"Sicherheit geht vor"

Inwiefern spüren Sie die Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf Ihr Unternehmen? Zuerst haben sich die Folgen im China-Geschäft gezeigt, das Transportvolumen schrumpfte hier um einen zweistelligen Prozentwert. Inzwischen sind die Transportrouten in allen Geschäftsbereichen und in weiten Teilen der Welt beeinträchtigt. Das gilt auch für die Straßentransporte - vor allem in Südeuropa. Wie stark sind einzelne Geschäftsbereiche betroffen? Den höchsten Einfluss hat die Pandemie derzeit auf die Luftfracht, insbesondere vor dem Hintergrund des Einreisestopps in die USA. Denn der überwiegende Teil der Frachtkapazität nach Nordamerika wird über Passagiermaschinen abgedeckt. Diese stehen seit Freitag nicht mehr zur Verfügung und es gibt aktuell de facto keine alternativen Transportrouten. Am wenigsten Probleme bereitet das Coronavirus derzeit in der Kontraktlogistik. Aber es ist wohl auch nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das ändert. Die Situation in Italien verschärft sich stündlich. Wie macht sich das bei Ihren Transporten bemerkbar? Die Warenflüsse an den Grenzübergängen funktionieren derzeit relativ problemlos, wenn auch teilweise mit Wartezeiten. Wir haben aber zunehmend Schwierigkeiten, Lkw-Fahrer zu finden, die nach Italien fahren wollen. Auch manche Abholungen in dem Land bereiten Probleme, weil einige Fabriken dort nicht mehr produzieren oder kein Personal verfügbar ist, wenn wir Ware abholen wollen. Welche Schutzmaßnahmen haben Sie für Ihre Berufskraftfahrer ergriffen? Die Sicherheit unserer Mitarbeiter steht für uns an erster Stelle und wir wägen ab, welche Routen wir abhängig von der aktuellen Entwicklung aufrechterhalten. Darüber hinaus geben wir unseren Fahrern entsprechende Verhaltensschulungen, etwa zur Kommunikation mit dem Kunden oder wann sie aussteigen sollten und wann nicht. Außerdem stellen wir ihnen die notwendige Hygiene-Ausrüstung wie Masken oder Handschuhe zur Verfügung. Grundsätzlich raten wir, die persönliche Interaktion beim Kunden so kurz wie möglich zu halten. Alles, was der Fahrer nicht persönlich machen muss, sollte er besser am Telefon erledigen. Die Bundesregierung hat beschlossen, Unternehmen in der Krise zu unterstützen. Sind die Maßnahmen ausreichend? Den schnelleren Zugang zum Kurzarbeitergeld halte ich für einen richtigen Schritt. Insgesamt sind die Maßnahmen meiner Meinung nach allerdings nicht ausreichend, denn die Pandemie wird sich konjunkturell voraussichtlich noch das gesamte laufende Jahr über bemerkbar machen. Unser Betrieb läuft aktuell stabil, aber viele kleinere Firmen werden sicherlich Hilfe brauchen. Eine Möglichkeit wäre es dann, beispielsweise Steuerlasten zu senken oder Notfallkredite zur Verfügung zu stellen, um kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken zu können. Die Lage spitzt sich zu Das Coronavirus breitet sich aus und beeinflusst in der Transport- und Logistikbranche nach den Bereichen See- und Luftfracht zunehmend die Straßentransporte. Die österreichische Regierung führt Kontrollen an der Grenze zu Italien durch, die zu teils langen Staus führen. Die USA hat Einreisestopps für Europäer verhängt, sodass hier Kapazitäten in der Luftfracht wegfallen.Hinweis: Das Interview bezieht sich auf den Stand vom 13. März 2020. Das war ein Werktag vor Redaktionsschluss. Jochen Freese Globaler Chief Commercial Officer, Hellmann Worldwide Logistics