Nur Mut!

Den 14. November 2018 wird Imke Ahrens nicht vergessen (siehe Kasten Seite 19). Da stellte die Geschäftsführerin für 17111 Transit Transport & Logistik in Osterrönfeld Antrag auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung. Heute, gut zehn Monate später, ist die Spedition 17111 gerettet und startet neu durch. Möglich gemacht haben dies Ahrens und ihr Kollege Jens Fuchs. Beide haben sich im Zuge einer übertragenden Sanierung mit jeweils 50 Prozent an der neu gegründeten 17111 Logistik GmbH beteiligt. Wo andere vielleicht hingeschmissen hätten, sind sie nach vorne. Ein Beispiel, das Mut macht. Ortswechsel. In Ulm ansässig zu sein und sich als mittelständische Spedition im Stückgutgeschäft zu behaupten, ist beinhart. Denn in dieser Region tummeln sich viele namhafte Speditions- und Logistikgrößen, die in dem wirtschaftsstarken Süddeutschland für sich wichtige Wachstumspotenziale sehen. Stefan Noerpel-Schneider, geschäftsführender Gesellschafter der Noerpel-Gruppe, gelang es trotzdem, sein Unternehmen zur echten Branchengröße zu entwickeln (siehe Kasten Seite 19). Von knapp 50 Millionen Euro in 1998 verzehnfachte sich dank geschickter Zukäufe unter seiner Ägide der Umsatz und wächst in diesem Jahr auf über 500 Millionen Euro mit mehr als 2700 Mitarbeitern. Ein Wachstumskurs, der Mut erfordert - zumal jeder Zukauf auch mit finanziellen Risiken behaftet ist. Trotzdem sagt er von sich selbst: "Als mutig würde ich mich nicht bezeichnen. Jedes Risiko, das ich eingehe, sichere ich vorher gründlich ab." Mut macht sein Beispiel dennoch. Erfolg hat, wer vorwärtsgeht Auch Stefan Eisenhofer hat viel riskiert, aber dennoch den Sprung ins kalte Wasser gewagt - und so gewonnen (siehe Kasten Seite 20). Mit 23 Jahren, nur drei Jahre nach seiner Ausbildung zum Speditionskaufmann, machte er sich selbstständig und gründete seine eigene Spedition. Er startete vom Elternhaus in Wertingen aus. Heute beschäftigt er 75 Mitarbeiter, davon 60 Fahrer, und macht zehn Millionen Euro Umsatz. Was ihn antreibt? "Die Spedition ist meine Berufung", sagt er. Das habe er bereits mit 13 Jahren gewusst. Drei Unternehmer - mit gänzlich unterschiedlichen Herausforderungen. Die zeigen, dass es im Dasein eines Unternehmers immer Herausforderungen gibt: ob eine finanzielle Schieflage, massiver Wettbewerb, das Risiko einer Firmen-Neugründung oder auch der Sprung in eine neue Nische. Gar nicht zu reden von den Herausforderungen, die sich hierzulande aktuell am Horizont zusammenbrauen: die Konjunkturflaute, das Brexit-Debakel oder auch die Digitalisierung. Alles das drückt und lässt etliche Unternehmer verzagen. "Den Kopf in den Sand zu stecken bringt da aber nichts", betont Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik (BVL) in Bremen. Das Gebot der Stunde heißt vielmehr ,mutig machen', gemäß dem Motto des Deutschen Logistik-Kongresses, den die BVL jetzt im Oktober veranstaltet. "Natürlich wollen wir als BVL damit die Unternehmen mutig machen. "Mutig machen heißt aber auch", erklärt er, sich gegenseitig zu ermuntern, "selbst in schwierigen Zeiten große Themen konsequent anzupacken und gemeinsam zu lösen." Es gelte, "den inneren Schweinehund zu überwinden und trotz aller Untergangsszenarien frohgemut nach vorne zu blicken und mutig voranzuschreiten", appelliert Wimmer. Und dafür müsse man auch die Mitarbeiter ins Boot holen - über entsprechende Freiräume, die dafür nötige Fehlerkultur und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. "Alles