Kiel. Der vergleichsweise kleine Ostseehafen Kiel kommt 2011 groß raus. Erstmals in seiner Geschichte übersprang der Hafen der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt die magische Hürde von sechs Millionen Tonnen. Genau genommen waren es 6,29 Millionen Tonnen, die bis Jahresende über die Kaikanten gingen, eine Verbesserung von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das ist ein Top-Ergebnis für uns", sagte Dirk Claus, Geschäftsführer des Seehafen Kiel, bei der Vorlage der Jahreszahlen im neuen Schwedenterminal. Auch die wichtigen Reedereikunden des Hafens, Stena Line (Schweden), Color Line (Norwegen) sowie DFDS Seaways (Baltikum, Russland) sprachen in Gestalt ihrer lokalen Spitzenvertreter von einem sehr erfolgreichen Abschneiden ihrer Unternehmen im Verkehr von und nach Kiel. Sie tragen mit der auf ihren Schiffen in den entsprechenden Diensten transportierten Gütermengen zu rund vier Fünftel des Gesamtumschlags bei.
Große Mengen Kraftwerkskohle fielen 2011 weg
Das Umschlagergebnis hätte sogar noch etwas höher ausfallen können, berichtete Claus. Allerdings bekam auch Kiel im letzten Quartal 2011 die Folgen einer sich abschwächenden Konjunktur zu spüren. Zudem fielen im Berichtszeitraum rund 258.000 Tonnen weniger Massengut an, in erster Linie ausgelöst durch einen längeren Ausfall des Kieler Kohlekraftwerkes als Folge umfangreicher Wartungsarbeiten. Diese technische Revision ist inzwischen abgeschlossen, sodass Claus davon ausgeht, dass in diesem Jahr wieder eine entsprechende Menge an Kraftwerkskohle zurückkommt. Was den Gesamtumschlag für 2012 angeht, richtet sich Claus derzeit auf eine Festigung des guten Umschlagergebnisses ein.
Der Fähr-Frachtverkehr ist und bleibt für den Kieler Hafen das Brot- und Buttergeschäft im wertschöpfungsintensiven Güterumschlag. Fünf Fährlinien, die sich auf die drei eingangs erwähnten Reedereien verteilen, brachten es 2011 auf rund fünf Millionen Tonnen Ladung (2010: 4,2 Millionen Tonnen). Als ein echter „Renner" erwies sich dabei auch 2011 die Verbindung von Kiel nach Litauen (Hafen Memel/Klaipeda), den die dänische Reedereie DFDS Seaways unterhält. Sie richtete im Mai des Berichtsjahres eine Verbindung nach dem neuen russischen Hafen Ust Luga ein. Dieser Hafenstandort im Großraum St. Petersburg wird auch für den Containerverkehr eine Rolle spielen. DFDS-Lokal-Frachtmanager Jacob Andersen zeigte sich sehr zufrieden mit den bislang im Hafen Ust Luga gesammelten Hafen. Das betreffe sowohl die nautische Erreichbarkeit als auch die Arbeit der Umschlagbetriebe sowie des russischen Zollverwaltung.
Einen bedeutenden „Kick" brachten für den Hafen Kiel auch die neuen, großen Ro/Pax- Fähren des Stammkunden Stena Line, der in diesem Jahr im großen Stil sein 50-jähriges Bestehen feiern will.
Kiel will Fährschiffe mit Landstrom versorgen
Claus betonte, dass der Erfolg des Hafens Kiel auch auf die umfangreichen Investitionen der zurückliegenden Jahre in den Hafen zurückzuführen sei. 17,5 Millionen Euro gab der Hafen allein im vergangenen Jahr aus. Auch 2012 werde auf einem hohen Niveau investiert. Dazu gehört unter anderem der Kauf eines neuen Umschlagkranes für den Frachteinheiten des kombinierten Ladungsverkehrs (KLV), der sich ausgesprochen erfolgreich entwickelt. Der sogenannte „Rubber Tired Gantry Crane" (RTG) wird auf dem neuen Terminal im Ostuferhafen konzentriert, der Drehscheibe für die Frachtverkehre in die östlich Ostsee. Dank des Kranes kann auch die vorhandene Stellfläche für Container, Auflieger oder Wechselbrücken noch optimaler ausgenutzt werden. Bislang liegt der operative Schwerpunkt bei Reachstackern. Hafenchef Claus deutete auch an, dass der Hafen einen neuen Anlauf in Sachen „Container-Verkehre" unternommen habe. Für den Februar werde der Hafen mit entsprechenden Nachrichten an die Öffentlichkeit treten.
Bestandteil des Investitionsprogramms ist auch, dass der Hafen Kiel in die Landstrom-Versorgung für Fährschiffe der Reedereien Stena Line und Color Line einsteigen wird. Das geschehe auch, um einen Beitrag zur Senkung der schädlichen Schiffsemissionen während der Hafenliegezeiten zu senken. Zur Erinnerung: Der Hafen Lübeck richtete im August 2008 eine Landstromversorgung am sogenannten Nordlandkai ein. Lokaler Partner der Landstromversorgung in Kiel werden die Kieler Stadtwerke, ergänzte Claus. (eha)