Auch in Krisenzeiten zeigt sich der deutsche Mittelstand in seiner Gesamtheit robust. Das belegt das KfW-Mittelstandspanel 2023. Sowohl Umsätze als auch Investitionen der 3,8 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen hierzulande legten der repräsentativen Befragung von KfW Research zufolge im zurückliegenden Jahr 2022 zu, in moderatem Umfang auch die Beschäftigung. Die durchschnittliche Eigenkapitalausstattung der Unternehmen bleibt stabil und ihre Schuldentragfähigkeit ist weiter gegeben. Die Umsatzrendite im Mittelstand fiel zuletzt allerdings auf den niedrigsten Stand seit 2015. Vor allem die kleinen Unternehmen blieben offenbar häufig auf den gestiegenen Kosten sitzen.
Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib, fasst zusammen: "Seit dem Jahr 2020 wird die Resilienz des deutschen Mittelstands durch sich überlappende Krisen auf eine harte Probe gestellt. Doch auch 2022 sind allen Belastungsfaktoren wie Krieg in der Ukraine, Energiekrise und steigenden Preisen zum Trotz die Blessuren bei den kleinen und mittleren Unternehmen überschaubar geblieben.". Im laufenden Jahr sorge der konjunkturelle Gegenwind jedoch für erhöhte Anspannung. "Die Unternehmen blicken aktuell eher mit Skepsis auf ihre Geschäftsaussichten. Und obwohl der Kreditkanal weiter funktioniert, nehmen die Schwierigkeiten bei Kreditverhandlungen zu."
Umsatz versus Inflation
2022 sind die Umsätze der mittelständischen Unternehmen nominal um gut 16 Prozent (+742 Milliarden Euro) auf 5.322 Milliarden Euro gestiegen. Das Umsatzwachstum war dabei mehr als ausschließlich inflationsgetrieben - auch real steht ein gutes Umsatzplus von 10 Prozent zu Buche. Bei einer Reihe von Unternehmen überstiegen die Kostenerhöhungen für Material, Löhne und Energie das erzielte Umsatzplus dennoch. Die Umsatzrendite sank von 7,4 auf 7,0 Prozent . Insbesondere die Profitabilität der Kleinstunternehmen mit weniger als 5 Beschäftigten ging deutlich zurück (von 13,8 auf 11,8 Prozent ). Diese Unternehmen weisen in der Folge aktuell auch deutlich häufiger Liquiditätsprobleme auf. Die gesunkenen Renditen erschweren es, ihre bereits in der Corona-Krise strapazierten Liquiditätsreserven wieder aufzupolstern. In der Breite des Mittelstands ist die Liquiditätslage allerdings komfortabel: Im Frühjahr 2023 gaben fast sechs von zehn Mittelständlern an, dass ihre Liquiditätssituation sehr gut oder gut sei. Weitere 30 Prozent bewerteten sie als immerhin ausreichend.
Investitionsschub im Mittelstand
Corona-Nachholeffekte im ersten Halbjahr 2022, Vorzieheffekte aufgrund der sich eintrübenden Finanzierungsbedingungen und steigenden Investitionsgüterpreisen sowie auch Anpassungsmaßnahmen, um den Anstieg der Energiekosten abzufedern, haben der Investitionstätigkeit der Mittelständler einen Schub verliehen. Die Neuinvestitionen des Mittelstands nahmen um 15 Prozent nominal zu auf 211 Milliarden Euro.
Aber auch nach Berücksichtigung des gestiegenen Preisniveaus steht trotz der Herausforderungen im vergangenen Jahr immer noch ein Plus von rund 4 Prozent zu Buche (auf 190 Milliarden Euro). Mehr noch: Kleine und mittlere Unternehmen haben die Investitionstätigkeit prozentual stärker ausgeweitet als der gesamte Unternehmenssektor in Deutschland (10 Prozent nominal).
Neben dem Investitionsvolumen ist auch die Zahl der Investoren gestiegen: 43 Prozent bzw. 1,63 Millionen kleine und mittlere Unternehmen haben investiert (+5 Prozentpunkte bzw. +183.000 Unternehmen). Dabei besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Größe der Unternehmen und der Investitionstätigkeit:
Fast neun von zehn großen Mittelständlern mit mehr als 50 Beschäftigten investierten im vergangenen Jahr, im Durchschnitt mehr als 1 Million Euro. Bei Kleinstunternehmen mit weniger als 5 Beschäftigten war nur etwas mehr als jedes dritte Unternehmen investiv aktiv, im Durchschnitt mit knapp 60.000 Euro.
"Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds hat der Mittelstand seine Investitionstätigkeit im vergangenen Jahr merklich ausgeweitet und sich als Stütze des gesamten Wirtschaftsgeschehens gezeigt. Mehr als vier von zehn investierten Euro kamen im Jahr 2022 von einem kleinen oder mittleren Unternehmen", resümiert Köhler-Geib. "Auch die Investitionstätigkeit im mittelständischen Verarbeitenden Gewerbe entwickelte sich besser als von vielen erwartet."
Ausblick
Auf das laufende Jahr blickt der Mittelstand laut KfW-Studie aber mit Skepsis, die Firmen spüren den konjunkturellen Gegenwind deutlich: Die Stimmung hat sich seit Jahresbeginn verschlechtert. Die schwachen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsaussichten spiegeln sich auch in den Erwartungen zur diesjährigen Umsatzentwicklung wider: Fast ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen geht für 2023 von einem Umsatzrückgang aus, im Durchschnitt von 24 Prozent. Auch bei der mittelständischen Investitionstätigkeit zeichnet sich eine Eintrübung ab: 37 Prozent aller der befragten Unternehmen gaben im Herbst dieses Jahres an, die zu Jahresbeginn angedachten Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder in geringerem Umfang umgesetzt zu haben. 13 Prozent haben ihre Investitionspläne aufgegeben.