Kurs auf Börsengang

Im verwinkelten Hauptquartier von Hapag-Lloyd in Hamburg verliert Rolf Habben Jansen zuweilen noch die Orientierung. "Ich finde auch 200 Tage nach Amtsantritt noch immer nicht jedes Büro", gibt der neue CEO von Deutschlands größter Containerreederei zu. 40 Millionen Euro Verlust Geschäftlich ist der Niederländer allerdings voll im Bilde. Er weiß, dass er viele Themen zugleich anpacken muss, um das zuletzt etwas schwächelnde Traditionsunternehmen wieder auf Kurs in Richtung Gewinnzone zu bringen. In den ersten neun Monaten 2014 erzielte die Reederei einen operativen Verlust von 40 Millionen Euro. Zugleich drückt eine Schuldenlast von 3,5 Milliarden US-Dollar. Die Arbeitsliste des neuen CEO ist lang. Er muss die Integration von Hapag-Lloyd mit der übernommenen chilenischen Reederei CSAV abschließen, über Investitionen in neue Schiffe entscheiden, ein millionenschweres Sparprogramm umsetzen, den Börsengang vorbereiten und den Vertrieb stärken. Unter anderem. Ein positives Zwischenfazit zog Habben Jansen bei der Integration von CSAV. Mindestens 300 Millionen US-Dollar an Synergien wollen die beiden Schwesterunternehmen bereits in diesem Jahr ausschöpfen. Dabei stehen zunächst nicht die Personalkosten im Vordergrund, die in der Reederei nur fünf Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Der Erhalt der Kundenbasis sei ihm wichtiger, ließ der Hapag-Lloyd-Chef während seines ersten Pressegespräches in Hamburg durchblicken. So bleiben als Synergieeffekte kurzfristig vor allem Bündelungseffekte, Auslastungsverbesserungen und Mehrverkäufe durch Cross Selling. Zusätzlich zu den Synergieeffekten von 300 Millionen US-Dollar will Habben Jansen einen "klar dreistelligen" Dollar-Millionenbetrag einsparen. Möglichkeiten sieht er unter anderem beim Einkauf von Bunkeröl und bei der Organisation der Hinterlandverkehre. Vor allem in den USA gäbe es dafür Potenzial. Aber auch die deutschen Partner in Trucking- und Schienenverkehrsunternehmen warten gespannt darauf, wie Hapag-Lloyd diesen Kostenblock angehen will. Seefracht soll wieder teurer werden Einiges vorgenommen hat sich der frühere Spediteur für den Vertrieb. "Unsere durchschnittliche Frachtrate ist in einigen Gebieten schlechter als die von Wettbewerbern", hat Habben Jensen beobachtet. Er benennt einen weiteren Schwachpunkt: Hapag-Lloyd sei in wichtigen Wachstumssegmenten wie den Intra-Asien-Verkehren, Afrika und Indien nicht stark genug vertreten. Diese Schwachpunkte will der neue Steuermann angehen - mit dem Ziel, spätestens 2016 wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Auch in der einstigen Paradedisziplin containerisierter Projektladung (Breakbulk) will er zurück zu altem Glanz. Als entlastendes Element für Hapag-Lloyd rechnet der Reedereichef mit einer leichten Erholung der Seefrachtraten. Damit steht er im Gegensatz zum Chef der zweiten großen deutschen Containerlinie Hamburg Süd, Ottmar Gast. Der hatte im November letzten Jahres betont, dass er nicht unbedingt höhere Seefrachtraten erwartet. Es gäbe Reedereien, die bei dem derzeitigen Preisniveau profitabel seien, hatte Gast begründet. Die übrigen Unternehmen müssten sehen, wie sie sich anpassen. Einstieg in 18.000-TEU-Schiffe? Eine möglicherweise existenzielle Entscheidung will der Hapag-Lloyd-Vorstand im zweiten Quartal des Jahres treffen. Werden neue Schiffe bestellt, und falls ja, in welcher Größenklasse? Die drei weltgrößten Containerreedereien Maersk, MSC und CMA/CGM haben in den