Erfurt. Thüringens Landesverkehrsministerin Birgit Keller (Linke) hat in dieser Woche den Entwurf für den Landesstraßenbedarfsplan 2030 vorgelegt. Bis zum 1. Oktober haben Bürger und Verbände die Möglichkeit zur Stellungnahme. Der Plan sieht für den Zeitraum 2016 bis 2030 Investitionen von mindestens 990 Millionen Euro vor. 70 Prozent davon sind für den Erhalt bestimmt. Die Gesamtlänge des Thüringer Landesstraßennetzes wird für das Jahr 2030 mit 3900 Kilometern angegeben.
Neue Kriterien bei der Geldvergabe
Neu- und Ausbau ist nur noch im erstmals definierten „Leistungsnetz“ vorgesehen. Dabei handelt es sich um Landesstraßen mit „besonderer landesweiter Bedeutung“. Festgemacht wird die Bedeutung an raumordnerischen Kriterien (Verbindungsfunktion) und an der Belastung mit Verkehren von 10 bis 42 Kilometer Fahrtweite. Ähnlich gehen auch Brandenburg und neuerdings Sachsen vor. 22 Neu- und Ausbauprojekte mit einer Gesamtlänge von 73 Kilometern sind als „vordringlich“ eingestuft. Für echten Neubau sind 112 Millionen Euro eingeplant, für Ausbau 57 Millionen.
Getrennt davon wird der Um- und Ausbau zur Beseitigung von „Funktionseinschränkungen“ betrachtet. Solche Vorhaben sind im gesamten Landesstraßennetz möglich. Dabei handelt es sich zum einen um besonders unfallträchtige Streckenabschnitte, wo durch Infrastrukturverbesserung ein hoher volkswirtschaftlicher Nutzen erzielt werden kann („Sicherheitspotenzial“). Bisher sind 19 solche Stellen identifiziert.
Zum anderen geht es um hohe Lärmbelastungen in Ortsdurchfahrten. Hier sind 31 Orte mit hoher Betroffenheit identifiziert worden. Im weiteren Verfahren wird geklärt, wie derartige Funktionseinschränkungen zum Beispiel durch vorgezogene Sanierung oder Um- und Ausbau beseitigt werden können.
Mehr Geld für Brücken nötig
Aus Sicht des Verkehrs- und Logistikgewerbes dürfte bedenklich sein, dass mit den vorgesehenen Erhaltungsmitteln – die aus den Haushalten ab 2016 und der Finanzplanung abgeleitet wurden – nur der Status Quo gesichert werden kann. Der lässt aber im Vergleich zu den Bundesstraßen selbst nach Einschätzung des Ministeriums Wünsche offen: Bei den Bundesstraßen beträgt die durchschnittliche Brücken-Zustandsnote 2,1, nur eine Brücke ist in der Leistung eingeschränkt.
Bei den Landesstraßen liegt die Durchschnittsnote derzeit bei 2,3 und sogar 58 Brücken sind nur beschränkt nutzbar. Das drohe aber angesichts der deutlich wachsenden Zahl von Schwertransporten über 60 Tonnen zu einer Gefahr für den Wirtschafts- und Logistikstandort Thüringen zu werden.
Unter Qualitätsgesichtspunkten hält das Landesverkehrsministerium daher statt der offiziell eingeplanten rund 12 Millionen Euro pro Jahr mindestens 14,7 Millionen Euro jährlich für erforderlich, damit der Vermögensverzehr bei Brücken nicht nur gestoppt, sondern auch nachhaltig umgekehrt werden kann. Für dieses „Qualitätsszenario“, das auch die Fahrbahnen umfasst, hat das Ministerium Mehrausgaben in einer Gesamthöhe von 98 Millionen Euro bis 2030 errechnet. (roe)