Sicherheit in Einfach

Im Terminal Schlutup der Lübecker Hafengesellschaft (LHG) wird Ladungssicherung großgeschrieben. Riesige Schautafeln in den Räumen der Papierlogistikhochburg zeigen in drei Sprachen, wie Papierrollen mit Zurrgurten, Antirutschmatten und anderen Sicherungen auf Lkw transportiert werden müssen. Die LHG und die regionale Dekra-Niederlassung, die die Tafeln entworfen haben, möchten möglichst jedes denkbare Szenario abbilden: Mal liegen die Rollen, mal stehen sie, mal werden sie zusammen mit weiteren Papierladungsträgern verladen. Klare Regeln in Richtlinie VDI 2700 "Wohl nur bei wenigen Transportgütern müssen so viele Regelungen beachtet werden wie bei Papier", sagt Martin Kugele, Ladungssicherungsexperte der Dekra. Allenfalls für Stahl existieren ähnlich detaillierte Arbeitsanweisungen laut VDI 2700 (siehe Kasten). Wohl 2020 oder 2021 müssen LHG und Dekra in Schlutup aber neue Tafeln aufhängen. Bis dahin will der VDI-Fachausschuss Ladungssicherung - in dem Berufsgenossenschaften, Bundeswehr, Fraunhofer-Institute, TÜV, Dekra, Polizei, Unternehmen und Logistikverbänden vertreten sind - nämlich neue Anweisungen für den Transport von Papierrollen formulieren. Beschichtete Böden setzen sich durch Auch bei Stahlprodukten haben seit der Fertigstellung von Blatt 19 im Jahr 2011 innovative Ladungssicherungen den Arbeits- und Produktschutz verbessert. Vor allem bei gemischten Ladungen erleichtern sie Fahrern und Lagermitarbeitern die Arbeit. "Weil sich beschichtete Fahrzeugböden immer mehr durchsetzen, werden rutschhemmende Matten zunehmend überflüssig", erklärt Kugele. "Für die Verzurrung von schweren Ladegütern gibt es anstelle von schweren Zurrketten Schwerlastzurrgurte mit 55 statt bislang 75 Millimetern Gurtbreite." Weil solche Neuheiten von der VDI 2700 noch nicht erfasst werden, muss die Eignung dieser Systeme stets im Einzelfall geprüft werden. Ein weiteres Beispiel: Der Stahlhändler Friedrich Kicherer im schwäbischen Ellwangen setzt vor allem für Teilladungen Auflieger mit besonders niedrigen Verdecken ein. "Für unsere Verteilerverkehre mit reduzierten Ladevolumina brauchen wir keine ganzen Curtainsider", erläutert Firmenchef Gunter Frick. Mehr Aufwand durch neue Aufbauten Gut möglich, dass auch in der Papierlogistik als Folge des überarbeiteten Blatts 9 neue Fahrzeuge eingesetzt werden müssen. Auch hier sind manche Aufbauten angepasst worden und verursachen einen höheren Ladungssicherungsaufwand. Weil deshalb auch der Zeitbedarf für Transporte wächst, haben manche Verlader dem Vernehmen nach bereits Mühe, Aufträge zu vergeben. Auch in diesem Punkt sollen neue Anweisungen Abhilfe schaffen. "Manche Hersteller, die dem VDI-Ausschuss angehören, haben bereits mit Testfahrten begonnen", verrät Thomas Sowa, Ladungssicherungsexperte des VDI. "Weil viele Optionen nicht durchgerechnet oder in Simulationen abgebildet werden können, müssen im Try-and-Error-Verfahren geprüft werden." Antirutschbalken statt Gummistreifen Da das Ergebnis der Testfahrten ungewiss ist, kann sich die Neuformulierung von Blatt 9 hinziehen. Die Stahllogistiker sind derweilen froh, dass sie mit Blatt 19 weiterarbeiten werden. Heute können sie viele Ladungssicherungen einfacher und schneller durchführen. Vor allem Kicherer hat mit Produktinnovationen für Impulse gesorgt. Am bekanntesten ist wohl der Antirutschbalken aus Gummi, den die Schwaben weiterentwickelt haben und der Holzbalken, Gummistreifen und Antirutschmatten vollständig ersetzt. Pro Tour sparen Fahrer eine Stunde Weil diese Lösung an die jeweilige Ladung angepasst werden kann, spart sie richtig Zeit. "Vor allem bei Teilladungen hat sich diese Technologie bewährt", so Petar Tanevski, Ladungssicherungsexperte der Spedition Dettendorfer. "Der Fahrer arbeitet rund 50 Prozent schneller und kann die Räume besser einteilen." Voraussetzung dafür sind allerdings Spezialauflieger mit festmontierten Antirutschbalken. Der Hersteller Schwarzmüller bietet solche Fahrzeuge zum stolzen Preis von 58.000 Euro. Für die Amortisation der Festkosten müssen Logistiker mindestens zwei Jahre einplanen. Mehr zum Thema im Dossier Ladungssicherung www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Für die Ladungssicherung von Papier- und Stahlprodukten gelten besondere Vorschriften. Weil sich die Technologien, aber auch die Anforderungen in den vergangenen Jahren gewandelt haben, will der VDI sie in den kommenden Jahren überarbeiten. Was das für die Praxis bedeutet. VDI 2700: Pflichtlektüre für Papier- und Stahllogistiker Papier und Stahl haben in der Richtlinie "VDI 2700", die die Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen regelt, einen besonderen Stellenwert. Für Papierlogistiker beschreibt Blatt 9 auf 30 Seiten, welche Hilfsmittel der Ladungssicherung zugelassen sind, welche Stau- und Sicherungsvarianten für stehende und liegende Papierrollen existieren und welche Regeln bei schmalen Ladungsträgern gelten. Für Stahllogistiker sind in Blatt 19 auf 40 Seiten die Anforderungen an Fahrzeuge und Zurrmittel nachzulesen und was bei den einzelnen Produkten zu beachten ist. Unterschieden wird dabei zwischen Stahlblech, Grobblech, gewickelten Stahlbändern und Formstahl. Weil die Papierhersteller aber immer größere Rollen produzieren und zunehmend Spezialprodukte herstellen, greifen viele Empfehlungen nicht mehr. Jetzt will der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) das Regelwerk von 2006 überarbeiten. bot