Güterverkehrsverbände plädieren für Ausnahmen

Kurz vor dem zweiten Diesel-Gipfel im Kanzleramt mit Bürgermeistern aus stark belasteten Städten haben führende Verbände der Transport- und Logistikbranche die Politik vor Aktionismus und einer Verteufelung der Nutzfahrzeuge gewarnt. Sie sorgen sich, dass der Diesel-Abgasskandal zur Reglementierung der Wirtschaftsverkehre führen könnte. Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV), sieht eine Bringschuld der Automobilindustrie. "Wir sind Kunden und erwarten eine hohe Qualität." Das Gewerbe bekenne sich zu hohen Umweltstandards, gebe aber auch zu bedenken, dass die Fahrzeuge immer sauberer geworden seien. Branche mit "hoheitlicher Aufgabe" Marten Bosselmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Paket & Expresslogistik (BIEK), erwähnte den Anspruch der Gesellschaft auf universelle Verfügbarkeit von Waren, die beschleunigt durch digitale Medien die Verkehrsnachfrage ständig steigen lasse. "Mit dem Positionspapier wollen wir deutlich machen, dass wir im Wirtschaftsleben notwendig sind." Die Branche löse hoheitliche Aufgaben zum Wohl der Bevölkerung. "Kein Nutzfahrzeug wird zum Spaß bewegt", betonte Bosselmann. Lea Metzler, Referentin im Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), warnte vor der Einführung einer blauen Plakette, wie sie SPD- und Grünen-Politiker befürworten. So könnten alte Dieselfahrzeuge aus den Innenstädten verbannt werden, was bei Lieferungen dorthin hohe Mehrkosten verursachen würde. Sie warnte vor kurzfristigen Fahrverboten, die nur Euro-6-Fahrzeuge ausnehmen würden. Die Folge wäre, so Metzler, eine drastische Entwertung von technisch einwandfreien Euro-5-Fahrzeugen, da diese auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt nicht mehr abgesetzt werden könnten. Damit würde den Unternehmen das Kapital für die Anschaffung emissionsarmer Neufahrzeuge entzogen. Die derzeit diskutierten Diesel-Fahrverbote müssten Ausnahmen für den Lieferverkehr und die Citylogistik vorsehen. Das Positionspapier, das auch vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und dem Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) unterzeichnet worden ist, misst dem Umweltschutz eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" zu. Bereits heute würde eine wachsende Zahl von Verkehrsunternehmen alternative Antriebe erproben, doch hapere es noch an der Serienreife und den Tankmöglichkeiten. "Moderne Dieselnutzfahrzeuge können nicht einfach und dogmatisch von heute auf morgen" aus der Versorgung der Bevölkerung verbannt werden. Die Positionen der Güterverkehrsbranche wurden wenige Tage später auch von dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag, dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen und dem Handelsverband Deutschland aufgegriffen. Gerade mittleren und kleinen Betrieben sei ein kompletter Austausch des Fuhrparks aus finanziellen Gründen nicht zumutbar. Die belasteten Städte können nun auf zusätzliche 500 Millionen Euro vom Bund zählen. Die von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erneut ins Gespräch gebrachte blaue Plakette wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) beim Dieseltreffen abgelehnt.

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