Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin hat den russischen Zoll angewiesen, die im September drastisch verstärkten Kontrollen an der russisch-litauischen Grenze wieder zu normalisieren. Dies könnte ein Signal sein, dass Russland einen heftigen Transport- und Handelsstreit mit Litauen nicht noch weiter eskalieren möchte.
Der russische Zoll hatte an der Grenze zwischen Litauen und der russische Exklave Kaliningrad vor etwa einem Monat damit begonnen, sämtliche Transporte mit in Litauen zugelassenen Fahrzeugen penibel zu überprüfen. Die Folge waren kilometerlange LKW-Staus und Verluste in Höhe mehrerer Millionen Euro für das litauische Logistikgewerbe.
Später wurden derartige Maßnahmen auch auf Personenwagen und Transporte ausgeweitet, die von Litauern über Drittstaaten abgewickelt und erst im russischen Binnenland verzollt wurden. Wie die Zeitung „Kommersant“ berichtete, mussten die Fahrzeuge zur Überprüfung komplett abgeladen werden, von Lebensmittel-Importen wurden prinzipiell Proben genommen. Litauen beklagte sich daraufhin offiziell bei der EU-Kommission über die Diskriminierung seiner Spediteure durch Russland. Auch kündigte die Regierung in Vilnius an, sie könne den russischen Personen- und Gütertransitverkehr ins Gebiet Kaliningrad blockieren, sollte Russland nicht aufhören, „seine Nachbarn unter Druck zu setzen“.
Russland reagiert auf „politische Drohung“
Derartige Aussagen wurden wiederum in Moskaus politischen Kreisen als unangemessene Drohung interpretiert. In der Folge verhängte die russische Sanitätsbehörde Anfang Oktober ein Importverbot von litauischen Milchprodukten. Begründet worden waren die verstärkten Kontrollen von russischer Seite mit einer festgestellten Häufung von Zollverstößen durch litauische Exporteure und Transporteure. Inzwischen habe sich die Zahl der Regelwidrigkeiten wieder normalisiert, teilte die Agentur Itar-Tass als Begründung der seit dem 10. Oktober geltenden Rücknahme der Maßnahme mit. Allerdings hatte es zwischenzeitlich in Kaliningrad Proteste gegen die Zollkontrollpraxis gegeben, da sie die Funktionsfähigkeit zahlreicher Betriebe in der Region bedrohten. Die Grenzstaus behinderten auch die eigenen Transporteure beträchtlich.
Nach Ansicht politischer Beobachter steht hinter dem Transport- und Handelsstreit mit Litauen ein politisches Tauziehen um die Machtverhältnisse in Osteuropa: Der kleine baltische Staat hat gegenwärtig die Ratspräsidentschaft in der EU inne und wird im November einen Gipfel der „Östlichen Partnerschaft“ ausrichten. Dabei soll mit den Ex-Sowjetrepubliken Ukraine, Moldawien und Georgien die Einrichtung einer Freihandelszone vereinbart werden. (ld)