Modernisierte Fahr-Maschine

Die erste größere Überarbeitung des FH ist optisch kaum erkennbar. Nur wenigen werden der leicht überarbeitete Stoßfänger, die veränderten Luftleitkörper und die aerodynamisch optimierten Schmutzfänger auffallen. Auch die nun geschlossen ausgeführten Radkästen sollen die Aerodynamik verbessern und zu der von Volvo bezifferten Verbrauchseinsparung von bis zu drei Prozent beitragen. Größten Anteil daran trägt aber der überarbeitete Antriebsstrang. Die Einspritzung des 12,8 Liter großen Reihensechsers wurde von Pumpe-Düse auf Common-Rail umgestellt. Außerdem sollen eine höhere Verdichtung sowie reibungsärmere Kolben und eine neue Kurbelwellenlagerung den Kraftstoffkonsum senken. Um die erste beruhigende Erkenntnis gleich vorwegzunehmen: Der bisherige Charakter des Volvo ändert sich dadurch nicht. Der D13 klingt wie eh und je, arbeitet angenehm leise bei besten Manieren. Auch I-Shift zeigt sich von seiner Schokoladenseite: Nach wie vor ist das Volvo-Getriebe das Maß der Dinge. Butterweich anfahren, feinfühlig rangieren, die zwölf Fahrstufen aber trotzdem schnell und sauber wechseln - I-Shift beherrscht diesen Spagat vorbildlich. Auf der Straße hilft überdies "I-See". Anders als der Wettbewerb bezieht Volvos-GPS-Tempomat seine Daten aus einer Cloud, in die alle Volvo (und Renault) ihre erfahrenen Daten speisen. Allerdings leistete sich das System, wie schon bei früheren Volvo-Testfahrzeugen, gelegentliche Aussetzer. Abseits dieser Patzer beschleunigt I-See vor Steigungen selbstständig einige km/h über den eingestellten Wert, falls sich dadurch eine Rückschaltung einsparen lässt. Und vertraut konsequent auf die Drehmomentreserven des Sechszylinders. Wohl wissend, dass dem Aggregat auch bei niedrigsten Drehzahlen Vibrationen fremd sind, blieb der zwölfte Gang an allen Messbergen unserer Teststrecke drin. Auch wenn dann nur noch smarte 950 Umdrehungen pro Minute anliegen. Für unseren 25 Tonnen "leichten" Krone-Testauflieger genügte die Kraft trotzdem, wobei dem Schweden hier zusätzlich seine relativ kurze Übersetzung hilft. In Kombination mit der 2,64er-Hinterachse lagen bei Marschtempo 85 km/h knapp über 1210 Umdrehungen an. Zum Vergleich: Die Teilnehmer des Euro-Truck-Tests (siehe VR 5/2017) traten allesamt mit längeren Gesamtübersetzungen an und drehten bei 85 km/h bis zu 140 Touren niedriger. Problematische Überlauffunktion Wie MAN, Mercedes und Scania nutzt leider auch der Volvo bergab eine Überlauffunktion, die den FH bis zu drei km/h über das eingestellte Maximaltempo rollen lässt, um mehr Schwung mitzunehmen. Das kann bei einer Kontrolle zu Problemen führen, wenn auf der Fahrerkarte statt 90 plötzlich 93 km/h vermerkt sind. Auch wenn die Elektronik darauf achtet, dass es zu keinem Fahrerkarteneintrag kommt. Ansonsten sorgte im Testwagen der 3250 Newtonmeter bietende Retarder talwärts für souveräne Verzögerung. Wobei auch der kräftigen VEB+-Motorbremse die 32 Tonnen schwere Fuhre kaum Probleme bereitet hätte. Außerdem spart der Verzicht auf den Retarder weitere 100 Kilogramm. Das Thema Gewicht ist nach dem Facelift eine weitere Schokoladenseite des FH. Trotz guter Ausstattung des Testwagens, der beispielsweise über elektrohydraulische Servolenkung verfügte, deren Anschaffung wir in jedem Fall empfehlen, brachte die Zugmaschine lediglich 7,29 Tonnen auf die Waage und ist damit ein echtes Leichtgewicht. Allein 90 Kilo soll beispielsweise die neue Hinterachsaufhängung sparen. Weitere Pfunde eliminierte Volvo unter anderem bei den Befestigungen des Dachspoilers, den Haltebändern des Tanks und beim jetzt sieben Kilo leichteren Stabilisator der