IT-Basics für die Kleinen

Erpressungstrojaner wie "WannaCry" und "Petya" haben im Frühsommer vergangenen Jahres eines verdeutlicht: Auch Unternehmen der Transportund Logistikbranche geraten vermehrt ins Visier von Cyber-Kriminellen. Und das kann richtig teuer werden. So schätzt die Unternehmensberatung Oliver Wyman den 2017 entstandenen Schaden durch Cyber-Angriffe für die Transport- und Logistikbranche auf drei Milliarden Euro - 2020 könnte sich diese Summe laut Prognose auf sechs Milliarden Euro belaufen. Dieser Posten umfasst lediglich die direkten Kosten von Hacking-Angriffen und Datenlecks. Indirekte, langfristige Kosten, wie Reputationsschäden oder Verluste geistigen Eigentums, sind dabei noch nicht berücksichtigt. "Zielgerichtete Angriffe, bei denen Kriminelle versuchen, Daten bestimmter Unternehmen zu erbeuten, betreffen in der Regel häufiger die großen Player, da Datendiebe hier mehr Kapital rausschlagen können als bei kleinen und mittleren Unternehmen", sagt Max-Alexander Borreck, Consultant Transportation bei Oliver Wyman (siehe auch Interview auf Seite 32). Das bedeutet aber mitnichten, dass sich "die Kleinen" entspannt zurücklehnen können. Schließlich laufen auch kleinere Unternehmen, die an wichtigen Schaltstellen positioniert sind, Gefahr, gezielt angegriffen werden. Dass jede Firma jederzeit von nicht zielgerichteten Angriffen wie Denial-of-Service- und Malware-Attacken heimgesucht werden kann, sollte ohnehin jedem klar sein. Ein Mindestmaß an IT-Sicherheit im Unternehmen ist also unabdingbar - für die Umsetzung der wichtigsten "Basics" ist auch nicht zwingend eine vielköpfige IT-Abteilung nötig. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) etwa empfiehlt folgende Sicherheitsstandards, die auch die kleinsten Unternehmen beherzigen sollen: Antivirenprogramme nutzen Virenscanner, die die Festplatte immer wieder nach Schadprogrammen durchsuchen, sollten zur Standardausstattung jedes Computers gehören. Dies gilt vor allem für Unternehmen, in denen mehrere Mitarbeiter an einem Computer oder in einem Netzwerk arbeiten. Während für Privatanwender viele kostenlose Antivirenprogramme zur Verfügung stehen, werden Unternehmen hier meist zur Kasse gebeten. Die Investition lohnt sich aber auf jeden Fall - zumal es durchaus Versionen für kleinere Unternehmen gibt, die weniger als fünf Euro im Monat kosten und dabei guten Schutz bieten. Ein Antivirenprogramm zu installieren, ist aber nur die halbe Miete. Neue Schadprogramme verbreiten sich in Windeseile - um einen Schutz zu gewährleisten, sollte der Virenscanner auf dem aktuellsten Stand sein. Die meisten Antivirenprogramme aktualisieren sich automatisch über das Internet. Diese Funktion sollte auf keinen Fall abgeschaltet werden. Regelmäßige Back-ups "Ihre Daten wurden verschlüsselt - zahle XY Bitcoins, um sie wiederherzustellen." Sogenannte Ransomware-Trojaner, die Daten auf Firmenrechnern in Geiselhaft nehmen, dürften wohl der Alptraum eines jeden Unternehmens sein - es sei denn, die Daten wurden vor dem Angriff vernünftig gesichert. Ein regelmäßiges Backup sollte daher zum Standard jedes Betriebes gehören. Dabei wird empfohlen, mindestens einmal pro Woche eine Sicherungskopie zu machen. Wichtig dabei ist, die Datensicherung physisch getrennt vom Server aufbewahren. Experten raten zur sogenannten 3-2-1-Regel: Drei Kopien aller kritischen Daten sollten auf mindestens zwei