Hamburg. Michael Behrendt hat seinen letzten großen Auftritt als Vorstandsvorsitzender der Containerreederei Hapag-Lloyd. Wenige Tage nach seinem 63. Geburtstag werden zu seinem Abschiedsempfang in der Konzernzentrale an der Binnenalster alle kommen, die in Hamburg Rang und Namen haben. Aus Wirtschaft, Politik und Kultur, um Anerkennung und Dank auszusprechen. Denn ohne Behrendt gäbe es den Konzern in Hamburg vermutlich nicht mehr. Und der Hafen, der gesamte maritime Standort, stünde um einiges schlechter da.
Der Jurist übernahm Anfang 2002 den Chefsessel bei Hapag-Lloyd, als die Schifffahrt noch mit üppigen Gewinnen und hohen Wachstumsraten verwöhnt war. Zuvor hatte er eine Karriere unter den Fittichen von Michael Frenzel gemacht, dem damaligen Chef des Preussag-Konzerns.
Preussag hatte bei der Reederei das Sagen - nicht aus Interesse an der Containerschifffahrt, sondern wegen einer Tui-Beteiligung von Hapag-Lloyd und anderer touristischer Aktiva. Nachdem diese Bestandteile von Hapag-Lloyd zur Preussag gewandert waren und diese sich in Tui umbenannt hatte, wollte Frenzel die Containerschifffahrt gern wieder loswerden. Die Tui sollte ein Tourismuskonzern sein.
In dieser Situation gelang es Behrendt 2005, von der Muttergesellschaft 1,7 Milliarden Euro loszueisen, um die kanadische Reederei CP Ships zu kaufen. Damit katapultierte sich Hapag-Lloyd von Platz 13 oder 14 in der Rangliste der Containerreedereien auf Platz fünf. Damals stand die Branche, anders als heute, noch nicht unter Konsolidierungsdruck. Die Übernahme brachte Hapag-Lloyd einen wichtigen Schritt voran. „Ob sie 100, 200 oder 250 Schiffe haben - das können Sie annähernd mit derselben Organisation abwickeln”, sagte er vor kurzem der „Welt am Sonntag”. „Deswegen ist heute Größe mehr denn je ein wichtiges Kriterium in der Schifffahrt.”
Der Retter aus der Krise
Zum Retter von Hapag-Lloyd wurde Behrendt 2008, als die Krise einsetzte und die Tui schon mit der Reederei NOL aus Singapur über einen Verkauf einig war. „Dann wäre in Hamburg eine Regionalzentrale für Europa mit 100 Leuten übrig geblieben, also letztlich das Ende von Hapag-Lloyd”, erinnert er sich. „Ich habe mir damals immer gesagt, dass ich nicht derjenige sein will, der bei Hapag-Lloyd das Licht ausmacht.” Schließlich reichen die Wurzeln des Unternehmens mehr als 150 Jahre zurück.
Mit dem damaligen Finanzsenator Wolfgang Peiner und dem Banker Christian Olearius schmiedete Behrendt ein Bündnis aus Stadt und Unternehmen. Der Ausverkauf nach Fernost wurde so vereitelt; Ankeraktionäre sind mittlerweile der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne und die Stadt. Hapag-Lloyd musste - wie die gesamte Branche - durch ein tiefes Tal. „Heute ist Hapag-Lloyd für die Zukunft strategisch und operationell hervorragend aufgestellt”, sagt Behrendt.
Mittlerweile läuft die Fusion zwischen Hapag-Lloyd und der Containersparte der chilenischen Reederei CSAV. Sie soll im Herbst abgeschlossen sein; Hapag-Lloyd ist dann die viertgrößte Linienreederei der Welt. Das muss noch nicht das Ende der Übernahmen sein; auch die Oetker-Reederei Hamburg Süd und der ehemalige Angreifer NOL werden weiter als potenzielle Partner gesehen. Behrendt wird im Herbst als Aufsichtsratsvorsitzender an den Ballindamm zurückkehren. „Auf diese neue Verantwortung blicke ich mit Spannung”, sagt er. Sein Nachfolger Rolf Habben Jansen soll verwirklichen, was Behrendt selbst trotz mehrerer Anläufe verwehrt geblieben ist: Hapag-Lloyd im nächsten Jahr erfolgreich an die Börse zu bringen. (dpa)