Tieferlegen, Höhe gewinnen

Mega-Zügen widmen die Kontrollorgane mittlerweile verstärkte Aufmerksamkeit. Schließlich überragen nicht wenige der "Volumer" zum Teil deutlich die erlaubte Vier-Metergrenze - zumindest beim gängigen Aufsattelmaß von 950 Millimetern. DAFs Antwort darauf ist der XF Lowdeck, bei dem man noch mal weiter nach unten gegangen ist - genauer auf 910 Millimeter Aufsattelhöhe. Für diese vier Zentimeter war viel Entwicklungsaufwand nötig. Hauptproblem: Die beim Mega flach angeordneten Fahrwerkskomponenten der Hinterachse. Ein Winkel, der das Fahrverhalten schon bei den 950er-Megas nicht unbedingt positiv beeinflusst. Beim neuen Lowdeck musste die Hinterachs-Konstruktion deshalb grundlegend überarbeitet werden. Die Achsschenkel der Hinterachse ordneten die DAF-Ingenieure in einem Parallelogramm an, wodurch das megatypische Mitlenkverhalten der Hinterachse nahezu ausgemerzt sein soll. Weshalb DAF vor dem Start auf unserer Testrunde versicherte, dass das Fahrverhalten des Lowdeck durchaus mit dem einer 4x2-Standard-Zugmaschine vergleichbar sei. Gewisse Skepsis fährt trotzdem mit. Schon allein wegen der Niederquerschnitts-Reifen an der Hinterachse im Format 315/45 R 22,5, die eher zu einem Rennboliden als an einen 40-Tonner passen mögen. Ebenso wie der breite 375er-K-Max vorne, den Goodyear übrigens extra für DAF entwickelte. Der erste Pluspunkt findet sich aber schon beim Einstieg, denn die unterste Trittstufe liegt gerade mal auf 31 Zentimetern Höhe. Ein Maß, das man auch beim Fahren tunlichst im Hinterkopf behalten sollte: Die Frontschürze kauert sogar nur 200 Millimeter über dem Asphalt. Zu wenig für manche Bordsteine oder Bodenwellen. Dann hilft oft nur, die Zugmaschine per Tastendruck über die Luftfederung um einige Zentimeter in die Höhe zu heben. Man muss eben nur daran denken ... Denn ansonsten vergisst der Fahrer schnell, dass er einen "Super-Mega" lenkt. Dank luftgefederter Achsen rollt der niedrigste DAF unerwartet komfortabel und steht den Standard-XF kaum nach, die bekanntermaßen eine gute Abstimmung bieten. Lediglich bei Schlaglöchern und Bodenwellen spürt man die geringeren Reserven der Niederquerschnitts-Reifen. Kürzer übersetzter Antriebsstrang An eine Lowdeck-Eigenart muss man sich aber gewöhnen: Beim Einlenken in Kurven folgt der Zug zunächst sauber dem Lenkbefehl, dann drückt plötzlich die Hinterachse leicht nach außen. Auch wenn dieses Verhalten ungefährlich ist, erzeugt es auf den ersten Kilometern doch leichtes Unbehagen, bevor es in Fleisch und Blut übergeht. Kaum Unterschiede zum Normal-Modell lassen sich beim Geräuschniveau feststellen, obwohl DAF die kleinen Reifen mit einer 2,38er-Hinterachse kombiniert. Weshalb der Lowdeck bei 85 km/h bei 1300 Touren werkelt und damit knapp 100/min höher ist als ein Standard-XF mit 2,53-Hinterachsübersetzung. Die kürzere Übersetzung, gepaart mit dem bärigen Drehmoment des MX13-Sechszylinders, erlaubt eine Fahrcharakteristik für Schaltfaule. Ortsdurchfahrten nimmt die AS-Tronic locker im elften Gang und Berge erklimmt der voll ausgeladene Sattelzug immer eine Gangstufe höher als motorisch vergleichbare Konkurrenten. Oder die Elektronik verzichtete ganz aufs Schalten und ließ den Motor mit 1050 Touren hangwärts "blubbern". Entsprechend nahm der Niederländer an den Bergen unserer Teststrecke vergleichbaren Wettbewerbern einige Sekunden ab. Manuelle Schalteingriffe waren dabei nicht möglich, denn diese lässt die AS-Tronic im Eco-Modus nicht mehr zu. Sogar Hochschalten kann der Fahrer nicht mehr über den bekannten rechten Lenkstockhebel, vielmehr müsste er zunächst den Eco-Modus umständlich verlassen. Nötig werden solche manuellen Eingriffe zugegebenermaßen selten. Wozu auch der akkurat abgestimmte GPS-Tempomat beiträgt. Wir fuhren im Level zwei, in dem die