unterschiedlichen Medien liegen - auf der Festplatte etwa, einem externen Speichermedium oder im Cloudspeicher. Datenverlust droht aber auch von analoger Seite: Um zu verhindern, dass zum Beispiel ein Brand im Büro oder ein Wasserschaden alle Sicherungskopien vernichtet, sollte mindestens eine davon außerhalb des Unternehmens an einem sicheren Ort lagern. Betriebssystem aktuell halten Ein großes Einfallstor für Schadprogramme aller Art sind veraltete Systeme. Was passieren kann, wenn Rechner mit betagten Windows-Versionen genutzt werden, zeigte die Angriffswelle mit der "Wanna Cry"-Schadsoftware im Mai vergangenen Jahres, die weltweit rund 300.000 Windows-Computer lahmlegte. Der Kryptotrojaner zielte vor allem auf veraltete Windows-XP- oder Windows-Server-2003-Systeme ab, die altersbedingt kaum oder gar nicht mehr mit wichtigen Updates versorgt werden. Grundsätzlich ist es immens wichtig, alle Sicherheits-Aktualisierungen umgehend einzuspielen. Betriebssysteme laden in der Regel automatisch die aktuellen Updates herunter und installieren diese. Diese Funktion sollte auf keinen Fall deaktiviert werden. Im Zweifelsfall sollte man in den Update-Einstellungen von Windows überprüfen, ob ein Neustart für die Update-Installation nötig ist. Auch einzelne Programme oder Plugins können Sicherheitslücken enthalten. Deshalb sollten auch bei diesen Anwendungen die jeweils aktuellsten Versionen eingespielt werden. Die meisten Programme bieten in der Regel eine automatische Update-Funktion. Grundsätzlich gilt: Da die Aktualisierungen zu technischen Problemen führen können, empfiehlt sich auch hier eine regelmäßige Datensicherung. Firewall installieren Der Übergang vom Unternehmensnetzwerk zu anderen Netzwerken oder zum Internet ist immer ein kritischer und sicherheitsrelevanter Knotenpunkt. Eine Firewall funktioniert wie eine Grenzkontrolle: Nur mit gültigen Ein- und Ausreisepapieren dürfen Datenpakete vom eigenen Netzwerk ins offene Internet und umgekehrt. Solch einen Schutz sollte jeder Server haben, um die zahllosen Angriffe aus dem Netz abzuwehren. Auch eine Software zur Sicherheitsüberwachung (Security Monitoring) oder zur Erkennung von Eindringlingen (Intrusion Detection) ist eine gute Maßnahme, um die Sicherheit des eigenen Netzwerks zu stärken. Admin-Zugänge sparsam vergeben Wer seinen Computer einrichtet, sollte unbedingt ein Administratorprofil mit gesondertem Kennwort einrichten und dieses Profil nur dann benutzen, wenn neue Programme eingerichtet oder das Betriebssystem konfiguriert werden. Für die alltägliche Arbeit dagegen sollte immer ein Account mit weit weniger Rechten genutzt werden. Der Grund ist simpel: Fängt sich ein Benutzer mit einem einfachen Zugang einen Virus ein, kann sich dieser weit weniger ausbreiten. Der Schaden hält sich in Grenzen, selbst wenn die Schadsoftware die Kontrolle übernehmen sollte. Individuelle Accounts einrichten So mancher Betrieb nutzt nur einen Zugang pro Computer, der dann als gemeinsamer Account verwendet wird. Solche Sammel-Accounts sind ein Risiko, da nicht kontrolliert werden kann, wer Passwörter an wen weitergibt. Auch ehemalige Mitarbeiter könnten durch diese Sicherheitslücke weiterhin Zugriff auf sensible Firmendaten haben. Ex-Mitarbeiter gehören laut einer Studie des Digitalverbandes Bitkom übrigens zum Täterkreis Nummer eins, wenn es um den Diebstahl von Daten geht. Jeder Mitarbeiter sollte daher unbedingt