Gut zu tun: Die Chemieindustrie verzeichnet hohe ...

Gut zu tun: Die Chemieindustrie verzeichnet hohe Wachstumsraten Stark und robust Die Chemieindustrie stellt hohe Anforderungen an ihre Logistikdienstleister. Das führt dazu, dass die Logistikkosten im Vergleich zu anderen Branchen überproportional hoch sind. Das dritte gute Jahr in Folge erwartet die chemische Industrie in Deutschland 2007. „Der Aufschwung in der Branche setzt sich fort. Vor allem das Inlandsgeschäft läuft gut. Aber auch auf den wichtigsten Exportmärkten bleibt das Wirtschaftswachstum hoch“, kommentiert Werner Wenning, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), den aktuellen Bericht zur konjunkturellen Lage der chemischen Industrie im ersten Quartal 2007. Chemiehandel wächst zweistellig Auch der Verband Chemiehandel (VCH) berichtet über positive Ergebnisse in 2006 und eine gute Entwicklung im ersten Quartal 2007: Die Erträge entwickelten sich zufrieden stellend. Der Umsatz des Chemiehandels stieg um 11,3 Prozent, wobei die Zuwächse jeweils etwa zur Hälfte auf Mengensteigerungen und auf die Preissteigerungen bei Rohstoffen zurückzuführen waren. Für die deutsche Wirtschaft sind dies gute Nachrichten. Schließlich ist die chemische Industrie die viertgrößte Industriebranche in Deutschland. Das Image der Branche prägen Konzerne wie BASF und Bayer, die zu den weltweit größten Chemieunternehmen zählen. Aber es gibt in Deutschland auch zahlreiche mittelständische Chemieproduzenten. „Unter den 1600 Mitgliedsunternehmen des VCI sind wenige wirklich große. Mehr als 90 Prozent sind kleine und mittelständische Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten“, berichtet Andrea Heid, Bereichsleiterin Verkehr beim VCI. An dieser Branchenstruktur haben auch die zahlreichen Aufspaltungen, Kooperationen und Gemeinschaftsunternehmen, die seit geraumer Zeit die Unternehmenslandschaft durcheinanderwirbeln, wenig verändert. Größeren Einfluss hatten sie dagegen auf die Logistikbranche. „Einige große Chemieunternehmen haben ihre Logistik ausgegründet und agieren nun als Logistikdienstleister auch für Dritte, was den Wettbewerb in diesem Segment weiter anheizt“, sagt Jost Bunse, Leiter Marktsegment Pharma/Chemie bei der Unternehmensberatung Miebach Logistik. Prominentes Beispiel ist die Infraserv GmbH & Co. Hoechst KG, die aus dem Hoechst-Konzern hervorging und unter anderem Logistikdienstleistungen inklusive Transport anbietet. Neben den Ausgründungen ist aber auch der klare Trend zum Outsourcing (s. Seite 20) ein Beleg dafür, dass die Logistik verstärkt in den Fokus der Strategen in den Chemieunternehmen rückt. „Nachdem in den letzten Jahren intensiv an der Optimierung der Produktion gearbeitet wurde, gewinnen jetzt die Themen Global Sourcing und Supply Chain Management an Bedeutung – und damit verbunden die Logistik und die Logistikkosten“, sagt Bunse. Außerdem, so der Miebach-Experte weiter, stellten die Logistikkosten bei der Chemieindustrie einen besonders großen Kostenblock dar: Während in Industriebetrieben im Schnitt sechs Prozent der Kosten auf die Logistik entfallen, sind es in der Chemie-industrie zwischen acht und zwölf Prozent. Das liegt laut Bunse daran, dass viel Masse transportiert wird und die Sicherheitsanforderungen besonders hoch sind. „Das Thema Sicherheit ist bei der Chemielogistik eindeutig ein Dauerbrenner“, betont Andrea Heid. Erst im April aktualisierte der VCI das „Anforderungsprofil für Transporte im Straßengüter- und Kombinierten Verkehr“ sowie die Leitlinie „LKW-Kontrolle“. Ein wichtiges Thema sei aber auch die Telematik, vor allem im Gefahrgut-Bereich. RFID hingegen sei derzeit lediglich für einzelhandelsnahe Chemieunternehmen oder in speziellen Anwendungsfällen von Bedeutung. „Die Chemie setzt größtenteils nach wie vor auf den Barcode“, sagt Heid. Frachtraum ausreichend Dass aufgrund der steigenden Produktionsmengen der Chemieunternehmen der Laderaum dramatisch knapp wird, kann die VCI-Expertin nicht bestätigen: „Engpässe gibt es derzeit nur punktuell. Bislang reichen die Transportkapazitäten grundsätzlich aus. Dagegen werden immer wieder Probleme beim Zu- und Ablauf zu den Seehäfen beklagt – vor allem beim Hafen Hamburg.