Gestärkt zum zweiten Versuch

Diese Test-Zugmaschine dürfte aufmerksamen Lesern bekannt vorkommen. Der silberne MAN TGX trat bereits beim Euro-Truck-Vergleichstest der VerkehrsRundschau (VR 5/2017) an, damals in der 460-PS-Einstellung des D26-Sechszylinders. Nun wollen es die Münchner nochmal wissen. Diesmal allerdings mit 40 Pferdestärken und 200 Newtonmeter mehr Drehmoment, was beim D26 übrigens lediglich einer Änderung der Motorsoftware bedarf. Anders als der 460er muss der stärkere Motor unseren 32 Tonnen schweren Fliegl-Curtainsider über die genormte VR-Testrunde ziehen. Ergibt inklusive der 7,5 Tonnen schweren Zugmaschine nahezu volle Auslastung. Die bereitet dem TGX 18.500 wenig Probleme und auch an den guten Manieren des Common-Rail-Aggregats ändert die Leistungssteigerung nichts. Vibrationen oder eine lautere Geräuschkulisse sind ihm auch im Drehzahlkeller von 900 Touren fremd. Weshalb das per GPS-Tempomat unterstützte Getriebe diesen Bereich gerne an Steigungen nutzt, wenn die Elektronik eine Rückschaltung aufgrund der Topografie-Bedingungen als nicht sinnvoll erachtet. Im Normalfall leitet die Elektronik Rückschaltungen dagegen schon bei 1100 Touren ein und erhöht die Drehzahl auf knapp 1350/min. In diesem Bereich wuchtet der Motor 480 PS an die Hinterachse - genug, um auch steilere Anstiege ausreichend schnell zu überwinden. Das Getriebe stammt von Scania Verantwortlich für die passende Übersetzung zeichnet bei den 4x2-Sattelzugmaschinen seit dem letztjährigen Facelift das Opticruise-Getriebe, welches Konzernschwester Scania zuliefert. Allerdings noch die Vorgängerversion ohne Vorgelegewellenbremse, weshalb die Gangwechsel nicht so schnell vonstattengehen wie im neuen Scania. Selbst übernahm MAN die Programmierung der Steuerungs-Software und erledigte dabei einen guten Job, auch wenn die Gangwechsel kaum schneller gehen als bei der bislang verbauten ZF-TipMatic. Dafür lässt sich der TGX jetzt noch butterweicher anfahren und der zuschaltbare Rangiermodus hat die Kupplungssteuerung beim Reversieren im Griff. Für verkehrsreiche deutsche Autobahnen ist das zweite (-4/+6 km/h) der vier Eco-Programme des GPS-Tempomaten "Efficient Cruise" der beste Kompromiss. Allerdings ist man bei eingestellten 85km/h so bergab mit 91 Sachen und damit zu schnell unterwegs. Und am Ende des Gefälles lässt der Tempomat die Fuhre auf bis zu 95 Sachen beschleunigen, um möglichst viel der kinetischen Energie in die Ebene mitzunehmen. Das kann bei Kontrollen Probleme verursachen, auch wenn das System sensibel darauf achtet, dass sich der Fahrer keinen Tempoverstoß einhandelt. Sparsam geht die Elektronik mit der Eco-Roll-Funktion um. Nur wenn sichergestellt ist, dass der 40-Tonner im Gefälle nicht über das eingestellte Maximaltempo zu laufen droht, wird der Freilaufmodus aktiviert. Zumindest auf unserer Testrunde nicht die schlechteste Philosophie ... Nachholbedarf hat die Feinabstimmung der TGX-Elektronik: Dass sich der Abstandstempomat - den wir bei Verbrauchsmessfahrten abschalten müssen - nach jedem Motorstopp wieder aktiviert, können wir aus Gründen der Sicherheit nachvollziehen. Dass aber jedes Mal auch Ecolevel sowie die vorher eingestellte Geschwindigkeit vergessen werden, dagegen nicht. Das ging MAN bei der letzten Modellpflege leider ebenso wenig an wie die seit Jahren bestehenden Kritikpunkte in der Kabine: Noch immer lässt sich der Kühlschrank nicht ganz unters Bett schieben und die Bedieneinheit für die Schaltung sowie das Ventil der Feststellbremse gehören bei einem modernen Lkw ans Armaturenbrett und nicht rechts auf den Kabinenboden. Ebenfalls wenig praxisgerecht erscheint das seit dem Facelift schmutzempfindliche Beige der Kunststoffteile an der Mittelkonsole. Die Argumentation seitens MAN, Kundenbefragungen hätten ergeben, dass sich Fahrer und Unternehmer den TGX genauso wünschen, wie er aktuell ist, können wir deshalb nicht in allen Punkten nachvollziehen. Beim Fahrwerk sammelt der TGX Punkte Bei Fahrwerk und Kabinenfederung gehen wir damit konform. Die TGX-Abstimmung gehört nach wie vor zu den besten am Markt. In allen Beladungszuständen bietet der MAN hohen Komfort und liegt trotzdem satt auf der Straße. Gut dazu passt die direkte und zielgenaue Lenkung, lediglich bei der Lenkradverstellung bieten andere Hersteller mittlerweile deutlich mehr. Dafür hält sich das Wank- und Nickverhalten der XLX-Kabine in angenehmen Grenzen. Ebenso der Verbrauch: Anders als beim ETT-Vergleich, wo MAN mit seinem Abschneiden nicht unbedingt zufrieden war, liegt der TGX diesmal näher an manchen Konkurrenten, die wir bereits getestet haben, aber erst in den nächsten VR-Ausgaben veröffentlichen. Die Leistungssteigerung hat sich also gelohnt. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Der Scania im TÜV-Urteil Wie bei jedem Profitest der VerkehrsRundschau begutachtete TÜV SÜD auch den MAN 18.500 in Sachen Service und Wartung. Im besten Fall darf der TGX bis zu 140.000 Kilometer weit rollen, bevor er zum Schmierstoffwechsel muss. Bei der Hinterachse und dem Getriebe wird alle 500.000 Kilometer ein Ölwechsel fällig. Damit liegt der Münchner auf Augenhöhe zu den Wettbewerbern. Ansonsten bescheinigt der technische Überwachungsverein dem MAN gute Wartungsfreundlichkeit. Für den Ölwechsel müssen keine Verkleidungen demontiert werden und auch der Dieselfilter sowie das Lenköl lassen sich einfach tauschen beziehungsweise nachfüllen. Motoröl, Kühl- und Scheibenwaschwasser werden hinter der Frontklappe ergänzt. Alle Flüssigkeitsstände überwacht der Bordcomputer.Ebenfalls gut: Die Frontklappe muss im Fahrerhaus entriegelt werden, was Langfingern ihre Tätigkeit erschwert. Ein nettes Gimmick ist die Teleskopstange zum Putzen der Fenster unter der Frontklappe, auch wenn wir bezweifeln, dass sie von vielen Fahrern genutzt wird. Wer anstatt der serienmäßigen H4-Zweifadenlampen ins teure Xenon-Licht investiert, sollte von Lampenwechseln verschont bleiben. Gleiches gilt für die Rücklichter, die MAN serienmäßig in LED-Technik ausführt. bj

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