NRW ist das Bundesland mit den meisten Staus, jeder Menge Baustellen und vielen Brückenproblemen. Wie lange mussten Sie überlegen, bevor Sie dort den Job als Verkehrsminister im vergangenen Sommer angenommen haben?
Ich habe nicht lange gezögert. Mir war bewusst, welche große Herausforderung dieses Amt mit sich bringt. Die Staus, Baustellen und maroden Brücken in Nordrhein-Westfalen sind leider das Resultat von Versäumnissen der Vergangenheit. Da sieht man, was passiert, wenn die Politik die Infrastruktur zu lange vernachlässigt. Die neue schwarz-gelbe NRW-Landesregierung gibt Gas, um die Probleme so schnell und gut es geht zu lösen.
Besonders belastet sind aktuell die die A1, A40 und A3 in Ihrem Bundesland. Was tut das NRW-Verkehrsministerium kurzfristig, damit sich die Situation bessert?
Ich habe im Januar einen Masterplan zur Umsetzung des Bundesfernstraßenbedarfsplans vorgelegt, der für jeden einsehbar ist. Er zeigt, wie die Landesregierung die vom Bund beauftragten Straßenprojekte abarbeiten wird. Allein für NRW hat die Bundesregierung im Bundesverkehrswegeplan 200 Straßenprojekte mit einem Volumen von mehr als 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 festgelegt. Wenn wir nur die drängendsten Engpässe beseitigt haben, sind sieben Milliarden Euro verbaut. Wer so viel bauen darf, muss das so schnell und so koordiniert wie möglich machen
Dazu gehört, in mehreren Schichten, an den Wochenenden und falls nötig nachts zu arbeiten. Wichtig ist auch, dass die Schiene als alternativer Verkehrsträger nicht zeitgleich für Wochen oder Monate eingeschränkt ist. Hier braucht es eine bessere Abstimmung.
Hoffen Sie durch Offenlegung des Masterplans zur Umsetzung des Fernstraßenbedarfsplans auf mehr Verständnis unter anderem bei den Güterverkehrsunternehmen in NRW?
Jeder weiß, dass Staus vor allem entstehen, weil das Verkehrsnetz in NRW nicht mehr den Anforderungen gewachsen ist. Mit dem Masterplan schafft die Landesregierung eine neue Transparenz über Projekte und ihre Abläufe. Sie zeigt, was sie tut. Und sie muss tun, was sie zeigt.
Spediteure haben 2017 vor allem die Sperrungen der A-40-Rheinbrücke Neuenkamp bei Duisburg und der A-1-Rheinbrücke bei Leverkusen geärgert. Wie geht es da weiter?
Diese Brücken kontrolliert Straßen.NRW regelmäßig und arbeitet daran sie am Netz zu halten. Darum sind immer wieder Teilsperrungen notwendig. Im vergangenen Dezember haben die Arbeiten für den Neubau der A1-Rheinbrücke bei Leverkusen begonnen, die bis 2024 abgeschlossen sein sollen. Das Planfeststellungsverfahren zum Neubau der Rheinquerung Neuenkamp sowie des Ausbaus der Autobahn 40 zwischen den Anschlussstellen Duisburg-Homberg und Duisburg-Häfen ist im selben Monat gestartet worden. 2026 soll die neue A-40-Rheinbrücke komplett mit acht Spuren am Verkehrsnetz sein.
Die Umsetzung von Verkehrsprojekten zieht sich oft hin, weil Planungs- und Genehmigungsverfahren zu lange dauern. Wie lässt sich das beschleunigen?
Nach dem Beschluss des neuen Haushalts in NRW dürfen wir 50 neue Verkehrsplaner einstellen. Das ist eine enorme Verstärkung für den Landesbetrieb Straßenbau.NRW. Das sind so viele wie noch nie in den letzten Jahren. Wir erhöhen zudem den Etat für externe Planungen von Infrastrukturprojekten. In diesem Jahr sind für solche Aufträge bis zu 80 Millionen Euro vorgesehen. Darüber hinaus bekommen die Bezirksregierungen, die für die Genehmigungen verantwortlich sind, mehr Personal, damit es schneller geht. Ziel ist es, in kurzer Zeit möglichst viel zu bauen, damit es nicht mehr an allen Ecken und Enden knarzt.
Ihr Ministerium plant auch digitale Maßnahmen für einen besseren Straßengüterverkehr. Stichwort: stadtverträgliche Lkw-Navigation im Rheinland. Was ist da geplant?
Ziel der Kooperation zwischen dem Verkehrsministerium und „mobil-im-rheinland“ ist es, ein digitales Vorrangnetz für den Schwerverkehr zu definieren, auf dem Lkw möglichst umwelt- und stadtverträglich durch Kommunen fahren können. Dafür wurde im Juli vergangenen Jahres eine technische Plattform freigeschaltet, über die Fuhrunternehmen entsprechende Karten beziehen können. Zunächst 148 Städte und Gemeinden aus dem Gebiet der Metropolregion Rheinland können dort ihre Daten eingeben. Feststeckende Lkw unter Brücken und Gefahrguttransporter, die sich in Wohngebieten verfahren, sollten mit der Software mittelfristig der Vergangenheit angehören.
Ob Lkw künftig weiterhin in Innenstädte fahren dürfen, ist noch immer unklar. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet bald über die Zulässigkeit von Diesel-Fahrverboten. Wie steht Ihr Verkehrsministerium zu diesem Thema?
Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am 22. Februar darüber, ob den für die Luftreinhalteplanung zuständigen Bezirksregierungen auch ohne Änderung der einschlägigen Bundes-Immissionsschutzverordnung das Instrument von Diesel-Fahrverboten zur Verfügung steht, oder, ob dazu zunächst die Bundesregierung das Gesetz ändern muss.
Ziel aller Beteiligten in der NRW-Landesregierung ist es, pauschale Diesel-Fahrverbote zu vermeiden und die Schadstoff-Grenzwerte mit einem Bündel anderer Mobilitätsmaßnahmen einzuhalten. Für solche Maßnahmen – zum Beispiel bei der Anschaffung abgasarmer Busse für den ÖPNV – gibt es Fördermittel von Bund und Land.
Wichtig ist zudem die bessere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger wie Bahn, Car-Sharing und Rad sowie der Ausbau des ÖPNV. Um solche Entwicklungen voranzubringen, richten wir im Verkehrsministerium gerade eine neue Abteilung „Mobilität der Zukunft“ ein. (ag)