Neue Bedingungen für Zusatzgeschäfte

Mit logistischen Zusatzleistungen sind viele Speditionen heute tief in die Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprozesse von Industrie und Handel integriert. Zum Beispiel bei der Vormontage von Produkten oder Regalservices. Diese Tätigkeiten fallen nicht oder nur punktuell in den Anwendungsbereich der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp), die das Gros der Unternehmen dieses Wirtschaftszweigs als Vertragsbasis nutzen. Deshalb wurden 2006 von dem Institut für Logistikrecht und Riskmanagement (ILRM) der Hochschule Bremerhaven und Branchenverbänden die Logistik-AGB erarbeitet. Nun ist das Zusatzmodell zu den ADSp auf den aktuellen Stand gebracht worden. Ab Juli empfehlen der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV), der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) die Logistik-AGB 2019 - bei allen Geschäften, die über die speditionsüblichen, logistischen Dienstleistungen hinausgehen, die mit der Beförderung und Lagerung von Gütern zusammenhängen. Pünktlich zum Update erläutern die beiden Mit-Autoren Professor Thomas Wieske vom ILRM in Bremerhaven und Björn Karaus vom DSLV in Berlin, was sie an den vorformulierten Vertragsbedingungen überarbeitet haben und worauf Unternehmen achten müssen, die sie einbinden möchten. Urteile machen Update nötig "In den vergangenen 13 Jahren haben sich nicht nur gesetzliche Rahmenbedingungen geändert, sondern auch die Rechtsprechung der Gerichte", erklärt Wieske. Dies und die Anpassung der ADSp vor rund zweieinhalb Jahren habe eine Aktualisierung der Logistik-AGB notwendig gemacht, sagt der Leiter des ILRM. Viele Klauseln der Logistik-AGB 2019 sind an korrespondierende Klauseln der ADSp 2017 angepasst. "Auf diese Weise wurden nicht nur mit der Verladerseite im Rahmen der ADSp verhandelte und damit akzeptierte Klauseln in die Logistik-AGB integriert, sondern im Interesse der praktischen Handhabbarkeit vor allem so weit wie möglich einheitliche Standards für die Auftragserteilung und -abwicklung definiert", erklärt Karaus. Als Beispiele nennt der Leiter des Fachbereichs Speditions- und Transportrecht beim DSLV die Ziffern zum elektronischen Datenaustausch, zur Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen, zu den Informationspflichten der Geschäftspartner sowie den Pflichten des Auftraggebers und Auftragnehmers. Ein Update sei beim elektronischen Datenaustausch auch aufgrund der technischen Weiterentwicklung angebracht gewesen, ergänzt Wieske. Grundsätzlich ist die Struktur des gesamten Klauselwerks erhalten geblieben. "Systematisch fangen die Logistik-AGB da an, wo die ADSp aufhören", sagt der Logistikprofessor. Sind allerdings neben den Logistik-AGB die ADSp vertraglich vereinbart worden, gehen die ADSp den Logistik-AGB vor, soweit sich einzelne Klauseln widersprechen. Anwendungsbereich konkreter benannt Nach wie vor bieten die Logistik-AGB eine standardisierte Vertragsgrundlage für logistische Dienstleistungen, die im Tagesgeschäft auf "Zuruf" erbracht werden und in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem Verkehrsvertrag stehen. Etwa für die Warenbehandlung, Montage, Reparatur, Qualitätskontrolle, Preisauszeichnung, Installation oder Inbetriebnahme von Waren und Gütern, Regalservices oder Tätigkeiten in Bezug auf die Planung, Realisierung, Steuerung oder Kontrolle des Bestell-, Prozess-, Vertriebs-, Verwertungs- und Informations-Managements. Der Anwendungsbereich der Logistik-AGB 2019 wurde konkretisiert, um besser zu verdeutlichen, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang auch gegeben ist, wenn zum Beispiel ein Verkehrsvertrag zunächst nur auf Basis der ADSp 2017 geschlossen wird und logistische Leistungen erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart oder durch einen anderen Beteiligten in der Lieferkette in Auftrag gegeben werden. Ziel der Logistik-AGB 2019 ist laut DSLV-Fachmann Karaus nicht, in den Bereich der Kontraktlogistik einzugreifen. Hier sei es aus vertragsrechtlicher Sicht geboten, detaillierte Einzelabsprachen zu treffen. Erweiterte Pflichten für Auftraggeber Umfangreicher als vorher sind die Informationspflichten des Auftraggebers: "Das hat sich in der Praxis als notwendig erwiesen und auch mit der strengeren Rechtsprechung der vergangenen Jahre zur Auftraggeberhaftung bei grob fahrlässigen Organisationsverschulden zu tun", sagt Wieske. Weitere Klauseln wurden laut dem Experten überarbeitet, um aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen im Markt Rechnung zu tragen. Dies gilt vor allem für die Ausgestaltung der Leistungshindernisse; die Vergütungsanpassung bei unbeabsichtigtem Betriebsübergang, die Sicherungsmittel, die Sonderkündigungsrechte und die Freistellungsansprüche des Auftragnehmers. Ganz neu ist das Thema Compliance. Auslöser sind unter anderem das deutsche