Markt mit Zukunft

An den Kombinierten Verkehr (KV) trauen sich viele Unternehmen nicht so richtig heran. Zu kompliziert, zu unzuverlässig, und dann ist man auch noch auf Partner angewiesen wie die Deutsche Bahn (DB), deren Ruf in der Branche - vorsichtig formuliert - nicht uneingeschränkt positiv ist. Klimabilanz spricht für die Schiene Dabei gibt es schon seit Jahren Entwicklungen, die eindeutig für die Bahn sprechen. Zum einen die Zukunftsaussichten: Es gibt keinen Markt im Transportgewerbe, dem ein größeres Wachstum prophezeit wird. Auch in der aktuellen Mittelfristprognose (siehe Seite 18) fährt der KV allen davon und darf mit den höchsten Wachstumsraten rechnen - mehr als beim Lkw, beim Binnenschiff oder ausschließlich bei der Bahn. Ebenfalls schon seit Jahren bekannt: der Umweltvorteil des KV im Vergleich zum Lkw. Mit der Kritik des Bundesverfassungsgerichtes an dem Klimaschutzgesetz der Bundesregierung und der umgehenden Nachbesserung durch die Verantwortlichen nimmt das Interesse auch in der Transportwirtschaft am KV zu. In einem Online-Seminar der Verkehrs-Rundschau klärte Gerhard Oswald unter anderem dazu auf, was Neulinge beim Einstieg in den KV zu beachten haben. Oswald ist Gründer und Inhaber des Beratungsunternehmens Go Multimodal und war vorher 30 Jahre in verschiedenen Positionen bei dem Operateur TFG Transfracht tätig. Oswald unterlegte den Umweltvorteil der Bahn mit Zahlen: Während der Lkw 112 Gramm Treibhausgas pro Tonnenkilometer ausstößt, sind es beim Binnenschiff gerade mal ein Viertel (32 Gramm) und bei der Bahn mit 19 Gramm sogar noch einmal weniger. Aber es gibt auch eine Reihe von betriebswirtschaftlichen Vorteilen: So dürfen im Vor- und Nachlauf des KV 44 Tonnen befördert werden. "Zudem können Fahrzeuge, die ausschließlich im Vor- oder Nachlauf unterwegs sind, von der Kfz-Steuer befreit werden", sagte Oswald. Neben weiteren Vorteilen wie Ausnahmeregelungen bei Fahrverboten nannte er freie Kapazitäten im Fuhrpark und vor allem bei den Lkw-Fahrern, bei denen sich der Mangel mit steigender Nachfrage wieder bemerkbar macht. Doch wann lohnt sich der KV? Dies ist vor allem abhängig von der Länge der Transportstrecke. "Im Seehafenhinterlandverkehr lautete jahrelang die Devise: Ab einer Entfernung von 300 Kilometern rentiert sich der KV ökonomisch und ökologisch", so der Bahn-Experte. Doch letztlich hänge es immer von den Rahmenbedingungen ab. So habe ein Kunde Container von Rotterdam nach Mainz per Binnenschiff transportiert und von da aus per Lkw in das Saarland. "Nun werden die Boxen per Zug auf der 150 bis 200 Kilometer langen Strecke zurückgelegt", so Oswald. Das hohe Aufkommen in Mainz macht es möglich. "Mit innovativen Technologien und Produkten kann sich der KV auch auf Kurzund Mittelstrecken lohnen", sagte er. Europaweit sieht er den KV auf Wachstumskurs. Im Seehafenhinterland-Verkehr würden zwar bereits 60 Prozent der Container per Bahn befördert. Dennoch nehme dort das Volumen weiter zu. Großes Potenzial sieht er vor allem im nationalen KV mit Trailern und Wechselbehältern. "Dort liegt der Anteil des KV am Modal Split im einstelligen Prozentbereich", erklärte Oswald. Mehr zum Thema finden Sie unter #RailcargoKV www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Wer gerne auf den KV-Zug aufspringen möchte, sollte diesen Schritt gut vorbereiten. Berater Gerhard Oswald zählt Vorteile des KV auf und weist auf Voraussetzungen hin, die es zu erfüllen gilt. Statement Nachhaltige Logistik: KV aktiv stärken Markus Olligschläger, Geschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) Das Thema ist fast so alt, wie es unterschiedliche Verkehrsträger gibt. Doch warum funktioniert die Verkehrsverlagerung in Deutschland - mit Blick in die Schweiz und in die Niederlande (Rheinschiene, Betuweroute) - nicht wie politisch und vielerorts auch wirtschaftlich gewollt? Handels- und Produktionsunternehmen wünschen sich eine optimale Logistik. Kosten und Servicelevel der Verkehrsanbieter, aber auch die verfügbare Kapazität entscheiden über die Wahl der Transportart. Dabei darf es im Miteinander der Verkehrsträger grundsätzlich keine Denkverbote geben - die Forderung nach 44 Tonnen-Lkw darf nicht per se abgelehnt und als Provokation für die Schiene verstanden werden.Vielmehr sollten sich Straßengüterverkehr und Schiene oder Binnenschifffahrt ergänzen. Der Kombinierte Verkehr (KV) hat ohnehin das Potenzial, sich als wertige und nachhaltige Alternative zu entwickeln, insbesondere wenn die Belastungen beim Verkehrsträger Straße weiter zunehmen: Fachkräfte-/ Fahrermangel, Infrastrukturdefizite und Überlastungen sowie steigende Umweltanforderungen sind Faktoren, die das Zusammenspiel von Straße und Bahn beziehungsweise Schifffahrt neu definieren.Die Verkehrsträgeralternativen zur Straße können aber nur dann deren Schwächen ausgleichen, wenn nicht nur die Finanzierung, sondern auch die erforderlichen Maßnahmen für ein besseres Handling umgesetzt werden. Das hohe Interesse der Unternehmen an der Förderung von Gleisanschlüssen belegt deren Bereitschaft, solche konkreten Verbesserungsansätze zugunsten der Schiene aktiv aufzugreifen. Ein weiterer wichtiger Impuls ist durch die digitale automatische Kupplung (DAK) zu erwarten, leider nicht zeitnah. Ähnliche Impulskraft könnte aus Sicht des BWVL auch eine zukünftig EU-weit verpflichtende Kranbarkeit von Sattelaufliegern entwickeln. Damit die Schiene als umwelt- und klimafreundlicher Verkehrsträger den Stellenwert erhält, den sie bei der Symbiose von Klimaschutz und (steigenden) Transportmengen beansprucht, braucht es neben Bekenntnissen und Geld vor allem messbare Handlungen aller Akteure - zeitnah und unbürokratisch! Mehr unter: www.bwvl.de

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