“ Bei der Wilhelm Ormeloh Spedition in Nordkirchen, die vorwiegend für große Chemielogistikunternehmen fährt, ist die Auslastung der sieben Tankfahrzeuge in letzter Zeit gestiegen, wie Christina Ormeloh meldet. Auf die Transportpreise habe sich das allerdings kaum ausgewirkt. „Auf manchen Relationen ist der Preis so kaputt, dass wir dafür nicht fahren. Schließlich müssen wir einen vernünftigen Sicherheitsstandard vorhalten.“ Grundsätzlich ist Ormeloh jedoch mit der Kooperation mit den Großspeditionen sehr zufrieden: „Als Kleinunternehmen bekommen wir von den meisten Chemieunternehmen ohnehin keine direkten Aufträge.“ ❙❚■ Eva Elisabeth Ernst, freie Journalistin Logistik gewinnt an Priorität Logistikprofessor Horst Wildemann von der Technischen Universität (TU) München zu den Trends in der Chemielogistik. Was sind die größten Herausforderungen für die Chemieindustrie in Deutschland? Horst Wildemann: Seit Anfang der 90er- Jahre steht die deutsche chemische Industrie zweifellos unter erheblichem internationalem Wettbewebsdruck, der mittelfristig in einigen Marktfeldern zu einer weiteren Konsolidierung der in Deutschland lange Zeit hoch fragmentierten Branche führen wird. Hier sehen wir schon heute eine deutlich stärkere Fokussierung deutscher Chemieunternehmen auf ihr jeweiliges Kerngeschäft. Angesichts der anhaltend hohen Öl-, Rohstoff- und Energiepreise sehe ich erheblichen Bedarf an einer weiteren Kostenoptimierung in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Logistik, um diese Effekte zu kompensieren. Ein weiteres Risiko könnte ein gegenüber dem US-Dollar starker Euro sowie die zu erwartenden erhöhten Kosten durch die neue EU-Chemikalienverordnung Reach darstellen, die neben einer Verschärfung des Zulassungsverfahrens für Chemikalien auch ein umfassendes Risikomanagement für so genannte Altstoffe erfordert. Was sind die wichtigsten Trends in der Chemielogistik? Die Frachtkosten stellen für die Chemieindustrie einen erheblichen Kostenblock dar, der zunehmend in den Mittelpunkt von Optimierungsprogrammen getreten ist. Synergiepotenziale durch Bündelung und Optimierung der Beschaffungs- und Distributionslogistik wurden bislang häufig noch nicht komplett ausgeschöpft. Der Weg in der Chemielogistik geht meiner Meinung nach ganz klar in Richtung des Einsatzes von zumindest europaweit agierenden 3PL-Logistiksystemdienstleistern, die in der Lage sind, über die reine Transportdienstleistung hinaus zusätzliche Value Added Services anzubieten. Außerdem setzt sich unvermindert der Trend fort, in den Unternehmen ein zentralisiertes, strategisches Logistikmanagement aufzubauen. Wird das Logistikmanagement nur wegen der Kosten zentralisiert? Nein, sondern auch wegen der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen im Zollmanagement. Hier spielen vor allem die Verschärfung der Richtlinien zur Terrorismusbekämpfung im grenzüberschreitenden Warenverkehr – also die Boykottlistenprüfung und US-Re-Exportregelungen, die verschäften Zoll- und außenwirtschaftlichen Vorschriften (Zollkodex 2006) sowie die internationalen Be-mühungen zur elektronischen Zollabfertigung (Atlas-Ausfuhr) eine dominierende Rolle. Diese Regelungen erhöhen den Druck auf die Unternehmen, dem Thema Logistik eine höhere Priorität beizumessen und sich gegen Risiken abzusichern. Worauf müssen sich Speditionen und Logistikdienstleister, die für die chemische Industrie arbeiten, künftig einstellen? Aus meiner Sicht werden sie sich zum einen einem deutlich professionelleren Risiko- sowie Logistikmanagement mit den Aufgaben Logistikkostenoptimierung und -kontrolle gegenübersehen. Die neuen Verordnungen erfordern zudem eine intensivere Zusammenarbeit aller Partner in der Supply Chain, die sich nicht zuletzt in harmonisierten Datenhaltungs- und IT-Systemen widerspiegeln muss. Welche Chancen haben die kleineren Transportdienstleister? In der deutschen Chemieindustrie mit Europa als Hauptabsatzmarkt dominiert der LKW-Transport mit einem 80-Prozent-Anteil. Deswegen sehe ich für kleine und mittelständische Transportdienstleister durchaus gute Wachstumschancen in einer Fokussierung auf die Spezialitätenchemie und Sondertransporte sowie im Aufbau von Logistiknetzwerken mit den 3PL-Logistikdienstleistern. eee Interview

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