Paris. Die tot geglaubte Idee, Lkw mit einer speziellen Ökosteuer zu belegen, ist in der französischen Hauptstadt wieder auf die Tagesordnung gekommen. Wieder aufgewärmt hat sie die kürzlich gewählte neue Präsidentin für den Großraum Paris, Valérie Pécresse, Mitglied der vom vormaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy geführten Partei „Les Républicains”. Ihr Vorhaben, dem Lkw-Transit in der Region mit einer „Écotaxe” die Durchfahrt zu verleiden, gehörte zu ihrem Wahlprogramm. Für die Realisierung benötigt sie grünes Licht von der Regierung. Diese hatte vor zwei Jahren der Abgabe, die für ganz Frankreich geplant gewesenen war, eine definitive Absage erteilt.
Décresse will die Ökosteuer noch vor Sommerbeginn einführen und hat errechnet, dass sie pro Jahr mindestens 100 Millionen Euro einbringen werde. Damit könnten umweltschonendere Projekte finanziert werden, ergänzt Chantal Jouanno, ehemalige erfolgreiche Karatesportlerin und stellvertretende Vorsitzende der Region. Nötig wäre dafür die Wiedererrichtung von Kontrollbrücken, wie sie für den landesweiten Einsatz vorgesehen gewesen waren.
Gewerbeverbände üben Kritik
Bei den Gewerbeverbänden stieß das Vorhaben sofort auf massive Ablehnung. Die Nationale Föderation für den Strassengütertransport FNTR erklärte, um bei rund 100 Kilometern Transitstrecke auf die fraglichen 100 Millionen Euro zu kommen, müssten rund 4,50 Euro pro Kilometer erhoben werden. Beim ersten Entwurf für eine Ökosteuer war der Kilometer-Tarif noch mit 0,14 Euro veranschlagt worden. Ferner habe Paris die Aufgabe des Projekts für die Staatskasse dadurch kompensiert, dass die Dieselsteuer seit Anfang letzten Jahres um vier Cent pro Liter heraufgesetzt wurde. Auch entfielen auf die 242.000 Lkw, die jeden Tag im Grossraum Paris zirkulierten, um die Region mit den nötigen Gütern zu versorgen, lediglich 14.700 oder knapp sechs Prozent auf Transitfahrten.
Premierminister Manuel Valls hat das Ersuchen um Erlaubnis einer Regional-Ökosteuer fürs Erste an die Umweltministerin Ségolène Royal weitergereicht. Sie war es, die seinerzeit das landesweite Projekt wegen der Proteste in der Bretagne gekappt hatte.
Zum Vorstoß von Valérie Décresse zugunsten einer regional erhobenen Ökosteuer erklärte die FNTR des weiteren, damit werde eine beträchtliche Wettbewerbsverzerrung zwischen den einzelnen Landesteilen geschaffen. Darüber hinaus hätten die im Vorjahr für den Grossraum Paris Ile-de-France beschlossenen Steuerabgaben für das Parken von Lkw auf entsprechenden Parkplätzen ohnehin schon zu zu einer starken steuerlichen Ungleichbehandlung geführt und der Verband verlange, dass diese Steuer wieder aufgehoben werde.
Ferner fordert der führende Gewerbeverband eine Studie über die Umwelt- und wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Maßnahme sowie über ihre Vereinbarkeit mit dem EU-Recht. Der Straßengütertransport habe nicht genügend Geld, um neue saubere Fahrzeuge nach Euro VI und GNV zu kaufen und gleichzeitig eine zusätzliche Steuer zu bezahlen. Außerdem würde diese den Einsatz von Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen und die von ihnen geschaffene Wettbewerbsverzerrung noch mehr begünstigen beziehungsweise erhöhen. (jb)