Setzgeschwindigkeit an Bergkuppen um bis zu sieben km/h unterschritten wird.Was sicher auch dazu beitrug, dass der Lowdeck trotz seiner starken Performance am Berg in Summe langsamer auf der Teststrecke unterwegs war als ähnlich motorisierte Wettbewerber, bei denen wir das gesetzte Tempo nur um fünf Stundenkilometer fallen ließen. Zeit verlor der Niederländer auch durch den vergleichsweise seltenen Einsatz von Ecoroll. Die Elektronik aktiviert den nämlich nur, wenn der Zug im Gefälle nicht über das im Bremsomat festgelegte Tempo beschleunigt und die Motorbremse aktiviert werden müsste. Verbrauchstechnisch sinnvoll, kostet aber Tempo. Apropos Motorbremse: Bei der verstärkten MX-Brake raten wir den Bremsomat auf 88 km/h zu setzen. Dann stemmt die Dauerbremse beim Erreichen der kritischen 90 km/h-Grenze nämlich schon ihre ganzen 503 PS gegen das Gefälle. So wurden nur an den wirklich steilen Stichen der Testrunde Beibremser fällig. Trotzdem: Der optional auch bei DAF weiterhin lieferbare Retarder würde hier mehr Souveränität bei einer gleichzeitig niedrigeren Geräuschkulisse bringen. Mehr einkalkulieren muss der Lowdeck-Käufer beim Gewicht. Die Zugmaschine brachte im Test satte acht Tonnen auf die Waage. Ein deutlicher Aufschlag zum Standard-Modell, der gleichermaßen beim Verbrauch fällig wird. Auch wenn wir diesmal nicht unseren eigenen Testauflieger aufsatteln konnten, weshalb wir auch auf die Begleitung unseres Referenz-Actros verzichteten und nur die ersten drei Etappen unserer Normrunde fuhren, stellten wir einen deutlich höheren Verbrauch fest. Selbst DAF kalkuliert aufgrund des höheren Drehzahlniveaus, der schlechteren Aerodynamik (beispielsweise sind für den Lowdeck keine Seitenverkleidungen am Rahmen zu haben) und wegen des bislang fehlenden Eco-Labels auf den kleinen Reifen mit bis zu 15 Prozent mehr Verbrauch. Der sich aber mit einem Schlag amortisieren kann. Nämlich, wenn man Kosten und Standzeit wegen eines Verstoßes gegen die Höhenbegrenzung gegenrechnet. Vor solchen Szenarien fährt man mit dem Lowdeck eben sicher! Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Kommentar Fährt fast wie ein normaler XF DAF hat nicht zu viel versprochen. Der Lowdeck fährt tatsächlich (fast) so komfortabel wie ein Standard-XF. Vom Fahrer erfordert der Super-Mega mit seiner geringen Bodenfreiheit aber eine umsichtige Fahrweise. Was ihm sicher leichter fällt, wenn er die große Super-Space-Kabine mit viel Platz und Stauraum spendiert bekommt.Kontakt: jan.burgdorf@springer.comJan Burgdorf VR-Testredakteur Der DAF im TÜV-Urteil Wie bei jedem Profitest der VerkehrsRundschau begutachtete der TÜV SÜD auch den DAF XF 460 Lowdeck in Sachen Service und Wartung. Da schneidet der Niederländer postiv ab. Kleinere Service- und Wartungsarbeiten lassen sich einfach beheben. Und auch das Wartungskonzept hat über die Jahre eine hohe Reife erreicht. DAF bietet außerdem bis zu 150.000-km-Wartungsintervall, wobei aber teures Synthetik-Öl fällig wird. Sinnvoll ist das nur, wenn der DAF im Mehrschichteinsatz unterwegs ist, denn ansonsten muss er trotz des teuren Öls einmal jährlich in die Werkstatt. Wartungsfreundlich zeigt sich der XF auch wegen seiner pneumatischen Kupplungsbetätigung, seines wartungsarmen Chassis sowie der einfachen Kontroll- und Nachfüllmöglichkeit der Betriebsflüssigkeiten. Alle Füllstände werden auch vom Bordcomputer überwacht. Für geringe Wartungskosten sorgen außerdem die leicht austauschbaren Leuchtmittel der Abblend- und Fernlicht-Scheinwerfer. Möglichst ein Lasterleben lang halten sollten dagegen die serienmäßigen LED-Tagfahrleuchten. Nicht optimal gelöst beim großen DAF ist, dass fürs Nachfüllen des Lenköls oder für den Tausch des Luftfilters die Kabine angekippt werden muss. bj

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