Darmstadt. Hauptfeldwebel Ulrich Seidler kann sich noch gut daran erinnern, wie sehr er sich bei seinen Auslandseinsätzen in Afghanistan über Post aus der Heimat gefreut hat. "Die Briefe habe ich aufgehoben", erzählt der 49-Jährige. "Mittlerweile habe ich eine Riesenkiste. Das Verhältnis zu meinen Kindern hat sich durch das Schreiben gefestigt." Bei Kameraden, die Briefe bekamen, "sah ich immer ein Leuchten in den Augen".
Seidler ist im Zivilberuf Briefträger in Koblenz. In der Feldpostleitstelle Darmstadt der Bundeswehr absolviert er derzeit wie seine Kollegen einen Dienst als Reservist. Die Leitstelle hat ihren Sitz in der Major-Karl-Plagge-Kaserne in Pfungstadt und ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt für Briefe, Postkarten, Päckchen und Pakete an Bundeswehrsoldaten im Ausland - und umgekehrt. Während woanders Briefe nach Straßen sortiert werden, tragen hier die Zustellfächer die Namen der Kompanien.
In den Tagen vor Weihnachten herrscht Hochkonjunktur. Im Dezember werden hier rund 100.000 Briefe und 20.000 Pakete bearbeitet. An Spitzentagen vor Weihnachten sind es schon mal 2000 Pakete - 150 Prozent mehr als zu normalen Zeiten. Das Personal der Post - sie ist der Bundeswehr unterstellt - wird auf knapp 20 Mitarbeiter fast verdoppelt. Auch die Feldjäger müssen die Ärmel hochkrempeln. Sie sind für die Sicherheit verantwortlich. Ohne Pause legen sie Päckchen und Pakete auf das Laufband, damit sie vom Röntgengerät durchleuchtet werden. "Zwei- bis dreimal die Woche kommt auch noch ein Sprengstoffhund", erklärt Seidler.
Aufs Jahr gerechnet wird in der 250 Quadratmeter großen Halle mit der postalischen Anschrift "64298 Darmstadt" so viel Post umgeschlagen wie in der 65.000 Einwohner großen Stadt Fulda: fast 922.000 Briefe und 270.000 Pakete und Päckchen. In der Regel sind sie nach drei bis fünf Tagen in Bosnien und im Kosovo. Nach Afghanistan dauert es mit drei bis sieben Tage etwas länger.
Was ist in den Päckchen drin? Postgeheimnis, sagt Seidler, berichtet aber aus eigener Erfahrung: "Was das Herz begehrt. Fotos vom Nachwuchs aus der Heimat, Wurst, andere Leckereien, Kinderzeichnungen." Oberstleutnant Gunter Gabler ergänzt: "Wenn einem die Kinder etwas Persönliches schicken, kommt das besonders gut an."
Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen Briefe. Moderne Kommunaktionstechniken wie Handy, SMS oder E-Mail versagen oft, weil es fern der Heimat an den Netzen fehlt. "Eine Postkarte oder einen Brief kann ich zudem griffbereit in der Hosentasche tragen und immer wieder lesen", beschreibt Seidler den Vorteil. Geschrieben wird natürlich auch nach Hause. "Im Einsatz lernen die Soldaten wieder das Schreiben." Das sei manchem Brief anzumerken, wo auf dem Couvert auch schon mal der Platz für die Adresse mit dem für den Absender verwechselt werde. "Manche kennen halt nur Computer und SMS." (dpa)