Grüner werden

Immer mehr Unternehmen verschreiben sich dem Klimaschutz. Auch, weil es fürs Image gut ist und damit fürs Geschäft. Quer durch alle Branchen sollen deshalb auch die Lieferketten grüner werden. So hat es sich der Handelskonzern Tchibo zum Ziel gesetzt, bis 2020 die CO2-Emission im Warentransport um 40 Prozent pro Tonnenkilometer zu senken. Automobilbauer BMW verkündete auf der Messe Transport Logistic, dass der Konzern langfristig über die gesamte Prozesskette hinweg gar kein CO2 mehr ausstoßen will. Auch Logistiker wie Kühne + Nagel wollen laut eigenen Aussagen ihre CO2-Emissionen langfristig auf null senken. "Der Druck wächst", sagt Wolfgang Schürholz, Managing Partner bei der Münchner Beratung Barkawi Management Consultants. "Noch sehen viele Verlader den Aspekt Kosten und Zuverlässigkeit als Priorität." Doch vor allem größere Unternehmen würden auf den Klimaschutz setzen, um ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Das geht nicht ohne die Transportpartner. Vereinzelt würden Kunden in Ausschreibungen schon nach alternativen Antrieben wie LNG und deren Anteil im gesamten Fuhrpark fragen, bestätigt Christian Bünnemeyer, Logistikleiter bei Rubetrans Transport in Steinfeld. Auch Umweltzertifikate würden dabei abgefragt. Das sei bei den Ausschreibungen aber eher eine Ergänzung. "Ein K.-o.-Kriterium ist das aktuell nicht", sagt Schürholz. Vermehrt grüne Anfragen Gleichzeitig gibt es vermehrt Unternehmen, die bei ihren Dienstleistern eine Umstellung auf einen nachhaltigeren Fuhrpark stärker vorantreiben. So setzt Lebensmittelkonzern Mars schon seit drei Jahren in seinen Ausschreibungen für Transport- und Lagerdienstleistungen das Lean-and-Green-Programm voraus. Die Initiative zertifiziert Betriebe, die ihren CO2-Ausstoß bei Lager- und Logistikprozessen senken. Auch BMW will seine Partner motivieren, mehr Lkw mit Flüssiggasantrieb (LNG) einzusetzen. Mit Deutsche Post DHL läuft seit 2019 ein Testbetrieb. Der Logistikkonzern setzt einen mit LNG betriebenen Megatrailer von Iveco als täglichen Shuttle zwischen den Logistikcentern von DHL und einem BMW-Produktionsstandort in Bayern ein. Ebenfalls seit 2019 testen Gebrüder Weiss und Konsumgüterhersteller Henkel einen mit CNG (Compressed Natural Gas) betriebenen Lkw für die 1700 Kilometer lange Tour zwischen den Henkel-Werken in Wien und Krusevac in Serbien. Solche Aktivitäten planen auch andere Firmen. "Wir suchen offensiv nach Beteiligungen an Piloten, bei denen wir alternative Antriebe wie E-Mobilität testen können", erklärt ein Tchibo-Sprecher. Steigende Anforderungen seitens der Kunden in puncto Klimaschutz stellt auch Logistiker Meyer & Meyer in Osnabrück fest. "Wir erleben zwar keine flächendeckende Forderung nach alternativen Antrieben in jeder Ausschreibung, aber es kommen immer wieder konkrete Beispiele vor", erklärt Meyer & Meyer. So sei für einen Kunden die Nutzung von E-Mobilität die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. In einer weiteren Ausschreibung werde derzeit der Einsatz eines LNG-Lkw gefordert. Dabei seien fünf Prozent des ausgeschriebenen Volumens mit alternativen Antrieben abzuwickeln. Auch die Nutzung der Schiene sei gerne gesehen, müsse aber ins Transportkonzept passen und wirtschaftlich sein. Generell lasse sich feststellen, dass ausschließlich die Nutzung von Euro-6-Lkw gefordert werde. Immerhin scheinen einige Auftraggeber den Dienstleistern bei der Umsetzung zur Seite zu stehen. "Beim Thema Vertragslaufzeiten und Umstellung der Touren erleben wir teilweise ein Entgegenkommen", heißt