München. Lange LKW-Staus an den Flughäfen und verspätet abgeflogene Sendungen wegen des riesigen Kontrollaufwandes – so lauteten die Warnungen vor dem 29. April. An jenem Tag traten in allen EU-Mitgliedsstaaten verschärfte Sicherheitsregeln für das Versenden von Luftfracht in Kraft. Hatten Exporteure darauf verzichtet, sich als „bekannte Versender“ amtlich lizensieren zu lassen, gelten seitdem sämtliche ihrer Packstücke offiziell als unsicher. Sie müssen vor der Verladung in ein Flugzeug zusätzlich überprüft werden.
Doch die Lage an den Flughäfen blieb entspannt: kaum Staus, keine Verlangsamung oder gar ein Abbruch der Lieferketten. Patrik Tschirch, Geschäftsführer vom Bodenabfertiger LUG Aircargo Handling am bedeutendsten deutschen Frachtflughafen Frankfurt, berichtet, dass in seinem Unternehmen nur fünf Prozent mehr Sendungen kontrolliert werden mussten. Entspannt atmet ebenfalls die Lufthansa Cargo durch, wo „keine Verzögerungen“ beobachtet wurden, wie Sprecher Michael Göntgens bestätigte. Entwarnung gaben auch die Flughäfen München, Düsseldorf, Leipzig/Halle oder Köln/Bonn.
Bodenabfertiger melden "steilen Aufwärtstrend"
Etwas anders sieht es dagegen in der Fläche aus. Das belegen die Aussagen der auf acht Standorte innerhalb Deutschlands verteilten Mitglieder der RunAir-Gruppe, einer Interessengemeinschaft von Spediteuren und Bodenabfertigern, die ihre Frachtverkehre per LKW zu den großen Flughäfen in Europa befördert. So berichtet Norbert Heitmüller von der am Flughafen Hannover ansässigen Norbert Goslar GmbH und Co. KG, dass die offiziell als unsicher geltenden Sendungen seit dem 29. April stetig angestiegen seien. Dabei habe es in Frankfurt Ärger bei der Anlieferung jener Sendungen gegeben, die dort sicherheitsüberprüft werden mussten. Offenbar haben, sagt Heitmüller, manche Agenten die Hinweise der Fluglinien nicht oder kaum beachtet. Auch andere RunAir-Mitglieder berichten von ersten Staus und einem „steilen Aufwärtstrend“ der zu kontrollierenden Sendungen.
Aus den vorliegenden Ergebnissen mit den neuen Sicherheitsregeln lassen sich vier Schlüsse ziehen: Erstens war die Branche gut vorbereitet. Je mehr Fracht – zweiter Punkt – dezentral gesichert wird, desto weniger Staus wird es an den Großflughäfen geben. Drittens hat der Security-Aufwand zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen, damit Luftfracht aber auch verteuert. Und viertens wird es andererseits eine Preisanpassung aufgrund der Konkurrenz bei den Röntgenkontrollen geben. Die heute noch von manchem Dienstleister verlangten 0,10 Euro pro Kilogramm werden nicht zu halten sein. Die Tendenz geht eher gegen sieben oder sechs Eurocent pro Kilo. (hs)