Die EU-Kommission will mehr Anreize für grenzüberschreitende Fahrten von Lang-Lkw, emissionsfreie Fahrzeuge und den intermodalen Verkehr schaffen. Entsprechende Vorschläge hat die EU-Kommission in einer Überarbeitung der EU-Richtlinie für Maße und Gewichte im Straßengüterverkehr formuliert. Gemeinsam mit Vorschlägen für ein einheitliches System zur Berechnung von Treibhausgasen im Verkehr und einer Neuorganisation des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs, wovon vor allem der Güterverkehr profitieren soll, stellte die EU-Kommission ihre Pläne in dem Gesetzespaket „Greening Freight Package“ am 11. Juli in Straßburg vor.
Lang-Lkw länderübergreifend geduldet
Lang-Lkw sollen demnach künftig keinen Einschränkungen mehr unterliegen bei der Zahl der nationalen Grenzen, die sie überfahren dürfen. „Die Fahrt eines 60-Tonnen-Lang-Lkw von Kopenhagen über Schweden nach Finnland soll künftig möglich sein“, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean. Bislang darf ein Lang-Lkw nur eine Grenze überfahren zwischen zwei Ländern, die Lang-Lkw in ihren nationalen Verkehren zulassen. „Die Ladung des 60-Tonner aus Kopenhagen muss heute an der schwedisch-finnischen Grenze auf zwei Lkw aufgeteilt werden, um den gültigen EU-Vorschriften zu entsprechen“, erklärte Vălean. Und das, obwohl Finnland die Fahrt des 60-Tonners grundsätzlich erlaube.
Einschränkungen für die grenzüberschreitenden Lang-Lkw-Fahrten soll es nur in Bezug auf die national geltenden Vorschriften der unterschiedlichen Länder gebend. Der 60-Tonnen-Lang-Lkw aus Schweden dürfte dann zwar durch Dänemark fahren, müsste bei seiner Fahrt durch Deutschland allerdings sein Gewicht verringern, um die niedrigeren deutschen Vorschriften für das Maximalgewicht von Lang-Lkw einzuhalten.
Emissionssfreie Lkw dürfen schwerer werden
Für emissionsfreie Lkw soll das europaweit zugelassene Maximalgewicht auf 44 Tonnen steigen - vier Tonnen mehr als der übliche Maximalwert. Im intermodalen Verkehr sollen emissionsfreie Lkw sogar 48 Tonnen wiegen dürfen. Das zusätzliche Gewicht soll ausdrücklich nicht nur ein Ausgleich für die schwerere Antriebtechnik sein (vor allem das Batteriegewicht), sondern grundsätzlich ein Anreiz für den Kauf emissionsfreier Lkw. Die Attraktivität emissionsfreier Fahrzeuge soll durch höhere Ladekapazitäten steigen.
Um den intermodalen Verkehr weiter zu fördern will die EU-Kommission außerdem High Cube Container grundsätzlich zulassen und künftig Lkw, Satellauflieger und Anhänger als intermodale Ladeeinheiten mit den entsprechenden Maximalgewichten betrachten. Weitere Vereinheitlichungen und bürokratische Erleichterungen soll es bei grenzüberschreitenden Fahren von überlangen Transporten wie zum Beispiel Windrädern, aber auch Autotransporten geben.
Um die Einhaltung der Maximalgewichte besser zu kontrollieren sollen die Mitgliedstaaten verpflichtend Messmechanismen in die Straßeninfrastruktur einbauen.
Europaweites Bahnnetz
Das Maßnahmenpaket zielt aber nicht nur auf emissionsfreie Lkw ab: Auch der Schienengüterverkehr soll nach Willen der EU-Kommission effizienter gestaltet werden. So beinhaltet der Vorschlag, ein europaweites Netzwerk aus Infrastrukturmanagern zu bilden, die vor allem den grenzüberschreitenden Güterverkehr untereinander koordinieren sollen.
Ziel sei es, durch bessere Planungsmöglichkeiten Kapazitätsengpässe schon früh erkennen zu können. Von den erhofften Verbesserungen würden aber nicht nur Güterzüge, sondern auch grenzüberschreitende Passagierbahnen profitieren.
Eine Überarbeitung der Richtlinie für den Kombinierten Verkehr, die die EU-Kommission eigentlich auch im Rahmen des „Greening Transport Package“ vorstellen wollte, soll jetzt gegen Ende des Monats fertig sein und präsentiert werden.
BGL begrüßt Reformvorschläge der EU-Kommission zu Maßen und Gewichten von Nutzfahrzeugen
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zeigt sich zufrieden mit den Entscheidungen der EU-Kommission. In einem öffentlichen Statement heißt es: "
Die regelmäßigen Anpassungen der Richtlinie sind unabdingbar für die Gestaltung einer zeitgemäßen und praxistauglichen Logistik. Mit angepassten bzw. erweiterten Rahmenbedingungen kann ein bedeutender Beitrag zu größerer Nachhaltigkeit des Straßengüterverkehrs durch Kraftstoffeinsparungen und somit zur CO2-Reduktion geleistet werden. Angesichts eines hart umkämpften Logistikmarktes sind EU-weit gleiche Rahmenbedingungen maßgeblich für einen fairen Wettbewerb."
Als positive Aspekte hebt der Verband die Aufnahme des 5-achsigen Kraftfahrzeuges mit bis zu 40 Tonnen zGM sowie bei den Null-Emissions-Fahrzeugen die Anhebung der maximal zulässigen Achslast der Antriebsachse auf 12,5 t hervor. Allerdings sollte diese Anhebung - wenn es um den BGL geht - auf alle Antriebsarten erweitert werden, um beispielsweise bei Teilentladung der Problematik der kurzzeitigen Antriebsachslastüberschreitung gerecht zu werden.
Verband der Automobilindustrie: Greening Freight Package schafft neue Möglichkeiten
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) empfindet die EU-Anreize ebenfalls als sinnvoll: „Lange Fahrzeugkombinationen bieten große Potenziale, den CO2-Ausstoß eines Lastzugs zu reduzieren. Sie sind somit ein wichtiger zusätzlicher Baustein, um die ambitionierte Klimaziele zu umzusetzen. Die Zahlen bei Lang-Lkws sprechen für sich: Zwei Lang-Lkw-Fahrten ersetzen drei Fahrten mit herkömmlichen Lkw. Die Effizienzgewinne und Kraftstoffersparnisse liegen damit bei bis zu 25 Prozent. Dabei wird der Erhaltungsaufwand für die Infrastruktur nicht erhöht. Dies hat damit zu tun, dass Straßenschäden in erster Linie durch die Achslasten und nicht durch das Gesamtgewicht der Lkw verursacht werden. Da der Lang-Lkw in Deutschland nur mit maximal 44 Tonnen fahren darf, ein Lang-Lkw aber deutlich mehr Achsen hat, sind die Achslasten pro Achse beim Lang-Lkw sogar geringer als beim normalen Lkw, der mit 44 Tonnen fährt. Mit dem Greening Freight Package hat die EU nun die Möglichkeit, bislang ungenutzte CO2-Minderungspotenziale im Straßengüterverkehr auszuschöpfen. Ziel muss jetzt sein, einen grenzüberschreitenden Einsatz des Lang-Lkws zu ermöglichen. Dafür braucht es neben der Planungssicherheit für die Unternehmen insbesondere die Etablierung eines großen Positivnetzes, also entsprechenden Straßen, auf denen die Lang-Lkws unterwegs sein können.“