Um einen großen Teil der milliardenschweren Sanierung maroder Fernstraßen zu finanzieren, könnte sich aus Sicht des baden-württembergischen Landkreistags auch eine Autobahn-Maut nach Schweizer Vorbild eignen. „Die Vorteile liegen auf der Hand“, sagte der Präsident des Dachverbands, Joachim Walter. Das Modell wäre einfach und ließe sich unbürokratisch umsetzen. „Und die Einnahmen würden zweckgebunden an die Autobahngesellschaft des Bundes fließen“, sagte der Tübinger Landrat.
Denkbar wäre aus Sicht Walters eine Maut in Höhe von 100 Euro für die Jahresvignette. In der Schweiz kostet diese derzeit für das kleinere Autobahnnetz umgerechnet 44 Euro – sowohl für Menschen aus der Schweiz als auch für Ausländer. Zuvor hatte bereits der „SWR“ über den Vorschlag berichtet.
Die notwendigen Investitionen dürften nicht nur auf Pump finanziert werden, kritisierte Walter Pläne der möglichen künftigen schwarz-roten Koalition in Berlin. Union und SPD haben bei ihren Sondierungen unter anderem ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur vereinbart.
Im Sondierungspapier heißt es dazu unter anderem: „Mit einem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro bringen wir unser Land wieder in Form – durch Investitionen in Straßen, Schienen, Bildung, Digitalisierung, Energie und Gesundheit.“ Die Pläne erfordern Grundgesetzänderungen, für die in Bundestag und Bundesrat jeweils Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden.
Notwendig sei eine faire Lastenverteilung zwischen den Generationen, sagte der Präsident des Landkreistags. „Wenn gerade die Jüngeren in unserer Gesellschaft den Eindruck gewinnen, dass sie allein die Zeche für die Versäumnisse ihrer Eltern und Großeltern zahlen sollen, dann werden gut gemeinte Maßnahmen schnell zum Konjunkturprogramm für die politischen Ränder.“
In Deutschland gibt es seit 2005 eine Lkw-Maut auf Autobahnen und stark befahrenen Bundesstraßen. Die Abgabe wurde 2018 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet.
Auch Hermann befürwortet Pkw-Maut
Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kann sich die Einführung Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen vorstellen, wenn es denn eine „intelligente“ Maut ist, wie er betonte. „Angesichts der gigantischen Kosten von Sanierung und Modernisierung braucht es neben Krediten auch andere Einnahmequellen“, sagte Hermann der „Deutschen Presse-Agentur“ auf Nachfrage.
Die Einnahmen aus der Energiesteuer, früher Mineralölsteuer, würden in den kommenden Jahren kontinuierlich sinken wegen der fortschreitenden Elektrifizierung der Fahrzeuge, so Hermann. Eine Pkw-Maut könnte den Einnahmeausfall kompensieren.
Der 100 Euro-Vignetten-Vorschlag, der Landkreistag vorgeschlagen hat, „wäre zwar einfach und schnell einführbar, ist aber ohne Steuerungswirkung und Nutzerbezug“, kritisierte Verkehrsminister Hermann. Es brauche stattdessen eine Diskussion über eine intelligente, digitale Pkw-Maut, die „zeit- und entfernungsvariabel“ sein müsste. „Das wäre gerechter und ökologischer“, sagte Hermann. „Richtig ist: Es braucht einen neuen, klugen Anlauf zu einer sinnvollen Pkw-Maut.“
Dieser Artikel wurde am 13. März um 14.42 Uhr aktualisiert.