Zwei Verkehrsprojekte stehen auf der Kippe

Den Wert einer guten Verkehrsanbindung hat Bayerns neuer Verkehrsminister früh demonstriert bekommen: Der 36-jährige Hans Reichhart ist in der mittelschwäbischen Provinz aufgewachsen. Dank der Autobahn 8 liegt seine Heimat Jettingen-Scheppach aber auf halber Strecke zwischen Stuttgart und München. Der Junge Union-Vorsitzende (JU) startet unter schwierigen Bedingungen ins Amt. Seine Partei muss wieder mit einem Koalitionspartner regieren. Auch der Grünen-Wahlerfolg in Bayern schlägt sich im Programm von CSU und Freien Wählern wieder. "Wir werden Mensch und Umwelt noch besser vor den Auswirkungen des Verkehrs schützen", heißt es im Koalitionsvertrag. Akzente will die neue Regierung beim Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs setzen. Zugleich stellt sie klar: Bayern "soll ein Autoland bleiben." So will die Koalition weiter "auf Rekordniveau" in Staatsstraßen investieren. Das soll aber nicht in mehr Stau münden: CSU und Freie Wähler wollen eine bessere Koordination der Verkehrsplanung und Dauerbaustellen künftig vermeiden. Ferner heißt es: "Fahrverbote kommen nicht infrage." Für Innenstadtbelieferer eine gute Nachricht, schließlich will die Deutsche Umwelthilfe eine Einhaltung der Luftreinhaltepläne in München notfalls auch mit Fahrverboten erzwingen. Passau, Augsburg und Nürnberg könnten folgen. Kritik kommt von LBS und LBT Der Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS) und der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) blicken "mit gemischten Gefühlen" auf den Koalitionsvertrag. Uneingeschränkt begrüßenswert finden LBS-Geschäftsführerin Sabine Lehmann und LBT-Geschäftsführer Sebastian Lechner nur die in Aussicht gestellten Investitionen in die Straße. Enttäuscht sind die Verbände aber vor allem über zwei andere Stellen des Koalitionsvertrages: "Beim Brennerzulauf ist zunächst die Erforderlichkeit einer Neubaustrecke nachzuweisen", so CSU und Freie Wähler. Bei einem Ausbau wollen sie maximale Anwohnerfreundlichkeit, also Lärm- und Landschaftsschutz, vorrangig durch eine weitgehende unterirdische Streckenführung. Die Verlegung des Nordzulaufes zum Brennerbasistunnel von München über Rosenheim nach Kufstein unter die Erde würde mutmaßlich jeden Kostenrahmen sprengen. Stellt Bayerns neue Regierung das Projekt wieder auf den Prüfstand, dürfte die von der Bahn angestrebte Inbetriebnahme im Jahr 2038 kaum zu schaffen sein. "Der Ausbau des Brennerzulaufes ist unentbehrlich für den Erhalt und die Entwicklung unseres Handels mit Italien und über die italienischen Häfen mit Afrika und Asien", warnen Lehmann und Lechner. "Kommt er nicht, droht Bayern von diesen Handelspartnern mittel- und langfristig abgekoppelt zu werden." Zudem stehe ein Aus für den Brennerzulauf im Widerspruch zum im Koalitionsvertrag genannten Ziel, den Kombinierten Verkehr zu fördern. Weil die Freien Wähler eine dritte Startbahn für den Münchner Flughafen ablehnen, verschwindet auch dieses Projekt in der Schublade. "Die dritte Startbahn in München ist für den Wirtschafts- und Luftfrachtstandort Bayern von entscheidender Bedeutung", klagen die Geschäftsführer von LBS und LBT. Es gibt also erkennbar Gesprächsbedarf zwischen den Branchenverbänden in Bayern und Verkehrsminister Reichhart - vielleicht irgendwo an der A 8. Ziel der Koalitionäre CSU und Freie Wähler wollen Schienengüterverkehr stärken"Wir sorgen für mehr Güterverkehr auf der Schiene. (...) Die Verkehrszuwächse müssen so weit wie möglich auf umweltfreundliche Verkehrsträger verlagert werden. Dafür treiben wir den Ausbau des landesweiten Netzes an Güterverkehrszentren und sonstigen Umschlaganlagen voran."Quelle: Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2018-2023

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