das kann viel bewegen und eine Firma voranbringen." Und was gibt Bernhard Simon, Chef des Logistikdienstleisters Dachser jetzt Mut, die richtigen Entscheidungen zu treffen? "Der Mut kommt daraus, die richtigen Dinge zu erkennen und die richtigen Dinge in den richtigen Schrittlängen zu tun. Keine Übertreibungen zu tun, keinen Hypes hinterherzulaufen", sagt er. "Mitnichten kann ich aber alle Entscheidungen selbst treffen." Er reise daher sehr viel und spreche wohl jedes Jahr weltweit mit über 2000 Mitarbeitern. "Ich bin immer wieder überrascht, welche guten Ideen diese haben, aber auch wie kritisch sie bestimmte Dinge bewerten." Klar koste das Energie, sagt Simon: "Ein Unternehmen wie Dachser kann man aber nur steuern, wenn man von seinen Mitarbeitern dieses Quäntchen Energie zurückbekommt und es nicht als Last, sondern als große Freude empfindet, mit diesen gemeinsam etwas nach vorne zu entwickeln." Mehr zum Thema im Dossier "Unternehmensführung" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Es gibt im Moment genügend Gründe, derzeit verzagt zu sein. Andererseits gibt es viele gute Beispiele, die zeigen, dass sich Mut immer auszahlen kann. Welche Transport- und Speditionschefs Mut machen, was ihnen dabei persönlich hilft und wie man Mut auch lernen kann, zeigt der Beitrag. Imke Ahrens und Jens Fuchs retteten die Spedition 17111 aus der Krise Im November 2019 sah es für die mittelständische Speditions- und Logistikfirma 17111 Transit Transport & Logistik in Osterrönfeld bei Rendsburg nicht gut aus. Es half aber alles nichts. Geschäftsführerin Imke Ahrens musste die Reißleine ziehen und stellte am 14. November 2019 für das Unternehmen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung, auch weil die Belastungen durch die betriebliche Altersvorsorge für die Spedition zu hoch wurden. "Dieser Schritt war sehr bedeutsam für 17111. Er musste aber getan werden, um die Zukunftsfähigkeit von 17111 zu sichern", erzählt Ahrens. "Für unsere Mitarbeiter war es trotzdem erst mal ein Schock", erinnert sich ihr Geschäftsführer-Kollege Jens Fuchs. Geholfen habe da nur eines: die offene Kommunikation mit allen Beteiligten, auch wenn es zuweilen wehtat.Trennung von GeschäftsfeldernAm 26. September, zehn Monate später, kann Geschäftsführerin Ahrens grünes Licht geben: "Die Spedition 17111 ist gerettet. Wir starten neu durch", erklärt sie. Dafür hat sie, gemeinsam mit ihrem Kollegen Jens Fuchs, im Zuge einer übertragenden Sanierung mit jeweils 50 Prozent an der neu gegründeten 17111 Logistik GmbH übernommen. Beide führen nun als geschäftsführende Gesellschafter das Unternehmen gemeinsam weiter. Einziger Wermutstropfen: Von den ursprünglich 150 Mitarbeitern und 33 Azubis sind heute noch 81 Mitarbeiter und 22 Azubis an Bord. Auch von bestimmten Geschäftsfeldern wie Nachtexpress trennte sich 17111 und schied damit als langjähriger Gesellschafter bei Night Star aus.Mitarbeiter stärkten der Geschäftsführung den RückenWas Ahrens und Fuchs in dieser Zeit aber ermutigt hat, betonen beide, war, wie schnell sich ihre Mitarbeiter auf die Situation eingestellt hätten."Das hat uns sehr den Rücken gestärkt", sagt Ahrens."Denn um eine solche Situation zu meistern, braucht es Mut, viel Mut", betont sie."Wir mussten ja traditionelle Strukturen aufbrechen und diese reorganisieren." Wichtig seien aber auch schnelle Entscheidungen, ergänzt Fuchs: "Nicht lange reden, sondern einfach machen." Man darf also gespannt sein, wie es mit 17111 weitergeht. eh