einen eigenen Benutzeraccount mit eigenem Passwort erhalten. So können Administratoren genau definieren, welche Berechtigungen ein Mitarbeiter haben soll und welche nicht. Zudem kann auf diese Weise besser nachvollzogen werden, an welcher Stelle Angreifer in das Netzwerk gelangen konnten. Denn oft ist schlicht menschliches Fehlverhalten die Ursache für das Gelingen von Cyberangriffen. Nicht alle schadhaften Dateianhänge in E-Mails landen im Spam-Filter. Schulungen und Awareness-Maßnahmen, die Mitarbeiter für Gefahren wie Phishingmails sensibilisieren, gehören zum absoluten Pflichtprogramm. Komplexe Passwörter erzwingen Eines der häufigsten Einfallstore für Angreifer sind einfach zu erratende Passwörter. Viele Nutzer sind trotzdem immer noch erstaunlich fantasielos, wenn es um die Erstellung von Passwörtern geht. Beispiele gefällig? Das häufigste Passwort weltweit ist laut einer Analyse der Sicherheitsfirma Splash Data "123456", gefolgt von "password" und "12345678". Auch gängige Tastaturmuster wie "qwertz", "asdfgh" oder "1234abcd" sollten als Passwort tabu sein. Um es Eindringlingen nicht derart einfach zu machen, empfiehlt es sich, den Mitarbeitern durch den Administrator einen Mindeststandard für Passwörter vorzugeben. So sollte eine bestimmte Passwortlänge zwingend vorgeschrieben sein, Experten empfehlen hier mindestens acht Zeichen. Zudem sollten Nutzer dazu verpflichtet werden, mindestens eine Zahl oder ein Sonderzeichen für die Erstellung eines sicheren Passworts zu verwenden. Mobilgeräte absichern Immer häufiger werden Firmendaten auf Mobilgeräten unterwegs genutzt und bearbeitet. Doch wehe, wenn das Smartphone im Zug vergessen oder gestohlen wird. Von ungeschützten Geräten können Unbefugte problemlos sensible Firmendaten abgreifen. Deshalb sollten mobile Geräte vollverschlüsselt und passwortgeschützt sein. Darüber hinaus sollten die Daten aus der Ferne gelöscht werden können. Auch eine sogenannte Zwei-Faktor-Identifizierung bei kritischen Zugängen sollte erwogen werden: Dies bedeutet, dass neben der Eingabe eines einzelnen Kennworts zusätzlich noch ein weiterer Identifizierungsweg benötigt wird. Mehr zum Thema im Dossier Kriminalität & Sicherheit www.verkehrsrundschau.de/dossiers Hintergrund Gefahr aus dem Darknet Das sogenannte Darknet ist in erster Linie als Marktplatz für Drogen, Waffen und Pornografie sowie als anonyme Austauschplattform für Hacker bekannt. Anders als beim Internetsurfen über gängige Browser verbindet sich der Computer bei der Nutzung des Darknets nicht direkt mit dem Server, auf dem eine Website liegt. Stattdessen ist eine ganze Reihe von Servern zwischengeschaltet, um dem Nutzer größtmögliche Anonymität zu gewähren. Wie eine Analyse von Oliver Wyman belegt, werden im Darknet auch gezielt Daten und Services angeboten, die Logistikern schaden können. So fanden die Berater etwa Angebote für Kunden- und Mitarbeiterdaten von Logistikunternehmen, Hacking-Software für "Internet of Things"-Anwendungen wie Drohnen sowie gehackte, anonyme Zugänge zu Paketstationen. Gezahlt wird anonym mit der Kryptowährung Bitcoin. "Die missbräuchliche Nutzung von Daten setzt heute kaum noch tiefer gehende Programmierkenntnisse voraus, denn vieles lässt sich im Darknet bereits als Dienstleistung oder Softwarepaket erwerben", erklärt Oliver-Wyman-Berater Max-Alexander Borreck die Gefahr durch die Verfügbarkeit illegaler Angebote im Darknet. mh