Berlin. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ein grundlegendes Umsteuern in der Verkehrspolitik gefordert. „Die Mautdebatte, losgetreten von CSU-Chef Seehofer und Verkehrsminister Dobrindt, verdeckt in unverantwortlicher Weise die Chance für eine sinnvolle Verkehrsplanung. Dobrindt verzettelt sich auf dem Nebenkriegsschauplatz PKW-Maut und nutzt die Potenziale der LKW-Maut nicht. Gleichzeitig sollen für neue Bundesstraßen und Autobahnen Steuergelder in Milliardenhöhe verschwendet werden“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger vor der Presse in Berlin.
Autobahnvignette für PKW nicht notwendig
„Deutschland braucht keine Autobahnvignette für PKW. Schon die Ausweitung der LKW-Maut und deren Erhebung auf sämtlichen Bundesstraßen erbringt genug Mittel, um Erhalt und Sanierung der gesamten Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zu sichern", sagte Weiger. Mit der von Dobrindt vorgeschlagenen „Ausländer-PKW-Vignette“ ließen sich die Löcher im Verkehrsetat nicht stopfen. Eine PKW-Vignette leiste außerdem weder Beiträge zum Erreichen der Klimaschutzziele noch helfe sie, Staus abzubauen. „Eine PKW-Nutzergebühr zum Erhalt der Verkehrswege macht nur streckenbezogen und als auf allen Straßen erhobene Maut Sinn", sagte der BUND-Vorsitzende. „Dies wäre eine verursachergerechte und ökologisch wirksame Lösung, die dem PKW seine bisher der Allgemeinheit aufgebürdeten Kosten gerechter anlasten würde als das derzeit der Fall ist“, so Weiger.
Luftschlösser bei der Straßenplanung
Der BUND-Vorsitzende warf Bundesverkehrsminister Dobrindt und den Ländern vor, mit überzogenen Wünschen nach neuen Straßen und Autobahnteilstücken hunderte „Luftschlösser der Straßenplanung“ bauen zu wollen die niemals finanzierbar seien. Vorhandene Alternativen seien zumeist nicht ernsthaft geprüft worden. „Die rund 1500 von den Ländern für 2015 bis 2030 angemeldeten Straßenprojekte enthalten hunderte überflüssige Vorhaben“, sagte Weiger. Diese unfinanzierbaren „Wünsch-Dir-Was-Listen“ seien ein Beleg für den fehlenden politischen Willen von Bund und Ländern, in der Verkehrsplanung grundsätzlich umzudenken, kritisierte der BUND-Vorsitzende.
Kritik auch an Bundesländer
„Die Bundesländer missachten, worauf sich die Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung verständigt hat, nämlich auf Kriterien einer verkehrsträgerübergreifenden Netzplanung“, sagte der BUND-Verkehrsexperte Werner Reh. Das Zusammendenken von Bahn, öffentlichem Nah- und PKW-Verkehr finde noch immer viel zu wenig statt, sagte Reh in einer Bilanz der Arbeit des Bundesverkehrsministeriums der letzten sechs Monate. In der Planungspraxis unterlaufen würden außerdem die durchaus anspruchsvollen Ziele der Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015. Besonders grotesk sei, dass über 800 Ortsumgehungen angemeldet seien, obwohl der Schwerpunkt der Investitionen auf überregionale Verbindungen gelegt werden sollte. Die geplante Ausweitung der LKW-Maut mache viele der Ortsumfahrungen überflüssig, weil es künftig weniger Ausweichverkehr geben werde.
Offener Brief an Dobrindt
In einem offenen Brief an Dobrindt fordert der BUND eine Neuausrichtung der Planung von Autobahnen und Bundesstraßen.“Aus unserer Sicht hat sich das Einsammeln von Wunschzetteln längst überholt. Eine überregionale und nachhaltige Mobilitätsstrategie muss Leitlinie der Verkehrspolitik in Deutschland werden“, schreibt der BUND-Vorsitzende Weiger an Dobrindt. Bei der Verkehrswegeplanung müssten umweltgerechte und kostengünstige Varianten konsequent bevorzugt und bei der Prüfung von Alternativen unabhängige Gutachter hinzugezogen oder Runde Tische eingerichtet werden. (ak)