Berlin. Einen vom Bundestag beschlossenen und für mindestens zehn Jahre verbindlichen Schieneninfrastrukturfonds forderte das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE). Der geplante Kabinettsbeschluss zum Klimaschutzkonzept müsse dringend eine neue und transparente Ordnung der Finanzierung von Neubau- und Ersatzinvestitionen der Schiene auf den Weg bringen. Der Fonds sei auch der richtige Ort für die vom Klimakabinett vorgeschlagenen elf Milliarden Euro, die bis 2030 in den Ausbau der Schieneninfrastruktur gehen sollen, aber als „Eigenkapitalerhöhung der DB“ in die Diskussion gebracht wurden.
Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) begrüßte den offenkundigen Willen der Regierung, die Schiene zu stärken. Allerdings fehlten bisher verlässliche Aussagen, in welchem Umfang sich Berlin stärker engagieren wolle. Derzeit treibe die wachstumsorientierten Güterbahnen außerdem die Sorge um, dass hinter den politischen Ankündigungen nicht wirklich mehr Mittel stehen. So sagte Westenberger: „Bisher gibt es kaum Zählbares.“
Zu wenig Investitionen vorgesehen
Im Entwurf einer neuen Vereinbarung für die Finanzierung von Investitionen zur Erhaltung des bestehenden Eisenbahnnetzes (LuFV III) seien gegenüber dem derzeitigen Niveau für die kommenden zehn Jahre nur zusätzliche Bundesmittel in Höhe von insgesamt 16,425 Milliarden Euro vorgesehen, kritisierte das NEE. Das wären im Schnitt 47 Prozent mehr als die bisherigen Ausgaben und damit vermutlich zu wenig, um die aufgelaufenen Modernisierungsrückstände aufzuarbeiten, allemal bei gleichzeitig steigenden Baupreisen. Im Entwurf haben die Bundeszuschüsse einen Anteil von nur 60 Prozent der öffentlich kommunizierten Riesensumme von gut 86 Milliarden Euro.
Der Rest seien „doppelt gezählte Bundesmittel aus dem Budget Neu- und Ausbau“ sowie DB-Dividenden und andere „Eigenmittel“ der DB. Hierdurch würde sich der Bund zu Lasten der Eisenbahnkunden von seinen eigenen grundgesetzlichen Verpflichtungen entledigen, denn „Eigenmittel“ der DB gebe es laut NEE „quasi nicht“. Die Gewinne des DB-Konzerns werden in immer höherem Maße von den DB-Infrastrukturunternehmen beigesteuert, die sie wiederum von den Eisenbahnverkehrsunternehmen innerhalb und außerhalb des Konzerns durch überhöhte Nutzungsentgelte erheben müssen. Kein anderes Verkehrsmittel wird auf diese Weise belastet.
NEE hat Zweifel, ob DB-Kapitalerhöhung sinnvoll ist
Laut NEE bestünden zudem „erhebliche Zweifel, ob die überraschend angekündigte ‚Eigenkapitalerhöhung‘ für die DB von elf Mal einer Milliarde Euro bis 2030 tatsächlich zusätzliche Kapazitäten in der Infrastruktur schaffen würde. Infrastrukturinvestitionen würden gewöhnlich seitens der DB aus bilanztechnischen Gründen nicht aus eigenem Kapital bestritten, sondern aus Baukostenzuschüssen des Bundes. Nicht undenkbar hält das NEE aber „Szenarien, in denen die DB von ihrem Eigentümer in die Lage versetzt werden soll, wie bisher hohe Dividenden aus Infrastrukturgewinnen zu zahlen oder Mehrkosten beim Projekt Stuttgart 21 verdauen zu können“.
Daher fordern die Wettbewerbsbahnen, die „zusätzlichen elf Infrastrukturmilliarden“ dem vorgeschlagenen Fonds zuzuschlagen. Sollte das Bahnhofsprojekt in Stuttgart das Budget der DB sprengen, müssten die Urheber zunächst über ein „Notopfer Stuttgart“ nachdenken als deutschlandweit die Streichung von Schieneninfrastrukturprojekten auszulösen. (tb)