionen Euro bis einschließlich 2017" die Rede. Bedauernd wird festgestellt, dass eine "Anlastung der Lärmkosten noch nicht möglich ist, weil die dafür notwendigen Grundlagendaten nicht vorhanden sind und deshalb neu erhoben werden müssen". Nachdem der Bundesverkehrsminister seine Pläne zur Einführung einer PKW-Maut in Deutschland vorgestellt hat, ist weiter ungewiss, ob und in welcher Höhe Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht bemautet werden sollen. Bei der Vorstellung der Eckpunkte seiner PKW-Maut für Ausländer stellte Ressortchef Alexander Dobrindt fest, dass Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen nicht unter die Bestimmungen einer PKW-Maut subsumiert werden könnten (siehe Kasten Seite 15). Größere Mautabsenkung für Stinker Die Reaktionen auf die neuen Mautsätze für schwere LKW ließen nicht lange auf sich warten. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) begrüßte den Gesetzentwurf, sieht aber "in der willkürlichen Anlastung externer Kosten nur bei schweren Nutzfahrzeugen den Gleichheitsgrundsatz" verletzt. "Die Mautspreizung zwischen Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen von gut zwei Cent je Kilometer ist ein vertretbarer Kompromiss, der wirtschaftliche Verwerfungen und Wettbewerbsverzerrungen vermeidet", heißt es in einer Pressemitteilung des BGL. In einer ersten Reaktion kommentierte Christian Labrot vom Verladerverband BWVL: "Auf den ersten Blick ist die Vorlage eher enttäuschend. Trotz der Ankündigung von bedeutenden Mautsenkungen aufgrund des neuen Wegekostengutachtens bleibt die Maut für Euro-5-LKW prinzipiell unverändert, für LKW schlechterer Schadstoffkategorien wird die Maut unverständlicherweise abgesenkt werden" (siehe Interview oben). Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) äußerte sich ähnlich, Präsident Mathias Krage wies aber darauf hin, dass der Preisnachlass durch die geplante Ausdehnung der Maut auf weitere 1000 Kilometer und die Absenkung der Mautpflichtgrenze auf Fahrzeuge auf 7,5 Tonnen im kommenden Jahr wieder kompensiert werde. Dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) ist an raschen Entscheidungen gelegen. "Wir brauchen schleunigst eine verlässliche Grundlage, damit die Mautgebühren im kommenden Jahr in die Planungen mit einbezogen werden", sagte Gunnar Gburek, Bereichsleiter Logistik beim BME. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßte gleichfalls die Neuerungen. "Eine höhere Maut auf Bundesstraßen hätte den strukturschwachen Regionen in unserem Land geschadet", betonte Präsident Matthias Wissmann. Kabinett entscheidet im Sommer Nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen muss die Wegekostenberechnung dringend eine neue Grundlage für eine konsequente Internalisierung der externen Kosten erhalten. So müssten auch die Folgekosten von Lärm bei der Berechnung mit einbezogen werden, forderte die Grünen-Verkehrsexpertin Valerie Wilms auf Anfrage der VerkehrsRundschau. "Ich begrüße, dass die Hängepartie vorbei ist und Planungssicherheit für die Logistikbranche hergestellt wurde", fasste sich Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Bundestagsverkehrsausschusses, kurz. Ulrich Lange, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hob hervor, dass der Gesetzentwurf auch "Grundlage für die Einführung einer eigenen günstigsten Mautklasse für die umweltfreundlichen Euro-6-LKW" ist. Der Gesetzentwurf soll während des Sommers vom Kabinett verabschiedet werden und noch in diesem Jahr in Kraft treten. PKW-Maut-Pläne PKW-Maut gilt für alle Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat am Montag außerdem sein Konzept für eine PKW-Maut in Deutschland vorgestellt. Die Einnahmen des Bundes, die zweckgebunden in die Straße fließen sollen, würden um jährlich gut 600 Millionen Euro erhöht, es komme zu keiner Mehrbelastung für inländische Autofahrer und das Konzept sei europarechtskonform, versicherte der Minister. Die inländischen Autofahrer sollen über eine Senkung der KFZ-Steuer entlastet werden. Grünes Licht aus Brüssel hat der Minister allerdings noch nicht.Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen werden vorerst nicht mit einer Maut belastet: "Für Fahrzeuge von 3,5 bis 7,5 Tonnen gilt die Eurovignettenrichtlinie. Das heißt, dass sie in diesem Bereich ein Europagesetz haben, das von oben runter anzuwenden ist. Das heißt, sie können 3,5 bis 7,5 Tonnen Fahrzeuge nicht in eine Infrastrukturabgabe für PKW mit einbeziehen", begründete Ressortchef Dobrindt die Mautlücke. diwi

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