Hessen geht Baustellen im Güterverkehr an

Den politischen Beobachtern in Hessen ging es zum Jahresende wie den Berufspendlern im Raum Frankfurt: Sie brauchten viel Geduld. Nach fast zwei Monaten währenden Verhandlungen haben CDU und Grüne kurz vor Weihnachten ihr Programm für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Der neue Koalitionsvertrag soll die erfolgreiche Zusammenarbeit fortschreiben und die hohen Stimmzuwächse der Grünen würdigen. Das drückt sich auch im Kapitel über Mobilität und Verkehr aus, für das der alte und neue Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir verantwortlich zeichnet. Hessens grüner Vize-Ministerpräsident will Schwerpunkte unter anderem bei der Elektrifizierung des Verkehrs setzen. Weiterhin viele Baustellen zu erwarten Für den Güterverkehr zeichnen sich spürbare Erleichterungen genauso ab wie altbekannte Probleme. So hält das Land an der aktuellen Intensität der Straßensanierungen fest. Das ist zwar mittelfristig eine gute Nachricht. Vorerst ist ein Ende der vielen Staus durch Baustellen aber nicht absehbar. Schon jetzt gerate Hessens eigentlich gute Infrastruktur regelmäßig an ihre Grenzen, wenn Verkehrsstoßzeiten und Dauerbaustellen zusammenkommen, klagt Klaus Poppe, Geschäftsführer des Fachverbands Güterkraftverkehr und Logistik Hessen. Die im Koalitionsvertrag geplante Ausweitung von temporären Standstreifenfreigaben durch ein intelligentes Verkehrsleitsystem könne da nur begrenzt Abhilfe schaffen, sagt Poppe. Zudem warnt er vor der angestrebten Ausweitung von Lkw-Überholverboten. Diese sei schlicht "nicht sinnvoll". Dagegen freut sich Poppe, dass das Transitland Hessen das Angebot an Lkw-Parkplätzen ausbauen will. "Das haben wir immer wieder in politischen Gesprächen angesprochen. Die momentane Situation ist untragbar." Ferner begrüßt er das Vorhaben, frei werdende Personalkapazitäten in der Verkehrsbehörde Hessen Mobil für die Bearbeitung von Transportgenehmigungen zu nutzen. "Wir haben das Problem langer Genehmigungszeiträume bei Großraum- und Schwertransporten", sagt Poppe. "Wenn das dazu führt, dass Unternehmer künftig Genehmigungen in zwei, drei Tagen oder einer Woche bekommen, ist das genau das, was wir wollen." Vorstoß zu Lkw-Notbremsassistenten Mit der Forderung nach Notbremsassistenten, die sich nicht dauerhaft abschalten lassen, nimmt der Koalitionsvertrag ein weiteres Anliegen der hessischen Spediteure auf. Eine auf die Dauer von zehn Minuten begrenzte Abschaltung würde die Systeme etwa mit Blick auf den Baustellenverkehr praxistauglicher machen, sagt Poppe. Eine diesbezügliche Regelung für neue Lkw auf EU-Ebene wäre aus seiner Sicht "ein Zugewinn an Sicherheit". Auch das Ziel, mehr lärmarme Asphaltdecken zu verwenden, findet seine Billigung. Bundesstraßen würden so wieder besser nutzbar für den Fernlastverkehr. Poppes Argwohn dagegen weckt das Koalitionsziel, zur Verkehrsentlastung der Wohngebiete auf eine Kooperation konkurrierende Post- und Paketdienstleister hinwirken zu wollen. Der Plan klinge "dirigistisch". Insgesamt ist Poppe zufrieden mit den Koalitionsplänen der hessischen Regierung in puncto Verkehr. "Da finden wir einiges wieder, was wir in den politischen Gesprächen vorgetragen haben. Aber natürlich ist da auch Raum zur Verbesserung." Zuständig für Verkehr Al-Wazir wird SuperministerTarek Al-Wazir wird in dieser Legislaturperiode so etwas wie Hessens Superminister. Der stellvertretende Ministerpräsident ist seit fünf Jahren für Wirtschaft, Energie und Verkehr zuständig. Zur Neuauflage der schwarzgrünen Koalition kommt noch die Wohnungspolitik zu seinem Ressort hinzu. ag

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