So wohnt die Logistik

Logistic Real Estate as a Service - abgekupfert von der Softwareindustrie (Stichwort: Software as a Service) - ist ein Modell für die Lagerhallennutzung von morgen. Dabei handelt es sich um die weiterentwickelte Miete von Logistikimmobilien. Spediteure, Transportunternehmer oder auch KEPler können je nach zeitlichem und räumlichen Bedarf in die Flächen einer Lagerhalle ein- und auschecken wie in einem Hotel. "Solche Konzepte sind vor allem Lösungen für die Citylogistik und auf der letzten Meile", sagt Tobias Kassner vom Analyseunternehmen Bulwiengesa, das kürzlich eine Studie zu Logistikimmobilien vorgestellt hat. Dazu müssten die aktuellen Mietverträge und Finanzierungsmodelle solcher Immobilien neu konzipiert werden (siehe Interview Seite 70). Ebenfalls eine Weiterentwicklung ist die Hybridimmobilie, die Logistik und Produktion unter einem Dach vereint. Treiber dieser Entwicklung sind die Losgröße eins und das Thema Industrie 4.0. Das Konzept der Hybridimmobilie geht dabei über Value-added-Services hinaus, die Logistikdienstleister bereits heute auf Mezzaninebenen anbieten. Kassner kann sich aber auch noch eine weitere Form dieser Mischimmobilie vorstellen: das Zusammenwachsen von Logistik und Konsum. Warum in einer Lagerhalle nicht Drive-in-Spuren einrichten, in denen Kunden zuvor online bestellte Waren abholen können. Halle aus Bauklötzen Bei der generischen Immobilie soll eine modulare Bauweise für Flexibilität sorgen. Benötigt der Nutzer mehr Fläche oder eine andere Verladezone, so können entsprechende Module hinzugefügt werden. Eine solche Immobilie würde den Bedarf ihres Betreibers immer exakt erfüllen. "Bis zur Umsetzung eines solchen Konzepts vergehen noch einige Jahre, aber es wird daran geforscht", berichtet Kassner. Der E-Commerce wird auch künftig ein Motor für die Nachfrage nach Logistikimmobilien bleiben. Damit wird ein Markt für spezielle E-Fulfilment-Center entstehen. Durch mehr Platz für Rechenzentren, zusätzliche Büros oder auch Fotostudios zum direkten Erfassen neuer Waren erfüllen diese die Bedürfnisse ihrer Nutzer besser als die derzeit weitgehend konventionell konzipierten Verteilzentren. Wichtig sind hier auch Hochgeschwindigkeitszugänge zum Internet. "Vor allem auch außerhalb des Einzugsgebiets von Ballungsräumen, da liegt Deutschland noch hinter Holland zurück", weiß Bulwiengesa-Mann Kassner. International kaufen Verbraucher Lebensmittel bereits verstärkt online. Wenn sich dieser Trend mit etwas Verzögerung auch in Deutschland durchgesetzt hat, ist der Weg zur temperaturgeführten E-Commerce-Immobilie nicht mehr weit. Alternativen zum Seecontainer gesucht Neue Lösungen für die Citylogistik treiben die Suche nach alternativen Konzepten für Logistikimmobilien an. Notwendig sind sowohl große, dezentrale Lager als auch eine Reihe von kleinen Last-Mile-Immobilien oder Micro-Hubs in den Innenstädten. Beispielsweise installieren KEP-Dienstleister zur Versorgung der Innenstädte Micro-Hubs, etwa in Form eines Seefrachtcontainers, von dem aus sie Kunden in einem Radius von 800 Metern bedienen. Aktuell suchen Logistiker nach Möglichkeiten, dieses Konzept in einer Immobilie zu verwirklichen. In vielen Innenstädten gibt es eine Menge leerstehender Flächen, beispielsweise in Bürogebäuden oder ehemalige Einzelhandelsflächen. Das Problem daran: Oft sind diese Flächen nicht zusammenhängend. Kassners Idee: Über ein virtuelles Warehouse wird Lagerraum verteilt über die ganze Stadt angeboten und mittels IT organisatorisch zu einer Fläche zusammengefasst. "Allerdings sind hier vorher Fragen des jeweiligen Baunutzungsrechts zu klären. Zudem steht die Lagernutzung in Konkurrenz zur ursprünglichen Idee des Gebäudes." Das könnte die Mieten für solche Lagerflächen nach oben treiben. Ein weiterer neuer Gebäudetyp ist das White-Label-Hub. Diese anbieterneutralen Logistikzentren an den Stadträndern können alle KEP-Dienstleister nutzen, um von dort aus gebündelte Verkehre in einem gemeinsamen Verkehrsmittel zu realisieren. Bislang sind solche Konzepte bei Logistikdienstleistern auf wenig Gegenliebe gestoßen. "Aber der zunehmende Druck aufgrund der Flächenknappheit und drohende Verkehrsbeschränkungen in den Städten werden das Modell vorantreiben", prognostiziert Kassner. Mehr zum Thema im Dossier Logistikimmobilien www.verkehrsrundschau.de/dossiers