Marseille/Alkmaar. Die fallenden Ölpreise könnten ein ganz neues Szenario der Überkapazität im Markt hervorrufen, falls die durch die Langsamfahrt (Slow Steaming) absorbierten Schiffe durch eine höhere Transitgeschwindigkeit wieder freigesetzt würden. Die momentane Langsamfahrt resultiert aus einem früher erwarteten Ölpreis von rund 110 US-Dollar (rund 95 Euro) pro Barrel. Der momentane Preis ist aber bereits auf rund 70 Euro gefallen. Die Freisetzung von Schiffen hätte einen verheerenden Einfluss auf die Fracht und Charterraten, berichtet die französische Reederei Marfret in ihrem Newsletter.
Die meisten georderten Schiffe seien auf Langsamfahrt ausgelegt. Zudem hätten Schiffseigner teils irreversible technische Modifikationen (Antifouling, Treibstoffeinspritzung, geänderter Bugwulst oder Schiffsschraube) an den in Dienst stehenden Schiffen durchgeführt. Sollte die Situation aber weiter anhalten und die Ölpreise eventuell sogar noch weiter fallen, müssten einige Reedereien eine harsche Entscheidung treffen, um aus der Zwickmühle zu kommen, schreibt die niederländische Agentur Dynamar in ihrer monatlichen Publikation Dynaliners.
Die Folge könnte die Stilllegung von großen und sehr großen Schiffen sein. Auf der Betriebsseite könnte es zu einer Neuverhandlung von Terminalslots mit den Hafenbetreibern führen. Die Reedereien befänden sich laut Dynamar „an einem Umkehrpunkt“: Die bis zu vier zusätzlichen Schiffe, die beispielsweise in den Nordeuropa-Ferner Osten-Diensten aufgrund des Slow Seaming zum Einsatz kommen müssen, könnten bei niedrigen Ölpreisen nicht mehr durch Treibstoffeinsparungen finanziert werden. Dazu trügen auch reduzierte Erträge aus den Bunker Adjustment Factors (BAF, Bunkerzuschlägen) bei. Dynamar erklärte: „Auch wenn die Reedereien bisher bestätigen, dass sie die Langsamfahrt aufrechterhalten wollen, existiert eine gewisse Nervosität durch die sinkenden Ölpreise.“ (rup)