Zeitreise nach Wunsch der Kunden

Der größte Konkurrent des "neuen Cascadia" ist laut Freightliner-CEO Martin Daum der aktuelle "Cascadia Evolution". Aktuell tun sich die Konkurrenten von Daimler Trucks USA schwer, die Verbräuche der Freightliner zu erreichen: Daimlers Marktanteil in der schweren Klasse 8 (mit Freightliner und Western Star) wuchs 2016 auf über 42 Prozent! Der Verbrauch ist neben den Standzeiten für Wartung und Reparaturen das wichtigste Kriterium. Denn bei zulässigen Geschwindigkeiten bis 120 km/h spulen die Fernverkehrsautos in den USA jährlich schnell 200.000 Kilometer ab. Viele Details kennt man vom Actros Umso erstaunlicher sind da die kurzen Wartungsintervalle, die beim komplett überarbeiteten "New Cascadia" auf bis zu 90.000 Kilometer gestreckt wurden - und das, obwohl der Antriebsstrang mittlerweile weitgehend dem des Actros entspricht. Inklusive der feinstverarbeiteten "Hochglanzzahnräder" der automatisierten Schaltbox, die jetzt auch in Detroit unter dem Namen DT 12 produziert wird. Noch mal bis zu acht Prozent sparsamer als der Vorgänger soll der neue Cascadia sein, wozu auch überarbeitete Hinterachsen beitragen. Die längste Übersetzung streckte man in den USA übrigens auf 2,16 und laut den schwäbisch-amerikanischen Entwicklern darf man künftig sogar mit "2,0-ebbes", also "2,0-irgendetwas" rechnen. Womit dann auch bei Geschwindigkeiten jenseits der 100 km/h nicht mehr als 900 Touren anlägen. Einen großen Teil zur Verbrauchsreduktion trägt auch die weiter optimierte Aerodynamik bei. Optisch nahm der autonom fahrende "Innovation Truck" das gestraffte Design bereits vorweg. Wenngleich Freightliner-CEO Daum bei diesem Thema etwas zurückrudert. "Autonom fahrende Lkw werden in den nächsten vier bis fünf Jahren kein Serienstand sein." Trotzdem entwickele man am Thema weiter. Auch und gerade bei der Software: Denn der neue Cascadia wird der erste Lkw sein, der sich automatisch "updaten" kann, was auch an der Hardware der neuen Softwarebox liegt, die Daimler bereits für den aktuellen Actros im Zusammenhang mit "Uptime" präsentierte. Damit entfallen künftig lästige Werkstattaufenthalte, nur um eine neue Software aufzuspielen. Da die großen US-Flottenkunden mit 5000 Lkw oder mehr zig Flottenmanager ausschließlich zur Datenanalyse beschäftigen, legte Freightliner hier noch mal nach: Denn laut Matt Pfaffenbach, dem Connectivity-Verantwortlichen des neuen Cascadia, wird die exakte Datenanalyse künftig noch wichtiger als bisher. So sollen neben dem Fahrer, der Beladung und dem Streckenprofil auch Wetterdaten mit in die Analysen einbezogen werden. "Wie ändert sich der Verbrauch, wenn das Wetter umschlägt? Fragen wie diese wollen wir künftig beantworten können", erklärt Pfaffenbach den Datendurst der US-Unternehmen. Gleichzeitig können so auch die Ingenieure von Daimler Trucks künftig zusätzliche Parameter in die Konstruktion mit einbeziehen. Aber auch bei der Hardware optimierte Freightliner den Cascadia massiv: Er erhielt eine komplett neue Armaturentafel mit dem Instrumentencluster und der Tasterleiste der europäischen Modelle, dazu das Lenkrad samt der Lenkstockhebel von Actros & Co. Die Sicherungen packte man jetzt alle zusammen vor den Beifahrersitz und der obere, aus Softtouch-Material bestehende Teil der Armaturentafel lässt sich in einem Stück abheben: Dazu ist er hinter den Sicherungen verschraubt und fahrerseitig gesteckt. Damit entfällt im Falle eines Falles der Ausbau des kompletten Armaturenträgers. Außerdem optimierten die Ingenieure die Dämmung und Verarbeitung der Kabine, die übrigens nach wie vor aus Alu mit mehr oder weniger großen Kunststoffdächern besteht. Entsprechend wenig wiegt ein Cascadia 6x4 mit dem großen Topsleeper, trotz schwerem Detroit-Diesel: Laut Entwicklungsleiter Wilfried Achenbach bringt der so ausstaffierte typische Fernverkehrs-Cascadia kaum mehr als 8,5 Tonnen auf die Waage - was umso wichtiger ist, als die Standardkombinationen in den USA ohnehin nicht mehr als 36 Tonnen wiegen dürfen. Beim Gewicht hält der Riese Maß Am Heck optimieren optional Aerodynamikverkleidungen den Luftstrom - dazu gehören neben den Abdeckungen zwischen den Rädern auch Radkappen, die sich mit einem Dreh entfernen lassen, wie Achenbach demonstriert. Und ein glatter Unterboden? Ist laut dem Entwickler nicht nötig, da der Stoßfänger vorn (der übrigens binnen zwei Minuten demontiert werden kann) so weit wie möglich nach unten gezogen wurde. So wird die Luft zusammen mit den Seitenverkleidungen sehr gut am Auto vorbeigeleitet, wie im Windkanal in Oregon ermittelt wurde. "Den Unterboden auch noch zu verkleiden, hätte im Vergleich zum Aufwand nur noch sehr wenig gebracht", merkt Achenbach an. Nach so viel Theorie wird es Zeit für die Praxis und eine erste Ausfahrt ab Colorado Springs, die uns mit dem auf rund 33 Tonnen ausgeladenen Zug auf den Highway 25 nach Süden führt. Und da spürt man, wofür die US-Amerikanischen Transportunternehmen nicht so gern bezahlen. Trotz verbesserter Geräuschdämmung ist ein Actros leiser. Und trotz des langen Radstandes und luftgefederter Hinterachsen federt der straff gelagerte Cascadia vergleichsweise unkomfortabel über die großteils schlechten US-Straßen, was durch die gewichtssparende Einblattparabel an der Vorderachse nicht besser wird. Auch die Schaltzeiten der hier DT 12 genannten automatisierten Schaltung dauern gefühlt eher lang - was unser Begleiter, Testfahrer Lee Gallant, damit begründet, dass Kollege Computer die Gangsprünge immer so groß wie möglich wählt, um schnell die hohen Fahrstufen zu erreichen. Ecoroll: 500 Touren bei 120 km/h Auch "Ecoroll" kann der Cascadia, was dazu führen kann, dass der Zug ausgekuppelt mit 120 km/h mit der Leerlaufdrehzahl von gut 500 Touren über den Highway "segelt". Die Verarbeitung präsentiert sich trotz reichlich hartem Kunststoff routiniert und lässt sich auch von den üblen US-Straßen nicht zu Klappergeräuschen hinreißen. Trotzdem wirkt die Haptik längst nicht so wertig wie in Euro-Trucks. Dafür investieren die Unternehmer in den USA lieber in Aerodynamik und Telematik, womit sich bei den dortigen Fuhrparkgrößen und Fahrleistungen täglich ganz großes Geld verdienen lässt. Mehr zum Thema finden Sie unter Lkw über 7,5 t www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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