Neue Regelungen zur Ruhezeit - Praxistauglich?

Deutschland zieht nach: Nachdem Frankreich, Belgien und die Niederlande bereits vor einiger Zeit Vorschriften erlassen haben, die es verbieten, die regelmäßige Wochenruhezeit von 45 Stunden im Lkw zu verbringen, wird dies nun auch in Deutschland verboten. Der Bundestag hat am 9. März 2017 eine entsprechende gesetzliche Regelung beschlossen. Ein sicher mitentscheidender Grund für die Einführung des Verbots ist die kritische Situation auf Parkplätzen, insbesondere im grenznahen Bereich zu Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Erfahrungen zeigen, dass die Parkplätze völlig überbelegt sind. Fahrer aus Mittelund Osteuropa leben teilweise für mehrere Wochen vollständig in der Fahrerkabine. Die Politik sieht sich gezwungen zu handeln, um diesen Praktiken Einhalt zu gebieten. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesrat der Neuregelung zustimmen wird, da die Bundesländer teilweise weitergehende Regelungen forderten. Mit einem gesetzlichen Verbot bestünde zumindest Planungssicherheit für deutsche und ausländische Unternehmen. Um für eine praxistaugliche und einhaltbare Umsetzungspraxis zu sorgen, muss es jedoch möglich sein, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit an Orten zu verbringen, die nicht Firmensitz oder Wohnort des Fahrers sind. Der Bedarf an sicheren Lkw-Parkplätzen und die Nachfrage an potenziell geeigneten Fahrerunterkünften würde stark steigen. Längere Rundläufe vor dem Aus? Sollte die Verbringung der regulären wöchentlichen Ruhezeit fernab von Unternehmenssitz und Wohnort nicht möglich sein, würde dies die Dispositionsfreiheit der Unternehmen stark beeinträchtigen. Längere Rundläufe würden durch die geltende Gesetzgebung unmöglich gemacht. Ein praxisgerechter Lösungsansatz wäre monatlich zwei aufeinanderfolgende verkürzte Ruhezeiten mit entsprechendem Ausgleich zu erlauben. Damit könnten zumindest dreiwöchige Rundläufe gewährleistet werden. Effektive Kontrollen erforderlich Zur Durchsetzung der neuen fahrpersonalrechtlichen Vorschriften müssen die Behörden diese Regeln effektiv kontrollieren. Nur so können die Verkehrssicherheit erhöht und die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals verbessert werden. Die rund 200 Kontrollbeamten des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) haben mit den bisherigen Aufgaben jedoch genug zu tun und werden den Mehraufwand wahrscheinlich nicht bewältigen können. Wie auch unsere westlichen Nachbarn schlägt die Bundesregierung einen nationalen Alleingang bei der Umsetzung des Verbots ein. Ziel muss es aber sein, möglichst schnell eine einheitliche europäische Lösung zu finden. Noch im Februar hatte die belgische Regierung den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebeten zu klären, ob Artikel 8 Abs.6 VO (EG) 561/2006 die Verbringung der wöchentlichen Ruhezeit im Lkw verbietet. Nach dem Votum des Generalstaatsanwalts ist die Richtung wohl bereits vorgegeben. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH final entscheiden wird. Neuregelung der Kabotage Unabhängig von diesem Urteil wird das neue EU-Road-Package mit Spannung erwartet. Im Sommer 2017 soll es veröffentlicht werden. Die EU-Kommission ließ verlauten, dass die Änderungen vor allem neue Regelungen zur Kabotage und deren Kontrolle beinhalten werden. Der BWVL begrüßt eine Konkretisierung der bestehenden Kabotageregelungen. Damit könnte der eigentliche Kern des Ruhezeiten-Dilemmas gelöst werden. Zur Ausgestaltung wird die Kommission aller Voraussicht nach einen Vorschlag zur Verkürzung des Kabotagezeitraums von sieben auf vier oder fünf Tage vorlegen. Die Anzahl der zulässigen Beförderungen soll in diesem Zeitraum nicht mehr beschränkt sein. Um die Regelungen effektiv kontrollieren zu können, würde der Kabotagezeitraum bei Grenzübertritt beginnen. Möglichen Manipulationen soll durch Einführung einer Wartezeit bis zum nächsten Grenzübertritt Einhalt geboten werden. Generell sind für die Logistikwirtschaft in der EU gesamteuropäische Regelungen von großer Bedeutung. Nur so lässt sich der Bürokratieaufwand, der durch nationale Insellösungen entsteht, eingrenzen. Die Kabotage ist der Schlüssel Nach der Entscheidung des Bundestages stellt sich die Frage, wie die Neuregelung angesichts fehlender geeigneter Lkw-Parkplätze und Fahrerübernachtungsmöglichkeiten praxisgerecht umgesetzt werden kann. Gelöst werden muss die eigentliche Ursache des Problems, die übermäßige, nicht gesetzeskonforme Kabotage.

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