Ist der Fahrermangel ein hausgemachtes Problem?

Das Gewerbe klagt über Lkw-Fahrermangel. Trotzdem bilden nur wenige Betriebe zum Berufskraftfahrer aus. Ist die dreijährige Berufskraftfahrer-Ausbildung also überhaupt noch sinnvoll oder reicht da nicht die beschleunigte Grundqualifikation? Nein, nein! Die Ausbildung zum Berufskraftfahrer ist und bleibt wichtig! Die Themen Sicherheit und Qualität haben in unserer Branche Top-Priorität. Wir können das nur über eine qualifizierte Ausbildung von jungen Leuten leisten. Deshalb bildet unser Unternehmen, die Hensel Spedition, seit Jahren selbst Fahrer aus. In diesem Jahr sogar elf Berufskraftfahrer und eine Berufskraftfahrerin. Viele Ihrer Branchenkollegen denken da offenbar anders. Fakt ist, dass im vergangenen Jahr die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge für Berufskraftfahrer um 2,4 Prozent gesunken ist. Das große Problem ist doch, dass viele Unternehmen ihre Ausbildungsplätze gar nicht besetzen können. Der demografische Wandel schlägt mittlerweile stark durch. Wenn es weniger Schulabgänger gibt, kämpfen alle Branchen um den Nachwuchs. Da hat es das Transport- und Logistikgewerbe aufgrund seines Images nach wie vor schwer. Es gibt aber zugegebenermaßen auch Betriebe, die deshalb keine Berufskraftfahrer mehr ausbilden, weil der Bund die Ausbildungsförderung stark bürokratisiert hat. Und natürlich sorgen sich viele, dass sie ihren Azubis den Lkw-Führerschein teuer bezahlen, diese dann aber zur Konkurrenz wechseln. Das passiert immer wieder. Vielleicht sind manche Betriebe auch einfach zu klein, um selbst auszubilden? Auch das ist ein Thema, wobei ausbildungswillige Betriebe immer eine Lösung gefunden haben. Manche kooperieren zum Beispiel mit den Werkstätten ihrer Nutzfahrzeughersteller, um so ihren Azubis auch diesen Teil der Ausbildung bieten zu können. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit des Ausbildungsverbunds, die nur wenige Betriebe nutzen, weil das Ganze sehr aufwendig ist. Würden Sie so weit gehen, dass der Fahrermangel ein hausgemachtes Problem der Branche ist? Ja, natürlich! Es ist zwar tatsächlich schwerer geworden, guten Nachwuchs zu finden. Viele Betriebe tun aber auch zu wenig dafür. Unsere Firma ist bei Ausbildungsmessen vor Ort, wir präsentieren uns in Schulen, um mit Jugendlichen in Kontakt zu treten. Und im vergangenen Jahr haben wir in Mainz sogar einen Tag der Logistik veranstaltet, auf dem wir uns präsentiert haben. Es gibt also viele Möglichkeiten, um junge Leute zu finden. Da müssten Firmen aktiver werden. Welche Ihrer Maßnahmen brachte da den größten Erfolg? Der Tag der Logistik in Mainz. Entscheidend ist, dass man den Jugendlichen da etwas bietet. Wir haben zum Beispiel einen Lkw- und Stapler-Parcours organisiert und haben an diesem Tag fünf Ausbildungsverträge geschlossen. Nur einen Stand mit zwei Leuten hinzustellen, reicht dagegen nicht. Was würde darüber hinaus helfen, Betriebe stärker für die Ausbildung zu begeistern? Den Gesetzgeber sehe ich hier nur an einer Stelle gefordert: Er sollte den Bürokratismus reduzieren. Für viele Betriebe ist es extrem aufwendig, Fördermittel zu beantragen. Diese gibt es zwar für die Ausbildung beim Bundesamt für Güterverkehr. Aber das Ausfüllen der Formulare ist komplex. Nachbesserungsbedarf sehe ich auch bei Schulen und Eltern: In puncto Geografie und Mathematik haben etliche Jugendliche Lücken sowie im sozialen Miteinander. Zahl der Lkw-Fahrer-Lehrstellen sinkt Jährlich scheiden aus Altersgründen rund 30.000 Lkw-Fahrer aus und es rücken zu wenige Nachwuchskräfte nach. So wurden im Jahr 2015 3072 Ausbildungsverträge für angehende Berufskraftfahrer geschlossen und damit 2,4 Prozent weniger als 2014, vermeldet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Daniel Hensel, Geschäftsführer der Hensel Logistik, glaubt aber, dass die Firmen in puncto Ausbildung durchaus nachbessern könnten. eh