Kiel. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland dürfte laut dem Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in diesem Jahr um 5,5 Prozent sinken. Im Juni hatte das Institut noch einen Rückgang um 6,8 Prozent erwartet. Damit wäre der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) etwas geringer als in der globalen Finanzkrise im Jahr 2009, als die Wirtschaft um 5,7 Prozent eingebrochen war. Allerdings zeigten sich die Experten für das kommende Jahr merklich pessimistischer als zuvor. Man erwartet jetzt im Jahr 2021 ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent. Bisher hatte man 6,3 Prozent prognostiziert.
„Der Konjunkturaufschwung in Deutschland verliert an Tempo, nachdem es nach Ende des Corona-Lockdowns zunächst eine schnelle Erholung gegeben hatte“, heißt es in einer am Donnerstag in Kiel veröffentlichten Konjunkturprognose. Die schwache Entwicklung von weiterhin eingeschränkten Branchen und der Weltwirtschaft insgesamt bremse den Aufschwung.
Erholung vor allem dank Industrie und Einzelhandel
„Den Großteil des Einbruchs aus der Lockdown-Phase hat die deutsche Wirtschaft zwar bereits aufgeholt, aber die Kapazitäten sind trotzdem längst noch nicht normal ausgelastet“, sagte Stefan Kooths, Prognosechef beim IfW Kiel. Die Erholung sei vor allem der Industrie und dem Einzelhandel zu verdanken. Branchen wie Gaststätten, Tourismus oder das Veranstaltungsgewerbe dürften aber noch längere Zeit deutlich unterausgelastet bleiben und erst dann die Erholung stützen, wenn Maßnahmen des Seuchenschutzes weitgehend entfallen seien. Diese werde nach Einschätzung des IfW erst ab Frühjahr 2021 nach und nach geschehen.
Die Auswirkungen am Arbeitsmarkt sind laut IfW nach stärker als in der Finanzkrise 2008 und 2009. Die Arbeitslosenzahl wäre derzeit ohne Corona-Rezession schätzungsweise um 640.000 niedriger. Seit der Jahresmitte deuteten die Daten auf einen allmählichen Beschäftigungsanstieg hin. „Allerdings wird es voraussichtlich bis Anfang 2022 dauern, bis der Beschäftigungseinbruch wieder vollständig aufgeholt ist“, erwartet das IfW. (dpa/sn)