Mindestlohngesetz oder die Datenschutz-Grundverordnung der EU, die in der jüngeren Vergangenheit in Kraft getreten sind und höhere Anforderungen an die Arbeitsbedingungen in Unternehmen stellen. Die AGB-Klauseln zu Haftung, Verjährung und Haftungsversicherung wurden in großen Teilen beibehalten, teilweise jedoch anders gegliedert. Güterfolgeschäden und sonstige Vermögensschäden werden weiterhin ersetzt. Geändert haben sich die Beträge: "Die bisherige Haftungshöchstsumme von 20.000 Euro je Schadenfall steht jetzt zweimal zur Verfügung - einmal für Güterschäden und einmal für andere als Güterschäden", sagt Karaus. Die Haftungshöchstsumme bei Serienschäden wurde von 100.000 Euro auf 125.000 Euro erhöht. "Inventurdifferenzen werden nicht mehr angesprochen, da die Durchführung von Inventuren als Lagerleistungen im Anwendungsbereich der ADSp 2017 geregelt ist", erklärt der Rechtsanwalt. Das Jahresmaximum für alle Schäden ist ebenfalls gestiegen - von 500.000 auf 600.000 Euro. "Bei der Erhöhung der Haftungshöchstbeträge handelt es sich vor allem um eine Inflationsanpassung", so Wieske. In Anlehnung an die ADSp 2017 wurden zudem die Klauseln über eine Haftungsdurchbrechung überarbeitet, um diese zu erschweren. Die Produkthaftung ist zwar früher schon in den Logistik-AGB geregelt gewesen. "Der entsprechende Freistellungsanspruch des Auftragnehmers ist nun aber etwas weiter gefasst worden", sagt Wieske. Als Beispiel nennt er finanzielle Aufwendungen für die Verzollung oder wegen der Verletzung des Markenschutzrechts, weil rechtlich dafür zunächst der Dienstleister verantwortlich sei. "In diesen Fällen, kann sich der Auftragnehmer das ausgelegte Geld von seinem Auftraggeber zurückholen." Dieses im Markt übliche Prozedere sei nun ausdrücklich in den Logistik-AGB festgeschrieben. Hinweis auf Neufassung ist erforderlich Wer die Logistik-AGB 2019 nutzen will, muss bestimmte Regeln beachten: "Für die Einbeziehung in einen Vertrag reicht es regelmäßig aus, dass das Speditions- und Logistikunternehmen als Auftragnehmer bei Vertragsabschluss erkennbar darauf hinweist, dass die Logistik-AGB 2019 Vertragsinhalt werden sollen, und der Auftraggeber nicht widerspricht", erklärt Karaus. Es sei nicht erforderlich, den vollständigen Text bei Vertragsabschluss zur Verfügung zu stellen. Jeder Spediteur und Logistiker sollte dennoch überlegen, seine Kunden über die Neufassung zu informieren. "Denn auf diese Weise kann jedes Unternehmen dokumentieren, dass eine geänderte Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Anwendung kommen soll." Bei Vertragsabschlüssen im elektronischen Geschäftsverkehr hat laut Karaus der Verwender dem Vertragspartner allerdings die Möglichkeit zu verschaffen, die Bestimmungen und damit auch die Logistik-AGB 2019 bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. Das geht auf der Homepage des eigenen Unternehmens. Bei Deals mit ausländischen Geschäftspartnern genüge ein Hinweis auf Deutsch und Englisch. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Transportrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Die Logistik-AGB für Logistikdienstleistungen, die Unternehmen zusätzlich zum speditionsüblichen Geschäft erbringen, sind erstmals seit 2006 aktualisiert worden. Viele der Klauseln sind an die ADSp der neuesten Fassung angepasst worden. Die wesentlichen Änderungen betreffen die Haftungsregelungen sowie die Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Mustertext für einen vertraglichen Einbeziehungshinweis Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) schlägt diese Formulierung vor, um Vertragspartner auf die geschäftliche Einbeziehung der neuen Logistik-AGB 2019 hinzuweisen:"Wir arbeiten ausschließlich auf Grundlage der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2017 (ADSp 2017) und - soweit diese für die Erbringung logistischer Leistungen nicht gelten - nach den Logistik-AGB 2019. Hinweis: Die ADSp 2017 weichen in Ziffer 23 hinsichtlich des Haftungshöchstbetrags für Güterschäden (§ 431 HGB) vom Gesetz ab, indem sie die Haftung bei multimodalen Transporten unter Einschluss einer Seebeförderung und bei unbekanntem Schadenort auf 2 SZR/kg und im Übrigen die Regelhaftung von 8,33 SZR/kg zusätzlich auf 1,25 Millionen Euro je Schadenfall sowie 2,5 Millionen Euro je Schadenereignis, mindestens aber 2 SZR/kg, beschränken." Quelle: DSLV

Neue Bedingungen für Zusatzgeschäfte

Lieferkettengesetz

Entsenderegeln in Europa 2022

HASHTAG

#Wirtschaftsrecht

2019 - das Jahr der DSGVO-Kontrollen

Urteil: Polnischer Transporteur muss Insolvenzanfechtung hinnehmen

Altmaier warnt vor "Schnellschüssen" nach Urteil zur Arbeitszeit

MEISTGELESEN

Tempomat zu hoch eingestellt: Bußgeld für Lkw-Fahrer

Quantron von Insolvenzverwalter verkauft

Insolvenzgefahr 2024: Verkehrs- und Logistikbranche besonders betroffen

WEITERLESEN

NEWSLETTER