"P" wie "Präzision"

Palfinger bezeichnet sich mittlerweile als Technologieführer bei hydraulischen Systemen und legt größten Wert auf Prozesstechnik. Nach eigenen Angaben ist man weltweit Marktführer bei Knickarm-, Forst- und Recyclingkranen sowie bei Containerwechselsystemen. Auch bei Marine- und Windkraftkranen sowie Eisenbahnsystemlösungen sieht sich Palfinger als Marktführer. Woher der Erfolg kommt, erklärt ein Besuch des größten Kranwerks in Lengau. Dort entstehen alle Knickarme und Ausschubrohre der Krane, wenn auch nicht alle Baugrößen: In zwei Endmontagen laufen die 11- bis 34-Metertonnen-Versionen vom Band, nebenan die Krane von 34 bis 78 Metertonnen, während die Großkrane von 80 bis 200 Metertonnen in Köstendorf montiert werden. Insgesamt fertigt Palfinger über 16.000 Einheiten pro Jahr inklusive der Forst-, Recycling- und Marinekrane. Da kommt man nicht mehr ohne Instandhaltung und Vormontagegruppen aus: Erstere vermeidet einen Stillstand der Fertigung, Letztere optimieren diese, bevor neue Produkte in Serie gehen. Auch die Arbeitsplätze werden laufend verbessert, nachdem man feststellte, dass allein das Suchen von Werkzeugen oder Teilen bis zu ein Achtel der Arbeitszeit kosten kann. Entsprechend übertrug man die Werkzeuglieferung und -revision den Staplerfahrern und der Werkzeuginstandhaltung. Ein rollierendes System, farblich pro Arbeitstag gekennzeichnet, findet sich auf den Abstellflächen und Auftragszetteln wieder. Palfinger nennt es etwas sperrig "rücksprachefreies Produktionstransportübergabesystem". So weiß jeder sofort, wo was geparkt werden muss. Verschiebbare Wagen unterbinden zudem den Staplerverkehr. Saubere Arbeit liefern auch die vier Lasercutter, die mit 5 Kilowatt 3,3 Meter pro Minute schneiden und die Nacharbeit an den Einzelteilen auf fast Null reduzierten. Kern der Fertigung: der Stahlbau Das Herzstück der Fertigung ist der Stahlbau. Hier entstehen die Profile der Knick- und Ausschubarme für über 100 Modelle, von denen es je noch 30 bis 50 Varianten (inklusive Grundfarben) gibt. Da kann der erste Ausschub eines 34-Metertonnenkrans die gleichen Maße haben wie der vierte Ausschub der 50-Metertonnenversion - doch beide entstehen in anderen Stahlgüten. Die und deren Verarbeitung und Einsatz sind laut Werksführer Manfred Schnitzhofer die wahre Kunst des Kranbaus. Darum tüftelt man mit den Stahlherstellern auch immer an neuen Stahlsorten. Neun verschiedene Stahlgüten kommen zum Einsatz, die automatisch gefördert und gebogen werden - auf einer Anlage, die Daimler Sindelfingen für Palfinger entwickelte. Die Biegemaschinen arbeiten "selbstlernend": Jeder Drückvorgang wird separat eingelesen und verarbeitet, denn in der Praxis ist jede Blechtafel anders - selbst, wenn sie aus derselben Charge desselben Herstellers stammt. Entsprechend lassen sich elektronisch kleinste Differenzwerte bezüglich Toleranzgrenzen und Rückfederverhalten ermitteln und in die Berechnung einbeziehen. Entsprechend sind auch die Faserrichtungen vorgeschrieben und jeder Stahlhersteller verpflichtet, sich die Tafeln nie gegen die Faserrichtung zu schneiden. Geschweißt werden die neuen Profile im Laser-Hybrid respektive Laser-Kaltdraht-Verfahren, das viel weniger Wärmeeintrag und schmalere Schweißnähte bedingt. Die neuen, komplexer geformten Ausschübe können so leichter und trotzdem stabiler gefertigt werden und weisen praktisch keinen Schweißverzug auf. Das erleichtert die