Vorderachse. Souveränes Volvo-Fahrwerk Fahrwerktechnisch fuhr der Volvo dagegen schon immer auf Topniveau. Auch ohne die offerierte Einzelradaufhängung an der Vorderachse, die man sich getrost sparen kann. Auch das Normalfahrwerk schluckt Fahrbahnunebenheiten bei allen Beladungszuständen komfortabel, gibt sich aber trotzdem fahraktiv. Das dadurch gesparte Geld würden wir lieber in die "Fahrermotivation" investieren. Wie beispielsweise die werkseitig lieferbare Standklimaanlage, die weder aerodynamische Nachteile zur Folge hat noch Platz in der Kabine wegnimmt. Oder das Fahrerkomfort+-Paket, das unter anderem mit elektronisch gesteuerter Klimaanlage, Lederlenkrad und der zusätzlichen Lenkwellenverstellung verwöhnt. Mit diesem zweiten Gelenk bietet das Volant einen Verstellbereich, der für jede Fahrerstatur eine passende Position bieten dürfte. Serienmäßig gefallen FH-Fahrern vor allem die niedrige Geräuschkulisse, die schlanken Spiegelgehäuse, die in Kreisverkehren die Sicht verbessern, wenngleich sie bei schlechtem Wetter leicht zum Verschmutzen neigen. Und warum hat eigentlich noch keiner der Wettbewerber (von der Konzernschwester Renault abgesehen) die elektronische Feststellbremse kopiert? Aussteigen, ohne den Federspeicher aktiviert zu haben? Im FH ungefährlich, weil die Elektronik das Versäumnis umgehend nachholt. Zusätzlich ist es ein echter Komfortgewinn, wenn der Fahrer nur aufs Gaspedal treten muss und sich die Bremse von selbst deaktiviert. Etwas hinter den Wettbewerb zurück fällt der FH beim Thema Raumangebot. Vor allem an Stauraum mangelt es im Globetrotter. Besonders die Fächer oberhalb der Frontscheibe fallen vergleichsweise klein aus. Wird nur ein Bett benötigt, kann man durch die optionalen Fächer an der Rückwand Abhilfe schaffen. Oder man gönnt seinem Fahrer gleich die 1600 Euro teurere "Globetrotter XL"-Kabine, die zudem 15 Zentimeter mehr Innenhöhe bietet ... Und wie schlägt sich der "neue" FH beim Verbrauch? Diesmal konnte der neue Common-Rail-Motor die hohen Volvo-Erwartungen sicher noch nicht ganz erfüllen, denn der 460er reiht sich eher im Durchschnitt ein, auch wenn er minimal schneller unterwegs war als vergleichbare Wettbewerber. Doch auch hier werden die Schweden dem FH sicherlich noch bessere Manieren beibringen. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Der Volvo im TÜV-Urteil Wie bei jedem Profitest der VerkehrsRundschau begutachtete TÜV SÜD auch den Volvo FH 460 Globetrotter in Sachen Service und Wartung. Das FH-Chassis ist wartungsfrei ausgeführt, dafür muss der Schwede alle 100.000 Kilometer oder einmal pro Jahr zum Ölwechsel. Hier bieten viele Wettbewerber längere Wartungsintervalle. Freuen wird die Eigner dafür, dass dem Volvo günstige Standardöle genügen. Den Waschwasserbehälter platzierten die Entwickler einfach befüllbar, dafür allerdings frost- und crashgefährdet im Spritzbereich der Vorderachse. Sofern man nicht das optionale Bi-Xenon-Licht (796 Euro Aufpreis) bestellt hat, kann man den Tausch der H7-Abblend- und Fernlichtlampen selbst erledigen. Ein Lasterleben lang halten sollten die LED-Tagfahrleuchten. Gleiches gilt für die LED-Rückleuchten, deren Ersatz im Falle eines Rangierremplers allerdings deutlich teurer kommt als der von Standardware. Löblich ist, dass Volvo unter der Frontklappe weiterhin einen Ölmessstab verbaut. Hier lassen sich die Flüssigkeiten im Falle eines Falles auch leicht ergänzen. Dabei besonders hilfreich gegen unschöne Kleckerei: der Teleskop-Einfüllstutzen fürs Motoröl. Alle Füllstände werden aber auch laufend vom Bordcomputer überwacht. bj

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