Paris. Offenbar im Eilverfahren will die französische Regierung die Ersatzlösung für die ad acta gelegte Ökosteuer „écotaxe“ durchziehen. Die jetzt geplante LKW-Transitmaut soll nach einer dreimonatigen gebührenfreien Probezeit mit Beginn am 1. Oktober landesweit schon ab dem 1. Januar 2015 erhoben werden. Die neue Regelung erfordert eine entsprechende rückwirkende Korrektur des Finanzgesetzes für das laufende Haushaltsjahr 2014, über die das Parlament noch in diesem Monat, das heißt vor der Sommerpause, abstimmen soll. Pro Kilometer soll der Mautbetrag auf den ausgewiesenen Streckenabschnitten wie schon beim Vorgängermodell im Schnitt bei 13 Cent liegen. Der Betreiber des Systems ist nach wie vor derselbe: das Konsortium Ecomouv’. Dessen Kontrollbrücken, derzeit 170 an der Zahl, werden an den stark zusammengeschrumpften Erfassungsradius angepasst und entsprechend verringert.
Weitere Proteste drohen
Die bretonische Protestbewegung der „Rotmützen“ scheint auch mit der neuen Lösung nicht zufrieden zu sein, obgleich die Region von der geplanten LKW-Maut quasi vollständig ausgenommen ist, abgesehen von der Nord-Süd-Achse zwischen Nantes und Saint-Lô. Auch diese müsse davon noch befreit werden, forderte der Sprecher der Bewegung, Christian Troadec. Der schärfste Widerstand gegen die Transitmaut formiert sich im Lager der Straßengütertransport-Verbände, allen voran bei der führenden Organisation FNTR. Deren Vorstand Jean-Christophe Pic hat die Repräsentanten aller regionalen Untergliederungen für den 10. Juli nach Paris zu einer außerordentlichen Zusammenkunft eingeladen und sie gebeten, sich schon im Vorfeld mit ihren jeweiligen Mitgliedsunternehmen ins Benehmen zu setzen. Bei dem Treffen soll es um „eventuelle Aktionen“ gegen die bevorstehende Maut gehen. Laut Pic stehen die Zeichen auf Sturm. Dass der Staat am Prinzip einer Ökosteuer für LKW ab 3,5 Tonnen festhalte, sei für das Gewerbe „ein Schock und eine weitere Belastung für die Unternehmen, die sich in eine lange Liste immer neuer steuerlicher Auflagen und Reglementierungen einreiht“.
Finanzierungslücke muss geschlossen werden
Positiv auf die LKW-Transitmaut hat dagegen der Leiter der staatlichen Agentur AFITF reagiert, der die zukünftigen Mautgelder zugutekommen sollen. Philippe Duron erklärte in einer Pressemitteilung, mit der neuen Lösung eröffne sich für die Agentur ein Ausstieg aus dem Finanzierungs- und Planungsengpass, in dem sie sich nach dem Verzicht auf das vormalige Ökosteuerprojekt geraten war. Sie trage zudem nicht nur den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Strassengütertransports Rechnung, sondern auch dem Umweltgedanken, weil sie die CO²-Belastung durch die jeweiligen Fahrzeuge in die Berechnung der Mauthöhe mit einbeziehe. Außerdem habe die Lösung den Vorteil, dass der zwischen dem Staat und Ecomouv’ geschlossene Vertrag nicht aufgelöst werden müsse, sondern beibehalten werde. Der AFITF-Vorstand ließ jedoch nicht unerwähnt, dass die aus der Transitmaut zu erwartenden Mittel deutlich geringer seien als die aus der nunmehr beerdigten „écotaxe“. Hieraus ergebe sich für die Agentur eine Finanzierungslücke, die der Staat noch in den nächsten Monaten schließen müsse. Duron spielte damit wahrscheinlich auf Pläne der in der Sache federführenden Umweltministerin Ségolène Royal an, hierfür die privaten Autobahnbetreiber des Landes zur Kasse zu bitten. (jb)