Siegen/Olpe. Der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen, Walter Viegener, hat die derzeitigen Vorgaben beim Schwertransport deutlich kritisiert. Speditionen hätten mit einer teils grotesken Fülle an Aufgaben zu kämpfen, erklärte er diese Woche. Das koste nicht nur Nerven, sondern auch Geld. Für Viegener steht dadurch die Wettbewerbsfähigkeit vieler produzierender Betriebe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe auf dem Spiel. Der Grund: die zunehmenden Probleme in der Abwicklung von Großraum- und Schwertransporten. Die Sondertransporte seien für die heimischen Apparate- und Behälterbauer, Walzen- und Rohrhersteller und viele andere Unternehmen extrem wichtig. Die Genehmigungsbehörden in den beiden Kreisen bearbeiten jedes Jahr zwischen 10 und 14.000 Schwertransportanträge.
StVO-Novelle heizt Kritik an
Neuer Stein des Anstoßes für den IHK-Vizepräsidenten aus Siegen ist die im April in Kraft getretene Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Ihn stören zwei Neuerungen, die Großraum- und Schwertransporte unmittelbar betreffen. Bislang konnte der Antragsteller den Transport am Sitz seines Unternehmens, einer Niederlassung, seinem Wohnsitz oder am Startort des Transportes beantragen. Die neue StVO lässt dies nur noch an zwei Orten zu: nämlich am Start- und am Zielort. „Dies wird dazu führen, dass sich viele Genehmigungsbehörden einer Flut von Anträgen ausgesetzt sehen, für die sie personell nicht gerüstet sind. Was dies für behördlichen Bearbeitungszeiten bedeutet, ist offensichtlich“, warnt auch der Siegener IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer. Schon in der Vergangenheit seien Anträge je nach Bundesland zehn Wochen oder länger bearbeitet worden, was in einigen Fällen in Konventionalstrafen oder stornierten Aufträgen gemündet sei. Dieser Trend werde nun wieder verstärkt, fürchtet er.
Weiterer Kritikpunkt: Die reformierte StVO sieht erstmals eine bundesweit einheitliche Gebührentabelle für die Antragsbearbeitung vor. Im Grundsatz sei dies zu begrüßen, erläutert Langer. Mehr Gebührentransparenz bedeute eine verlässlichere Kostenkalkulation für die Unternehmen. Allerdings seien die Sätze für die Gebührentatbestände so hoch gewählt, dass sie zu erheblichen Kostensteigerungen führten, wenn die Neuregelung am 1. Januar 2021 endgültig in Kraft tritt. „Probeberechnungen nach dem Modell zeigen einen Gebührenanstieg von bis zu mehreren hundert Prozent“, sagte er.
Mehrkosten in Zeiten der Corona-Krise
Auch in diesem Punkt fordert der Siegener IHK-Vizepräsident Viegener deshalb die Politik zu einer Korrektur der StVO-Novelle beziehungsweise der zugehörigen Gebührentabelle auf. „Die Mehrkosten treffen die Branche in einem Moment, in dem sie alle Kraft benötigt, die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Angesichts der ohnehin hohen Kosten bei den Schwertransporten muss alles vermieden werden, was die Wettbewerbssituation der betroffenen Unternehmen weiter verschlechtert!“ Schwertransporte seien kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit und oft von übergeordnetem Interesse. Die Energiewende etwa sei zwingend auf sie angewiesen, weil die Bestandteile der Windtürme nur mit diesen Sondertransporten bewegt werden könnten. Derzeit wird die Novelle im Bundesverkehrsministerium überarbeitet. Walter Viegener: „Ein guter Anlass, auch bei der Zuständigkeit der Behörden und der Gebührensätze nachzusteuern!“ (ja/ag)