Paris. Die Pariser Stadtverwaltung sieht durch den superschnellen Lieferservice „Prime Now“ des US-Internethändlers Amazon den stationären Nachbarschaftshandel gefährdet. Er sei geeignet, „das kommerzielle Gleichgewicht“ in der Stadt „schwer zu destabilisieren“, ließ sie in einer Pressemitteilung verlauten. Darin beklagt die Stadt ferner, erst wenige Tage vor dem Start des Programms darüber informiert worden zu sein. Sie kündigte gegenüber Amazon in mehrfacher Hinsicht „Unnachgiebigkeit“ an. Dies betreffe außer dem Schutz des erwähnten Einzelhandels auch die Lebensqualität der Anwohner angesichts der praktizierten Citylogistik und der Lieferfahrzeuge sowie die durch diese verursachte Luftverschmutzung. Paris geht jedoch noch weiter und nimmt in der Stellungnahme auch die Personalpolitik des Unternehmens aufs Korn. Im staatlichen Rundfunksender France Info bezeichnete die im Rathaus für Handwerk, freie Berufe und Selbständige zuständige Olivia Polski „Prime Now“ als „eine Form von unlauterem Wettbewerb“ gegenüber dem Nachbarschaftshandel.
18.000 Nonfood-Artikel
Nach den USA, England, Deutschland und Italien praktiziert Amazon dieses Konzept seit Mitte Juni auch in der französischen Hauptstadt. Die Kunden im Stadtgebiet ebenso wie in den umliegenden Randgebieten werden binnen einer Stunde mit allen Arten von Produkten beliefert, Lebensmittel inklusive. Dies erfolgt von einem Lager, das Amazon im 18. Arrondissement im Norden der Stadt eingerichtet hat. Außer 18.000 Nonfood-Artikeln sind auch 4000 Nahrungsmittel im Programm, darunter frisches Obst und Gemüse vom Pariser Großmarkt Rungis sowie Tiefkühlkost. Den Service nutzen kann nur, wer zuvor ein entsprechendes Abonnement unterzeichnet hat, und wer die Waren eine Stunde nach Bestellung geliefert bekommen will, muss dafür zusätzlich 5,90 Euro entrichten. Räumt er jedoch eine Zeitspanne von zwei Stunden ein, erfolgt die Lieferung gratis.
Die Stadt Paris kündigte ferner an, sie werde das Parlament bitten, entsprechende gesetzliche Sicherungen gegen „deloyalen Wettbewerb“ zu Lasten von Handel und Handwerk einzurichten. Ferner verlangt sie, dass die Genehmigungsauflagen für Handelsflächen und Supermärkte sich auch auf solche Einrichtungen erstrecken sollen, wie sie von Amazon im 18. Bezirk der Stadt eröffnet worden ist. Die Vergabe der Genehmigungen erfolgt durch die Bürgermeister des Landes. (jb)