Großer Umbau

Auf dem Hof von Paul Nutzfahrzeuge in Vilshofen bei Passau gibt es alles, nur keine Stangenware. Wer nach einem erfolgreichen Unternehmen in einer Nische sucht, der ist hier, nahe der Drei-Flüsse-Stadt, genau richtig. Paul bietet seine Dienste in den Bereichen Um-, Auf- und Neubau von Lkw an. Außerdem geht das Unternehmen mit der Zeit - man engagiert sich mittlerweile auch im Bereich alternative Antriebe. Die Spezialität des Hauses ist aber die mehrachsige Umrüstung von Serien-Lkw. Ein Überblick über das Portfolio: Von der Autobahn auf den Acker Insbesondere im Bereich Fahrzeugumbau bietet Paul Nutzfahrzeuge Leistungen an, die sich nicht in jeder Lkw-Werkstatt finden lassen. Ein Beispiel dafür ist die Baureihe Agro Mover, die wahlweise auf einem 4x2- oder 4x4-Fahrgestell von Mercedes-Benz, MAN oder Iveco basiert. Im Werk von Paul werden die Lkw modifiziert: Die Standardbereifung weicht speziellen Agrar-Pneus, außerdem wird die Hinterachse so umgerüstet, dass sie höhenverstellbar ist. Die Mechaniker montieren ferner eine neue Hydraulikeinheit mit Lastdruck-Meldesystem, welches via Joystick im Fahrerhaus gesteuert wird. So entsteht langsam, aber sicher ein Schwerlast-Lkw, der sowohl Landmaschinen ziehen und bedienen, aber dank seiner Leistung auch problemlos mit 80 km/h auf der Autobahn fahren kann. Eng geht's zu Eine weitere Spezialität von Paul ist die sogenannte schmale Breite. Der Umbau ist allerdings den Euro 6-Fahrzeugen aus dem Hause Daimler, also Actros, Arocs und Antos vorbehalten. Bei Paul werden die Lkw mit Sonderfelgen und speziellen Achskörpern ausgestattet. Ferner müssen das Fahrerhaus sowie die Anbauteile am Chassis versetzt werden. Am Ende der Modifikation steht ein Lkw mit 2375 Millimetern Breite - also ganze 17,5 Zentimeter weniger als der gesetzliche Maximalwert. Richtig aufwendig wird es, wenn es an mehrachsige Sonderkonfigurationen geht. Ein Beispiel hier ist der Umbau eines Mercedes-Benz Arocs zu einem 12x4-Modell (siehe Foto links). Der komplexe Umbau umfasst Vor- und Nachlaufachsen, ein verlängertes Chassis sowie ein nach vorne versetztes Fahrerhaus. Das Auto kann in dieser Konfiguration anschließend mit einer schweren Hocharbeitsbühne ausgestattet werden. Tschechische Technik Wer außergewöhnliche Fahrzeuge sucht, der wird auch bei unseren Nachbarn in Tschechien fündig - und zwar bei Tatra. Das Traditionsunternehmen hat heuer seinen 170. Geburtstag gefeiert. Mehr Erfahrung geht nicht. Es ist es schwer, ein Fahrzeug zu finden, an welches sich die älteste Autofabrik Europas nicht herangetraut hat: Zur Produktpalette gehörten zwischenzeitlich Pkw, Lkw, Schienenfahrzeuge, Flugzeuge, Rennautos und sogar ein Motorschlitten. Seit Ende der 90er-Jahre hat man sich aber auf den Bau von Offroad-Lkw spezialisiert. Ein Beispiel ist die aktuelle Phoenix-Serie: Basis ist ein Motor aus dem Hause DAF, genannt Paccar Mx. Außerdem liefern die Niederländer noch die Kabine ihres CF. Den Rest erledigt Tatra selbst. Im Werk im tschechischen Koprivnice werden die Lkw auf die individuellen Wünsche des Kunden angepasst. Allen gemeinsam ist der Zentralrohrrahmen, für den Tatra bekannt ist. Am Chassis angebracht werden mehrere voneinander unabhängige Halbachsen mit klassischer Luftdämpfung. Laut Tatra ist das Gestell so steif, dass auf einen Hilfsrahmen verzichtet werden kann. Dadurch steigt die Nutzlast des Kippers. Alle Räder sind mit sperrbaren Achs- und Zwischenachsdifferenzialen ausgestattet, die erheblichen Einfluss auf die Geländegängigkeit haben. Zudem lässt sich der Antrieb der Vorderachse während der Fahrt ein- und ausschalten. Das ist sinnvoll, denn auf asphaltierten Straßen braucht es den Zusatzschub nicht zwingend. Erhältlich ist der Phoenix in 4x4-, 6x6-, 8x8- oder 8x6-Ausführung. Der Kunde kann außerdem zwischen verschiedenen Getriebeformen wählen, zum Beispiel dem automatischen ZF-16-Gang. Paul und Tatra sind zwei Beispiele für Neubauer oder Umrüster, die sich in Nischen etabliert haben. Sie erledigen ganz einfach die Aufgaben, die andere Hersteller nicht leisten können: Sie erfüllen Sonderwünsche. Die Zukunftsaussichten sind deshalb echt gut: Denn Sonderwünsche wird es immer geben. Mehr zum Thema finden Sie unter #TatraTrucks www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Spezielles Arbeitsgerät für spezielle Aufgaben. Ein paar wenige Unternehmen haben sich dem (Um-)bau von Sonder-Lkw verschrieben. Die Beispiele von Paul Nutzfahrzeuge und Tatra zeigen, dass es viel Know-how braucht, um sich in dieser Nische zu behaupten. 1898 wurde der erste Tatra-Lkw hergestellt. 16 Jahre später startete die Serienproduktion.

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