es bei Meyer & Meyer. Der Preis spiele aber nach wie vor eine bedeutende Rolle. Das bestätigt Barkawi-Berater Schürholz: "Die Verlader geben den Dienstleistern die Daten über Volumen und Zeitfenster immer früher, damit diese planen können und so die Auslastung erhöhen und Leerfahrten vermeiden." Auch Bünnemeyer sieht ein Entgegenkommen der Auftraggeber, wenngleich das noch eher die Ausnahme sei. Da Transporteure mit vielen Kosten wie Maut oder Dieselpreis kämen, die sie weitergeben müssen, sei es schwierig, zusätzlich einen Umweltbeitrag zu fordern, sagt er. Andreas Manke, Fuhrparkmanager der Spedition Bartkowiak in Hildesheim, sieht von Verladern noch wenig Unterstützung. "Alle Initiativen, die wir umgesetzt haben, gingen zu 100 Prozent von uns aus", klagt er. Ein Entgegenkommen der Auftraggeber gebe es nicht. Trotzdem will er weitermachen. "Wir machen das für die Umwelt und weil wir damit Geld sparen", sagt Manke. Seit Langem schon setzt die Spedition auf spritsparende Lkw und senkt so den Dieselverbrauch. Mehr zum Thema finden Sie unter #GrüneLogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Immer mehr Industrie- und Handelsunternehmen, insbesondere größere Konzerne, setzen auf Klimaschutz. Das hat zunehmend auch Einfluss auf die Auswahl von Transport- und Speditionsdienstleistern. Die Verlader fordern vor allem einen klimaeffizienten Fuhrpark. Dienstleister sollten jetzt proaktiv Lösungen angehen Wie stark ist der Druck durch Verlader, sich mit Klimaschutz und CO2-Reduktion auseinanderzusetzen?Der Endkunde hat klare Anforderungen in Sachen Klimaschutz, diesem müssen die Verlader gerecht werden. In einer logischen Konsequenz wird der Druck auf den ausführenden Logistikdienstleister weitergegeben. Umso wichtiger wird, dass diese sich proaktiv mit den relevanten Fragestellungen befassen und ihren Auftraggebern so den Druck aus den Segeln nehmen.Können das kleine und mittlere Dienstleister überhaupt leisten?Kleine und mittelständische Unternehmen sind hier sogar in einer sehr guten Ausgangssituation. Sie können in vielen Themen viel agiler agieren, Entscheidungen schneller treffen und sich so ganz differenziert am Markt positionieren. Wichtig ist nur, dass sie ihre begrenzten Ressourcen gezielt einsetzen und die richtigen Dinge tun. Besonders interessant sind hier auch die Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet.Was sind aus Ihrer Sicht die Punkte, die Unternehmen als Erstes angehen sollten?Auf keinen Fall sollten sie in reinen Aktionismus verfallen und damit im schlimmsten Fall in eine Spirale des "Green Washings" geraten. Vielmehr sollten sie zunächst nüchtern die zukünftigen Anforderungen und ihren heutigen Standpunkt analysieren. Auf dieser Basis lassen sich dann klare Ziele formulieren und die individuell sinnvollen Maßnahmen ableiten. Eine hohe Priorität sollten hier Maßnahmen im Bereich der Ressourceneffizienz bekommen - sie zahlen sich doppelt aus.Wie teuer wird das?Die Frage sollte vielmehr lauten: Wie teuer wird es für Dienstleister, wenn sie nichts tun? Nachhaltigkeit gibt es natürlich nicht zum Nulltarif, aber die Maßnahmen sollten als mittel- bis langfristige Investitionen verstanden werden. Bleiben diese Investitionen aus, besteht die Gefahr, dass die Kosten für den Ressourceneinsatz aus dem Ruder laufen, Aufträge ausbleiben und sich Fachkräfte für andere, attraktivere Unternehmen entscheiden. ahBenjamin Hölzle, Leiter Competence Center SCM & Logistik bei TMG Consultants in Stuttgart

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