vergangenen Jahren massiv in Schiffe jenseits von 18.000 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) Stellplatzkapazität investiert. Hapag-Lloyds größte Schiffe liegen bei 12.000 bis 14.000 TEU. Das bedeutet - eine volle Auslastung vorausgesetzt - einen klaren Nachteil bei den Kosten pro Stellplatz. Bei niedriger Auslastung der Riesenschiffe würde sich das Bild jedoch ändern - ein Hauptgrund für die Preiskämpfe der vergangenen Jahre. Die Entscheidung über Schiffsinvestitionen sei aus seiner Sicht derzeit noch völlig offen, betont Habben Jansen. Neben dem reinen Durchschnittskosteneffekt seien die Ölpreisentwicklung und die Effekte einzubeziehen, die die Erweiterung des Panamakanals mit sich bringen. Hintergrund: Mit der Erweiterung des Panamakanals verlieren Schiffe mit einer Maximalkapazität von 5000 TEU ihre wirtschaftliche Bedeutung und werden weitgehend vom Markt verschwinden. Keine extreme Eile hat der als Schnellarbeiter bekannte Habben Jansen beim Börsengang. Man wolle bereit sein, wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet. Ob dieser Zeitpunkt angesichts des weiter schwierigen Marktes und eigener schwacher Ergebnisse schon 2015 kommt, scheint der CEO zu bezweifeln. Andererseits will er auch nicht bis 2017/2018 warten. Schließlich soll ein Teil des am Kapitalmarkt eingesammelten Geldes dazu verwendet werden, die Schuldenlast zu reduzieren. Reduzieren will Habben Jansen auch die Schiffsverspätungen. Er sei nicht zufrieden mit der Pünktlichkeit und werde das auch in der G6-Allianz thematisieren. 2014 seien drei Faktoren zusammengekommen, die für Schiffsverspätungen gesorgt hätten: lange Schlechtwetterphasen, Probleme der Häfen mit den Schiffen der neuen Größenklassen und Neuordnungen in den Allianzen. Künftig will Hapag-Lloyd stärker gegensteuern, entweder durch Erhöhung der Schiffsgeschwindigkeit oder notfalls durch das Auslassen von Problemhäfen. Mit Hamburg nicht zufrieden Diese Maßnahme droht Hamburg wegen seiner Drehscheibenfunktion zwar nicht. "In 2014 waren wir allerdings nicht zufrieden mit der Abfertigung an den Hamburger Terminals", kritisiert Habben Jansen. Die Alternative Wilhelmshaven sei dennoch kein Thema. Man beobachte den Jade-Weser-Port, plane aber dort derzeit keine Anläufe. Von Royal Nedlloyd über Danzas/Dhl bis Maersk Erfahrener Manager Rolf Habben Jansen ist seit Juli 2014 Vorsitzender des Vorstandes der Hapag-Lloyd AG und somit Nachfolger des langjährigen CEO Michael Behrend. Habben Jansen wurde am 27. August 1966 in Spijkenisse bei Rotterdam geboren. Der Niederländer schloss 1991 sein Wirtschaftsstudium an der Erasmus-Universität in Rotterdam ab. Er begann seine Karriere im selben Jahr als Trainee bei der Reederei Royal Nedlloyd und hatte dort sowie beim Schweizer Logistikunternehmen Danzas verschiedene Positionen inne, bevor Danzas mit DHL fusionierte. 2001 war er dann bei DHL für die Kontraktlogistik für weite Teile von Europa zuständig, eher er dort ab 2006 als Head of Global Customer Solutions für die 100 wichtigsten Kunden wirkte. Von 2009 an leitete er als Chief Executive Officer fünf Jahre lang das weltweit tätige Logistikunternehmen Damco, das zum Maersk-Möller-Konzern gehört.Rolf Habben Jansen ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er spricht neben seiner Muttersprache fließend Deutsch und Englisch. Er gilt als offen und kommunikationsstark. Bekannt ist sein extrem schneller Arbeitsstil. hel

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