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Tauziehen um das Weißbuch

24.11.2015 10:43 Uhr
Tauziehen um das Weißbuch
Der EU-Verkehrsausschuss diskutiert über den künftigen Kurs der Verkehrspolitik
© Foto: dapd/Winfried Rothermel

Im EU-Verkehrsausschuss laufen die Debatten zum Weißbuch Verkehr. Während die EU-Kommission an alten Zielen festhält, schwebt vielen Verbänden ein Kurswechsel vor.

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Brüssel. In Brüssel hat das Tauziehen um den künftigen Kurs in der Verkehrspolitik begonnen. Die EU-Kommission will an den im Weißbuch von 2011 gemachten Festlegungen grundsätzlich festhalten. Nicht alle halten das für eine gute Idee. 2016 soll das Weißbuch überarbeitet werden. Die Logistik, sagt Michael Svane, sei ein wichtiger Kostenfaktor für die europäische Wirtschaft. 10 bis 15 Prozent der Kosten eines Endproduktes entstünden im Durchschnitt durch Transport, Handling und Lagerung. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im europäischen Spitzenverband der Industrie, BusinessEurope, will damit deutlich machen, dass es hier um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen generell geht.

In der EU-Kommission vertraut man zwar fast immer der unsichtbaren Hand des Marktes. In der Verkehrspolitik möchte man sich darauf aber nicht verlassen. Der Verkehr müsse seinen Beitrag zu der von den Europäern versprochenen Senkung der Treibhausgase leisten, sagt der Direktor des Klimaprogramms der Europäischen Umweltagentur, Paul McAleavey, und bis 2050 sechzig Prozent weniger CO2 ausstoßen. In der Bahn sieht die Kommission einen wichtigen Hebel, um dieses Ziel zu erreichen. Der Ausbau des Schienennetzes soll deswegen in den nächsten Jahren Vorrang haben.

Diskussionen über den „Modal-Shift”

In der Wirtschaft wachsen indes die Zweifel, ob sich der „Modal-Shift“ so erzwingen lässt. „Nicht die Infrastruktur sollte darüber entscheiden, wie wir uns fortbewegen oder Güter transportieren“, sagt Akos Ersek von der UIRR, dem Verband für den Kombinierten Verkehr. Die Infrastruktur müsse vielmehr so ausgebaut werden, dass sie den Mobilitätsbedürfnissen entspreche. Damit jeder Verkehrsträger seinen Beitrag leiste, müsse fairer Wettbewerb herrschen. Die Preise, die für Transporte auf der Straße, Schiene oder Flüssen und Kanälen kalkuliert werden, würden jedoch durch Energiesteuern verfälscht, sagt Ersek. Auch die unterschiedlichen Beiträge der Verkehrsträger zur Finanzierung der Infrastruktur verzerrten den Wettbewerb, sagt der Verbandsvertreter. Solange hier unterschiedliche Ausgangsbedingungen herrschten, dürften Subventionen kein Tabu sein.

Die soziale Dimension, darüber herrscht weitgehend Einigkeit, komme in der bisherigen Verkehrspolitik zu kurz. Für die Bahn sei es ein Nachteil, klagt der Direktor des Bahnverbandes CER, Libor Lochmann, wenn der Arbeitstag eines Lokführers nach acht Stunden vorbei sei, ein Trucker aber eine Woche und länger unterwegs sein könne. Die Transportarbeitergewerkschaft ETF sieht die größte Gefahr für Tarifverträge und Arbeitsschutz bei den Airlines und auf der Straße. Was von vielen Lkw-Fahrern vor allem aus Osteuropa verlangt wird, bezeichnet die ETF als „moderne Sklaverei“.

Keine neuen Sozialvorschriften

Der Generalbevollmächtigte der Straßenverkehrsunion (IRU), Michael Nielsen, hält das für unnötige Polemik. Die IRU setze sich dafür ein, dass Unternehmen, die die Sozialvorschriften verletzten, die Lizenz verlieren, sagt Nielsen. Es sei jedoch eine Illusion, zu glauben, damit sei das Problem der unterschiedlichen Löhne in Europa gelöst. Im Arbeitgeberlager will man sich zwar daran beteiligen, die Vorschriften zum Schutz von Arbeitnehmern konsequenter anzuwenden, sieht aber keine Notwendigkeit, neue Regeln zu beschließen. Dazu neigt auch die Kommission. Es gebe vor allem ein Umsetzungsdefizit bei den bestehenden Sozialvorschriften, sagt Verkehrskommissarin Violeta Bulc.

In Warschau oder Budapest sieht man in den Rufen nach verschärften Sozialvorschriften die Drohung der Westeuropäer, ihre Transportwirtschaft vor der Konkurrenz aus dem Osten zu schützen. Anne Millek vom polnischen Infrastrukturministerium besteht deswegen darauf, dass gegen Spediteure nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgegangen wird. (tw)

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