Fertigung und reduziert auch Kulanz-, Wartungs- und Garantiekosten. Dass der Aufwand Früchte trägt, beweist die Garantiequote der noch jungen SH-Serie, die dort auf 0,9 Prozent sank."Das ist praktisch Nichts!", freut sich der Marketing-Verantwortliche Franz Ebner. Anschließend werden die Oberflächen gestrahlt und in 21 Schritten beschichtet. Dazu laufen die Teile durch 14 Niedertemperatur-KTL-Bäder. Das bedeutet acht bis zwölf Stunden Durchlaufzeit, kommt aber der Qualität zugute. Die Hydraulikzylinder werden parallel zusammengebaut und beschichtet. Gleich daneben findet der Rohrleitungsbau statt, den man wieder ins Haus holte. Den Job der Biegeautomaten kontrolliert ein kamerabasiertes 3D-System, das die Referenzleitung als Basis nutzt. Dann folgt die Montage. Am Ende laufen die vormontierten Gestelle samt Säulen und der Hauptarm auf einem Hauptband zusammen. Die Krane zwischen 34 und 78 Metertonnen werden auf Einzelbauplätzen in der Nachbarhalle montiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern erhält bei Palfinger jeder Kran einen eigenen Schaltplan. Entsprechend sind mittlerweile 400 Pläne hinterlegt, die in der Doku komplett mitgeschickt werden. Bei der Verkabelung wird auch die Software aufgespielt. Auch das Gesamtbild zählt Danach folgen Endkontrolle und Feinjustierung unter Last: Jetzt wird der Kran erstmals bewegt. Jeder Kran muss die Einstell- und Prüfhalle durchlaufen, dann geht es auf den Sammelplatz: Jetzt hat der Kunde drei Tage Zeit, um zu entscheiden, auf welche Art der Kran zugestellt werden soll. In diesem Zeitraum ist theoretisch eine Nachprüfung oder -justierung der Qualitätssicherung möglich, was in Zyklen auch stattfindet. Außerdem fungiert Palfinger mittlerweile als Aufbauhersteller und muss sich mit Lastpunkten oder Aufbauten auseinandersetzen. Kran und Lkw-Chassis werden prinzipiell nicht mehr verschweißt. Dafür wird neben Technikern ein Industriedesigner beschäftigt, der das optische Gesamtbild verantwortet. "Die Kunden wissen genau, was sie wo warum brauchen", erklärt Aufbau-Chef Gernot Pichorner und freut sich, so auch dazuzulernen. Außerdem verkürzt das die Durchlaufzeit. Der Kunde erhält am Ende einen kompletten Datensatz und hat nur noch einen Ansprechpartner - der für seine Produkte keinen unerheblichen Aufwand treibt! Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Ladekrane www.verkehrsrundschau.de/dossiers (Fast) klinisch rein: Das Kontrolllabor Alles kann kontrolliert werden In einem großen Labor ermittelt Palfinger neben Stahlgüten Verschmutzungsgrade von Ölen, Lackverwitterung durch UV-Licht oder die Kontaktkorrosion verschiedener Metalle. Mittlerweile prüft man auch die Strahlenbelastung der Stähle, die laut Werksführer Manfred Schnitzhofer durch das Recycling alter Stähle aus verschiedensten Branchen zum ernsten Problem geworden sei. "Härtemappings", bei denen der Stahl spiegelblank poliert wird und dann auf einem Quadratzentimeter mit über 1000 Lasermesspunkten "beschossen" wird, sind vor allem an den Schweißnähten wichtig. Handschweißungen unterscheiden sich laut Schnitzhofer nicht von Roboternähten: Zum Beweis legt er ein Schnittmuster eines Kniehebelsystems vor, in dem 18 Lagen ohne Anbindefehler übereinandergelegt wurden. Auch die Zahnkränze werden permanent auf ihre Härte überprüft. Kurios: Es gibt sogar eine Abzugsprüfung für Sicherheits-Aufkleber. gs

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