VR: Warum nehmen Sie am Feldversuch teil?
Reiner Heiken: Wir waren von Anfang an davon überzeugt, dass der Lang-LKW sinnvoll ist. Für uns stellt er eine Chance dar, Spezialgeschäfte zwischen zwei oder drei Punkten effektiver abwickeln zu können. Für normale Stückgut-Strecken ist der Einsatz von Lang-LKW nicht gedacht – man braucht einen Kunden mit der entsprechenden Gutstruktur dafür. Als Tchibo auf uns zukam, hatten wir einen idealen Fall für den Lang-LKW und die Möglichkeit, die Transporte kostengünstiger und umweltfreundlicher abzuwickeln.
Lohnt sich für Sie der Einsatz?
Auf alle Fälle. Wir fahren jetzt mit 53 Paletten, statt mit 34, da wir zusätzlich noch 19 Paletten mit der Wechselbrücke befördern können. Mit einer Sattelzugmaschine, drei High-Cube-Wechselbrücken und drei Trailern schaffen wir sechs Zustellungen pro Tag und fahren insgesamt 1000 Kilometer. Dabei sparen wir 1,5 LKW pro Tag und somit 30.000 Liter Diesel pro Jahr.
Rechnet sich das für Sie – oder nur für den Kunden?
Es ist eine Win-win-Situation. So ein Projekt muss man partnerschaftlich angehen. Natürlich geht es darum, zum einen eine Einsparung und zum anderen einen entsprechenden Return on Investment zu realisieren.
Würden Sie auch für weitere Kunden Lang-LKW einsetzen?
Bei einem Kunden mit passenden Gütern und Strecken würden wir das jederzeit wieder machen. Allerdings sollte der Kunde auch ein Commitment abgeben und sich verpflichten, über einen gewissen Zeitraum mitzumachen. Sonst lohnt sich diese Investition nicht.
Wie lange hat es von den ersten Gesprächen bis zur Realisierung gedauert?
Alles in allem zehn Monate. Wir mussten länger als gedacht auf die Freigabe vom Bundesverkehrsministerium warten. Bremen, eines der fünf betroffenen Bundesländer und darüber hinaus nicht unbedingt ein großer Befürworter des Feldversuchs, war sehr kooperativ.
Wie fanden Sie das gesamte Prozedere?
Insgesamt viel zu aufwendig und bürokratisch. Es sind schon enorme verwaltungstechnische Prozeduren. Das macht man wirklich nur, wenn man es unbedingt versuchen möchte. Viele Unternehmen scheuen sich davor. Außerdem geht man natürlich auch ein unternehmerisches Risiko ein.
Spüren Sie bei Politikern, die gegen den Lang-LKW sind, einen Sinneswandel?
Ja, man meint ihn zu spüren. Es gibt Politiker, die werden offener und kümmern sich zunehmend um die Details. Aber es gibt auch noch viele, die endlich verstehen sollten, dass der Lang-LKW nicht zusätzlichen Verkehr auf die Straße bringt, sondern ihn reduziert. Es ist kein Verdrängungswettbewerb gegenüber der Schiene oder dem Binnenschiff, sondern eindeutig eine Optimierung der Straßentransporte.
Hintergrund: Seit Februar fährt Kühne + Nagel mit einem Lang-LKW für Tchibo Aktionsware von einem Zentrallager östlich von Hamburg nach Bremen. Das Fahrzeug ist 24 Stunden im Rundlauf unterwegs. Die Strecke führt über die Autobahn Hamburg-Bremen und in Bremen über eine Stadtautobahn direkt zum GVZ. In diesem Fall ist der Lang-LKW aufgrund des Punkt-zu-Punkt-Verkehrs und der voluminösen Güter das ideale Transportmittel.