Paris. Die Finanzierung des ehrgeizigen französisch-italienischen Gemeinschaftsprojekts einer Bahnverbindung zwischen Lyon und Turin mittels eines 57 Kilometer langen Tunnels unter den Alpen ist auf französischer Seite noch offen. Nach einem Vorschlag zweier Parlamentarier sollte sie durch Erhebung einer Alpentransit-Ökosteuer für LKW erfolgen, und zwar durch entsprechend höhere Mautgebühren für die Autobahnnutzung.
Die Parlamentarier Michel Bouvard und Michel Destot waren von Ministerpräsident Manuel Valls (Sozialisten) mit der Erarbeitung von Denkmodellen beauftragt worden, wie die benötigten Gelder zu beschaffen seien. Die Gesamtkosten für das Vorhaben werden zurzeit noch auf 8,2 Milliarden Euro geschätzt, wovon Brüssel 40 Prozent beizutragen bereit ist. Für Frankreich bleiben dennoch 2,1 Milliarden Euro, die über die geplante Bauzeit von 12 Jahren hin aufgebracht werden müssten.
Höhere Lkw-Maut für Alpen soll Bahnprojekt finanzieren
Die Parlamentarier stellen sich vor, dass eine progressiv erhöhte Transitgebühr im Rahmen der Eurovignetten-Direktive erhoben werden könnte. Für den nördlichen Autobahnabschnitt soll die Maut 10 Prozent mehr als heute kosten, für den Südteil 15 Prozent. Nach den Berechnungen von Bouvard und Destot könnten auf diese Weise pro Jahr 40 Millionen Euro eingenommen werden, und dies noch 50 Jahre lang nach Eröffnung des Tunnels. Das würde mindestens die Hälfte der französischen Finanzlast ausmachen und würde zudem dazu beitragen, dass der Gütertransport schneller von der Straße auf die neue Bahnlinie verlagert werde, meinen die beiden Parlamentarier.
Quasi im Vorgriff auf diesen Finanzierungsvorschlag haben schon im Juni die 3 Gewerbeverbände FNTR, TLF und Unostra in einem gemeinsamen Communiqué ihren Widerstand gegen „jedwedes Wiedererscheinen einer Ökosteuer“ angekündigt, und zwar „in welcher Gestalt auch immer, insbesondere der einer regionalen Lösung“. Und sollte es dennoch dazu kommen, müsse den Transportunternehmen gewährleistet werden, dass diese Zusatzbelastung auf die Verlader abgewälzt werden könne, wie dies schon für die im Oktober letzten Jahres beerdigte „écotaxe“ verbindlich vorgesehen war.
Der Finanzierungsvorschlag wurde am Wochenende des französischen Nationalfeiertags bekannt, aber nicht im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Dies unterstreicht nach Beobachtermeinungen seinen heiklen Charakter, denn nichts dürfte Paris ungelegener kommen als ein neues Fiasko à la Ökosteuer. (jb)