Wilhelmshaven. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil lässt keine Zweifel an der Notwendigkeit für einen Ausbau des bisher enttäuschenden Tiefwasserhafens JadeWeserPort. „Irgendwann werden wir über einen zweiten Abschnitt nachdenken müssen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einem Besuch des Milliardenprojektes in Wilhelmshaven. Derzeit lässt das Land die Erweiterung des Hafens mit einer Machbarkeitsstudie prüfen. Doch die Pläne für einen zweiten Abschnitt fallen in eine Ist-Situation, in der der Tiefwasserhafen bisher vor allem mit Rückschlägen auffiel.
„Die strategische Bedeutung des Hafens wird noch deutlich werden“, betonte Weil. Er glaube fest an den langfristigen Erfolg. Moderne Containerschiffe mit mehr Tiefgang benötigten einen Tiefwasserhafen - den der große Hafen-Konkurrent Hamburg nicht bieten kann. Deshalb sei der JWP ein „Top-Thema“ für die Regierung in Hannover, sagte Weil zur Lage des gemeinsam mit dem Land Bremen umgesetzten Projektes.
Seetransportvolumen steigt
Studien stützen das Bild: Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut und die Berenberg Bank errechneten, dass das Seetransportvolumen von 2005 bis 2030 um etwa 125 Prozent zunehmen dürfte. Noch weit stärker dürften dabei auf Containerriesen spezialisierte Häfen profitieren.
Doch bisher liegt der JWP weit hinter seinem Plan. 2013, im ersten vollen Betriebsjahr, schaffte er nur ein Zehntel seines Ziels. Auch 2014 waren noch keine drei Prozent seiner Maximalauslastung erreicht. Auf der niedrigen Basis gibt es jüngst jedoch Grund zur Hoffnung: Der am JWP federführende Containerumschlagskonzern Eurogate zählte im ersten Quartal 2015 immerhin 56 000 Standardcontainer (TEU) - fast schon so viel wie die gesamte Jahresmenge 2013 und 2014.
Größe liegt im Trend
Hauptgrund der Probleme: Das Prestigeprojekt, das die Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen 650 Millionen Euro kostete, steuerte während seines Baus in die globale Wirtschaftskrise, von der sich die Branche bis heute nicht erholt hat. Langfristig aber heißt der Trend in der globalen Seelogistik: Größe. Immer mehr Schiffe mit knapp 20.000 TEU und sogar mehr kommen in Fahrt. Eurogate rechnet damit, dass in allen Fernost-Europa-Diensten in fünf Jahren nur noch Schiffe mit riesigen Transportplätzen zum Einsatz kommen, da sie wirtschaftlicher sind.
Zuversichtlich hatte sich Weil auch Ende 2014 gezeigt, als er bei der Hafenwirtschaft in China dafür warb, den JWP als eine Alternative zu Hamburg zu nutzen. Der große deutsche JWP-Konkurrent hat sichtbare Engpässe, da er im Inland liegt. Der dagegen von Flut und Ebbe unabhängige JWP wirbt damit, einen Hafenaufenthalt im Vergleich zum Wettbewerber Hamburg um gut die Hälfte zu verkürzen - bei einer vergleichbaren Anbindung des Hinterlandes wäre das ein Trumpf. Zumal erst vor wenigen Tagen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hohe Hürden für einen weiteren Ausbau der Elbe aufstellte.
Doch Wunsch und Realität liegen weit auseinander. Eurogate machte mit seiner JWP-Tochterfirma 2012 und 2013 zusammen fast 70 Millionen Euro Verlust. Auch 2014 und 2015 sollen noch mit Fehlbeträgen enden.
Das Land selber kennt am JWP ebenfalls rote Zahlen: Die Firma, die im Auftrag von Niedersachsen und Bremen das Tagesgeschäft am JWP führt, schrieb 2013 und 2014 ebenso Fehlbeträge wie die 100-prozentige Landestochter für die Vermarktung und das Management der Industrie- und Logistikflächen am JWP. Allerdings finanzieren sich Häfen „in der Regel nicht selber, dieses trifft wie für alle Hafenstandorte auch für den JadeWeserPort zu“, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Es rechnet damit, dass der JWP 2015 im zweistelligen Prozentbereich ausgelastet wird und „kurz- bis mittelfristig“ bei gut der Hälfte.
Die Machbarkeitsstudie zum JWP-Ausbau soll dieses Jahr vorliegen. Ihre neun Teilabschnitte behandeln zum Beispiel eine Bedarfsanalyse, die Infrastruktur, den Umweltschutz oder nautische Aspekte.
Nordfrost will Aktivitäten verdoppeln
Einen weiteren Lichtblick gab es pünktlich zum Weil-Besuch: Der Tiefkühllogistiker Nordfrost will seine Aktivitäten am JWP nahezu verdoppeln, sagte Firmenchef Holger Bartels dem „Weser-Kurier“. (dpa)