Planen statt bestrafen

Was halten Sie von der Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer noch 2019 plant? Ich finde, dass wir in Deutschland insgesamt eine große Reform der StVO bräuchten. Der Gesetzgeber schiebt immer wieder etwas nach, wenn neue Risiken oder Technologien auf den Straßen hinzukommen. Und das widerspricht dann an anderer Stelle bereits geltenden Regeln. Nun plant er Verbesserungen für Radfahrer. Der Individualverkehr im Pkw und der Güterverkehr im Lkw sollen weiter eingeschränkt und härter bestraft werden. Scheuer geht dabei mitunter falsche Wege. Welche Änderungen sind nötig und sinnvoll? Einige der geplanten Änderungen sind aus meiner Sicht nicht durchdacht. Zum Beispiel die Neuregelung, wonach Kraftfahrzeuge innerorts einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten sollen, wenn sie Fahrräder überholen. Ich kenne in meiner Heimatstadt Hamburg etliche Straßen, wo das unmöglich ist. Pkw- und Lkw-Fahrer werden auch andernorts ausgebremst, weil es zu eng zum Überholen ist. Ich finde es nicht in Ordnung, dass sich Kraftfahrzeuge und Fahrräder zunehmend Straßen teilen sollen. Warum bereitet Ihnen das Sorgen? In Hamburg sind an der Alster zum Beispiel breit ausgebaute Radwege zu Fußgängerwegen umfunktioniert worden. Die Fahrräder sind auf die parallel dazu verlaufende Straße verlegt worden. Solche Maßnahmen erschweren vielerorts den motorisierten Verkehr. Sie sorgen für eine immer aggressivere Stimmung und weniger Sicherheit auf den Straßen - gerade für Radfahrer. Was sollte die Politik aus Ihrer Sicht ändern? Länder, Kreise und Kommunen sollen Radwege zumindest einmal nicht schließen. Ich habe den Eindruck, dass Radfahrer von der Politik als Barriere für Pkw- und Lkw-Fahrer genutzt werden, um künftig weitere Kraftfahrzeuge aus Städten zu verbannen. Damit alle Beteiligten dennoch Rücksicht nehmen, will Scheuer härtere Strafen. Der Verkehrsminister kriminalisiert Pkw- und Lkw-Fahrer. Künftig drohen Bußgeld und Punkte für Verkehrssituationen, die sie immer schwieriger umgehen können. Das betrifft nicht nur das besagte Überholverbot, sondern auch unerlaubtes Parken in zweiter Reihe, auf Geh- und Radwegen sowie das Halten auf Schutzstreifen. Für Fahrer von Pakettransportern und Verteiler-Lkw wird es in den Städten obendrein schwieriger, ihre Arbeit zu erledigen. Dies verkompliziert und verteuert wiederum das Geschäft der Güterverkehrsunternehmen. Deshalb finde ich es sinnvoll, auch den Vorschlag des Branchenverbandes BIEK umzusetzen und in der StVO ein Verkehrszeichen für Ladezonen einzuführen - verbunden mit einem eingeschränkten Halteverbot für andere Verkehrsteilnehmer. Gibt es auch Vorhaben in der geplanten StVO-Novelle, die Sie für richtig erachten? Strengeres Durchgreifen bei unerlaubtem Fahren durch eine Rettungsgasse und ein Abschaltverbot für Notbremsassistenten in Lkw sind absolut sinnvoll. Prinzipiell denke ich, dass härtere Strafen nicht immer die Lösung für alle Probleme im Verkehr sind. Eine bessere Verkehrsplanung und -erziehung können auch viel bewirken. StVO-Novelle geplant Rücksichtslose Verkehrssünder müssen sich auf härtere Strafen gefasst machen - etwa fürs Versperren von Rettungsgassen oder Behinderungen von Radfahrern. Das sehen Pläne für eine Reform der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vor, die Bundesminister Andreas Scheuer Mitte August vorgestellt hat. Während sie viele Verbesserungen für Fahrradfahrer vorsieht, müssen Fahrer im Güterverkehr sich auf mehr Verbote einstellen. Die Neuregelungen sollen noch im Jahr 2019 in Kraft treten. Daniela Mielchen von der Kanzlei Mielchen & Coll. in Hamburg ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verkehrsrecht sowie Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein

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