Magdeburg. Sie kommen im Dunkel der Nacht auf Autobahnraststätten, schlitzen LKW-Planen auf und suchen nach wertvoller Ladung: Planenschlitzer haben in Sachsen-Anhalt häufiger zugeschlagen als im vergangenen Jahr. In den ersten sechs Monaten seien 356 Fälle angezeigt worden, teilte das Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage in Magdeburg mit. Das war mehr als doppelt so oft wie im Vorjahreszeitraum.
Zwar nahmen die Täter nur in 71 Fällen auch tatsächlich geladene Waren mit. Dennoch entstand laut LKA ein Schaden von einer dreiviertel Million Euro. Allein die gestohlene Ware sei 690.000 Euro wert gewesen. Da die Ladung erst nach dem Planenschnitt erkennbar ist, brechen die Diebe oft ab, wenn sich die Ladung schlecht umladen lässt oder nicht wertvoll genug erscheint.
Vierköpfige Ermittlungsgruppe „Plane” im Einssatz
Besonders der Süden des Landes ist betroffen. Die Polizei versucht verstärkt, die Diebe zu vertreiben oder zu ertappen. Anfang des Jahres nahm im Süden die vierköpfige Ermittlungsgruppe „Plane” ihren Dienst auf. Sie bündelt die Fälle und vernetzt sich mit Beamten der Nachbarbundesländer. „Die einzelnen Straftaten werden gemeinsam ausgewertet, um mögliche Muster beim Vorgehen zu erkennen”, erläuterte LKA-Sprecher Andreas von Koß.
Doch die meist als Banden organisierten Täter sind schwer berechenbar, auch weil sie bundesweit Parkplätze heimsuchen. „Es lassen sich keine festen Monate, Wochentage oder Uhrzeiten ausmachen”, sagte von Koß. Vielmehr gebe es immer wieder Wellen, in denen sich die Fälle häuften oder abflauten.
Wie bei Diebstählen allgemein sei auch bei Planenschlitzern die Aufklärungsquote eher gering. Hinzu komme eine hohe Dunkelziffer. Gerade Fälle, in denen Täter die LKW-Planen zwar aufschlitzten, aber nichts mitnähmen, zeigten die Speditionen nicht immer an. „Oder die Schnitte werden erst viel später bemerkt und es ist unklar, wo die Planenschlitzer zugeschlagen haben”, so der Sprecher.
Mehrere Autobahnen betroffen
Neben der Autobahn 38 sind den Angaben zufolge vor allem die A 9 und die A 14 von den Streifzügen der Ladungsdiebe betroffen. „Besonders dreist ist, dass die Diebstahlshandlungen begangen werden, während die Fahrer in der Zugmaschine schlafen”, sagt Polizeisprecherin Ulrike Diener in Halle. Kaum etwas sei vor den nächtlichen Dieben sicher. Baumaterial, Textilien, Computertechnik, Werkzeug, Getränke und Tabak, Reifen bis hin zu Drogerieartikeln seien schon gestohlen worden. Hauptkriterien: Das Gut muss gut zu transportieren und leicht weiterzuverkaufen sein.
Daher schwankt der Wert der Beute stark: Zuletzt nahmen Ladungsdiebe an einer Raststätte im Süden etwa 132 Kartons mit Sportschuhen im Wert von fast 40.000 Euro mit, wie die Polizei in Halle mitteilte. Im Februar hatten es Diebe am Parkplatz „Petersberg” an der A 14 bei Halle demnach auf 150 Kartons mit Spirituosen im Wert von 12.000 Euro abgesehen, einen Tag später wurden am Parkplatz „Helmetal” (Kreis Mansfeld-Südharz) 200 Kilo Zigaretten entwendet.
Doch auch die anderen Regionen des Landes sind betroffen: Ende April luden Planenschlitzer nahe Sandersdorf-Brehna (Kreis Anhalt-Bitterfeld) Spielzeug und Haushaltswaren für 5200 Euro aus einem Sattelauflieger, wie die Polizei in Dessau-Roßlau mitteilte. An einer Raststätte bei Könnern wurden im März mehrere Pakete Waschmittel erbeutet. Wert: 1000 Euro.
Die Polizei versucht mit nächtlichen Stippvisiten und Streifenfahrten von uniformierten und zivilen Beamten gegen die Planenschlitzer vorzugehen. Zudem werden die Lastwagenfahrer informiert, wie sie ihre Ladung besser sichern können.
Hin und wieder klicken auch die Handschellen. So konnte Anfang des Jahres ein 43 Jahre alter Tatverdächtiger an der A 38 bei Weißenfels mit einem Kleintransporter voller Diebesgut festgenommen werden. Das Landgericht Magdeburg verurteilte im April eine fünfköpfige geständige Diebesbande zu Bewährungsstrafen von sieben bis zwölf Monaten. (dpa)